Joanna, 31. 12. 2010

31.12.2010 – Wir steuern von Vis aus die Stadt Hvar auf der Insel Hvar (ja schon wieder ein Doppelname) an.

DSC_4538 [Auf dem Weg nach Hvar]

Gestern haben wir von Vis aus auf die Stadt in der Sonne geblickt – selbst unter einer dicken Wolke verhüllt. Nun sind wir in Hvar und die Wolke mit uns. Überhaupt kann man unsere Wettervorhersagen in den Orkus befördern. Nur bei der Ansteuerung schien die Sonne noch.

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Wir waren letztes Jahr bereits in Hvar Stadt und waren recht angetan von dem kleinen Ort, der schönen Piazza, den alten Häusern und den guten Konobas. Vor allem wollten wir Silvesterabend in der Slow Food Konoba begehen, die uns sehr empfohlen wurde. Nur leider hatte fast alles geschlossen, und die wenigen geöffneten Restaurants waren bereits von Gruppen ausgebucht. Alleine eine einzige ganz schlichte und sehr teure – für das was zu erwarten war – konnte uns noch einen Tisch reservieren. Kurzentschlossen griffen wir zu und harrten der Dinge die da kommen sollten.

DSC_4553 [Eine Bühne auf der das alte Jahr verabschiedet wurde. Es ist sicherlich angesichts der mittelprächtigen Musikdarbietung sicherlich gern gegangen.]

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DSC_4565 [Unserer Silvesterabend, ganz beschaulich. Neben uns sehr nette Belgier, die in den UNESCO-Feldern bei Stari Grad (s.andere Berichte hier) ein Haus erworben und ausgebaut haben.]

DSC_4566 [Nette Kroaten vis a vis und eine italienische Gruppe daneben]

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DSC_4576 [Willkommen 2011! Wir gehen in die Koje…]

Joanna, 30. 12. 2010

Aus unserer geplanten Wanderung zu der Tito-Höhle ist nichts geworden. Dafür gab es zwei gute Gründe: 1) wir sind zu spät aufgestanden, 2) es war mir zu kalt.

Zunächst haben wir nach einer Wanderkarte, die wir als Auslage eines geschlossenen Tourist-Büros gesehen haben. 1:20 000 für die ganze Insel! Also der Traum jedes Wanderers. Nach ca. 5 angefragten Geschäften verschiedener Sortimente hat man uns den ‘Tip’ gegeben, doch im Blumengeschäft zu versuchen.

Das haben wir getan, und siehe da, wir haben die Karte bekommen!

Mit diesem Wahnsinnsding konnten wir aber die Tour nicht mehr machen – Tito muß in seiner Höhle bis zu unserem nächsten Besuch der Insel warten.

Dafür haben wir eine ursprünglich kleine Wanderung entlang der Küste zu den archäologischen Überresten der antik-römischen Issa spontan geplant und sofort ausgeführt. Diese kurze Wanderung hat uns ca. 4 Stunden gekostet…

Wir haben Ewigkeiten gebraucht, um in einem Gewirr von Naturmauern einen Weg zu finden, am Ende war es uns egal, wohin dieser Weg führte, Hauptsache er hörte nicht einfach irgendwo auf!

Hier eine kleine Fotoausbeute, beginnend natürlich mit Chulugi und Vis-Stadt:

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DSC_4378 [Überraschenderweise hatte die kleine Kirche auf; leider alles barockisiert und schlimmer, aber ein interessantes Foto mit der Inschrift “Erinnerungen aus Amerika 1933, Nick and … “ (frei von mir übersetzt) mit Sammeldose (Geld für … Amerika?)]

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DSC_4404 [Wir gehen los: M. mit einer “Doppelmütze” a la Lappländer, selbstgemacht]

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DSC_4423 [Zu der Strecke gibt es eigentlich nicht viel zu berichten, man kann einfach sich den piktorialen Eindrücken hingeben]

DSC_4427 [So sahen unsere Wanderwege aus; wir gingen auf den Steinmauern drauf; nicht unüblich in dieser Gegend; das haben sie bestimmt von den Griechen (s. Wanderungen in GR); die meisten Wege waren Sackgassen]

DSC_4425 DSC_4435 [Überreste der jüngsten militärischen Vergangenheit der Insel, die ja bis 1989 für Nichtkroaten tabu war; hier eine Halbinsel als Sperrgebiet, mit Bunkern und ähnlichen Hinterlassenschaften]

DSC_4444 [Eine witzige Insel mit Wanderweg]

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DSC_4460 [Der Weg zurück]

DSC_4462 [Die Bucht von Vis]

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DSC_4525 [Morgen ist Silvester]

Joanna, 29. 12. 2010

Wir sind heute – nicht ganz so früh wie ursprünglich vorgehabt – von Split Marina nach VIS aufgebrochen.

Das Manöver in der Marina war ganz ok: ich (J.) war am Ruder und Marcel auf Vorschiff, um mir die Manöveranweisungen zu geben. Das ewige Problem ist nämlich das Langkiel, das unter der Chulugi dran ist. Es macht das Schiff schwer manövrierbar auf kleinem Raum und behäbig in der Reaktionsfähigkeit ist es auch. Der Platz, den wir in der Marina zugewiesen bekommen haben, ist nicht besonders gut für diese Art von Schiff. Aber die Damen an der Rezeption begreifen das Problem nicht, und der ‘Hafenmeister’ in Urlaub… Wie dem auch sei, zurück zu unserer Ausfahrt:

Wir haben die Marina verlassen, nachdem wir uns von einem netten Kroaten am Steg (Vercharterer? Charterbooteigener? ‘Hausmeister’?) eine Gangway ausgeliehen haben, weil uns immer noch eine fehlt, ohne diese aber in südlichen Regionen kein Landgang möglich. Man fragt sich natürlich, wie wir es denn bisher ohne geschafft haben… Da sollte man am besten Marcel fragen, einfach war es jedenfalls nicht. Ich plädiere schon seit Ewigkeiten für eine solche Anschaffung.

DSC_4338[Festland mit den schneebedeckten Bergen hinter uns]

Die Überfahrt nach VIS war ruhig. Wir hatten (wiedermal) keinen Wind und mußten unter Motor fahren. Strahlend blauer Himmel, dunkelblaues Wasser, wenn die leichte Dünnung nicht gewesen wäre, hätten man gar nicht gemerkt, daß wir auf dem Wasser fuhren.

Ich bin jedenfalls in der wärmenden Sonne eingeschlafen, der Steuerpilot hat das Ruder übernomen und Marcel den temporären Ausguck.

Es ist kalt in Split! Wir hatten Minusgrade in der Nacht und mußten den Kanonenofen an Bord anmachen. VIS soll ca. 8 Grad wärmer sein als Split, aber da wir hier schon zu sonnenuntergangszeit angekommen sind, können wir das nicht beurteilen. Wirklich warm fühlt sich es hier aber auch nicht an.

Auch der Himmel auf unserer Überfahrt hatte eine Färbung zwischen Mintgrün und Hellblau, die so typisch für einen winterlichen Himmel ist, mit schmalen, schnittigen Schleierwolken darüber.

Ohne Ereignisse passierten wir einige kleinere und größere Inseln (und große, schwellproduzierende Fähren) und hatten aufgrund der hervorragenden Sicht unser Ziel immer vor Augen.

VIS oder ISSA

VIS ist von den großen Inseln die am weitesten vom kroatischen Festland entfernte, nämlich 44 km Luftlinie. Das war und ist im gewissen Grade immer noch ihr Schicksal und Verhängnis, denn damit ist sie von besonderer politisch-strategischer, das heißt militärischer Bedeutung für die jeweiligen Eroberer und Hausherren der Insel.

Illyrer und Griechen – ein wenig Geschichte

Besiedelt war die Insel wohl schon im Neolithikum. Illyrer nahmen sie ein und lebten hier im 6. und 5. Jh. v. Chr. Sie prägten bereits eigene Münzen, die aus dem 4. Jh. v. Chr. überliefert sind: die Vorderseite zeigt das Konterfei von Jonius, einen Illyrischen Herrscher, die Rückseite einen Delphin als Symbol für Reichtum des Meeres und damit für Glück und Wohlstand der Insel.

397 v. Chr. eroberten die Griechen die Insel und machten sie zu ihrer ersten Kolonie in der Adria. Ihr Feldherr Dionysios d. Ä. von Syrakus wurde zum Tyrannen der Kolonie, die fortan Issa hieß. Syrakus war der mächtigste Staat auf dem damaligen griechischen Territorium und so verwundert es nicht, daß auch Dionysios Sohn (der Jüngere) seine Herrschaft in der östlichen Adria ausbauen konnte. Von der Mutterkolonie Issa aus wurden weitere gegründet: Trogir, Stobreč  bei Split, Solin bei Split, Lumbarda auf der Insel Korčula. Angeblich war er mehr an Platons Philosophie interessiert als an den Staatsgeschäften und so brauchte er bald fremde militärische Hilfe, als Issa angegriffen wurde. Und dies von niemandem geringeren als der sagenumwobenen sogenannten Piratenkönigin Teuta, einer illyrischen Königin, die wahrscheinlich ihr angestammtes Recht auf die Herrschaft über die ehemals illyrische Insel in Anspruch nehmen wollte. Der “Freund Platons” – ob wörtlich oder nur im übertragenen Sinne – rief Rom um Hilfe an, die nur zu gerne gewehrt wurde, da Rom gerade auf Expansionskurs war. Damit stellte er die Weichen für die Vormachtstellung Roms und besiegelte er die Abhängigkeit der Insel von der römischen Macht. Das war um 229 v. Chr. (illyrischer Angriff) und dem 1. Jh. v. Chr.

Ca. 46 v. Chr. machte Issa einen gravierenden Fehler – und wurde römisch als sie sich im Krieg zwischen Pompejus und Caesar auf die Seite des ersteren und damit auf die des Verlierers stellte. Issa wurde danach zum Oppidum civium Romanorum und von Salona (Solin bei Split) abhängig. Auf der anderen Seite war es aber auch die Zeit der größte römischen Bautätigkeit auf der Insel, das heißt der üblichen römischen Prachtentfaltung, die sicherlich auch dem Wohlstand der Bevölkerung zugute kam. Thermen, Theater, Tempel, ein Forum wurden gebaut – die vereinzelten Ruinen zeugen noch heute davon.

Nach der Teilung des Römischen Reichs fiel Issa an Byzanz und da Salona in der Zeit zum Macht- und Verwaltungszentrum des oströmischen Reiches anwuchs, verlor auf der anderen Seite Issa ihre Bedeutung proportional dazu in Gänze. Allein, so heißt es, ihre herausragenden Weine schützten sie vor der vollkommenen Vergessenheit.

Ab da drehte sich die Fortuna immer schneller und abwechslungsreicher um Issa:

  • 997-998, Venedig erobert Stadt und Insel.
  • 12. bis 13. Jh., kroatisch-ungarischen Könige – Fürsten von Krk und Omis) erobern die Insel.
  • 1242, die Insel wird zur Kommune von Hvar.
  • 1409 kauft Venedig ganz Dalmatien von König Ladislav für den Spottpreis von 100 000 Dukaten ab, und bekommt 1420 auch Issa dazu (bis dahin zu Kommune Hvar gehörend). Issa hat jetzt einen neuen Namen: LISSA.
  • 18. Jh. kam der Niedergang Venedigs und Issa/Lissa fiel an die Österreicher und in Folge an die Franzosen.
  • 1811 gewannen die Briten nach einer Seeschlacht die Insel und befestigten sie.
  • 1815-1918 unterstand die Insel Österreich, das dort einen Kriegsflottenstützpunkt unterhielt.
  • 1866 nahe Lissa (Issa)/Vis gaben sich die Österreicher und die Italiener, die die Insel zurückzuerobern suchten, eine erbitterte Seeschlacht. Auf der österreichischen Seite unter dem Kommando von Admiral Wilhelm von Tegetthoff, der schließlich die wesentlich stärkere italienische Flotte besiegen konnte.
  • Und dennoch, zwischen 1918-1920 wurde Vis italienisch.
  • Danach gehörte sie Serben, Slowenen und Kroaten.
  • 1943 versuchten erneu die Italiener die Insel zu okkupieren, doch ohne Erfolg.
  • Ab da wurde Vis eine jugoslawische Hauptmarinebasis mit Sitz des Marienstabs. 1944 entstand ein Militärflughafen.
  • Von Juni bis 22. Oktober 1944 war Vis Sitz des Generalstabs des Volksbefreiungskampfes unter Marschall Tito. Dieser ‘residierte’ in einer recht kleinen Höhle in der Nähe des höchsten Berges (Hum, 585 m) der Insel.
  • Schließlich kam die Insel nach dem II. Weltkrieg zur Republik Kroatien und damit in die Föderative Volksrepublik Jugoslawien.
  • Ab 1990 und der Unabhängigkeitserklärung Kroatien bis heute gehört sie zu Kroatien.
  • Bis 1989 war die Insel für ausländische Besucher gesperrt und ein Militärsperrgebiet.


VIS-STADT

Als wir kurz vor 16:00 die Hauptstadt der Insel anlaufen, ist die Sonne schon hinter dem nächsten Berg untergegangen, außerdem sind wir im Osten der Insel und können nicht auf einen der spektakulären Wintersonneuntergänge hoffen, wie wir ihn noch gestern in Split sahen. Die Dämmerung erobert die tief eingeschnittene Bucht, in der sich die Stadt erstreckt.

Vis besteht eigentlich aus zwei Ortschaften, die deutlich nicht zusammengehören aber kommunal zusammengelegt wurden. Da ist die etwas größere Teilörtschaft Luka im Westen und Kuta im Osten der Bucht. Welche für unseren zweitägigen Aufenthalt nehmen? Gegen Luka spricht der Schwell, den die dort anlaufende Fähre verursachen soll und die Geschäftigkeit des ‘Hauptortes’. Dagegen soll Kuta der ältere Teil der Stadt Vis sein und gleichzeitig ruhiger und ‘einheimischer’. Wir entscheiden uns natürlich für Kuta. Und wie sich am Abend – wenn es dann zu spät für Änderungen ist – zeigen wird, für die falsche Bleibe.

Zunächst ist Kuta und der Blick auf den westliche Stadtteil Luka sehr beschaulich und schön.

DSC_4342[Luka vor dem Bug]


DSC_4344[Kuta direkt hinter dem Heck – wir haben bei glattem Wasser selbst angelegt]

DSC_4348[Kuta]


DSC_4353 [Die Einfahrt in die Bucht und die ersten Abendrotfarben am Spliter Horizont]


DSC_4357[Das Kaminrohr unseres Kanonenofens fotografiert vor der Bergkette Vis’]

Nachdem wir uns etwas von der Überfahrt erholt haben – Kamin angeschmissen und umgezogen – konsultierten wir unsere schlauen Bücher in Bezug auf die kulinarischen Möglichkeiten der Insel. Wir entscheiden uns für eine Konoba im Luka-Stadtteil, die ganz hervorragend sein und sich in einem ehemaligen Hotel von 1911 befinden soll. Als wir losziehen ist es natürlich schon längst Nacht geworden… Das Städtchen macht einen sehr verlassenen aber schönen Eindruck. Hinter dicken Holztüren einiger stattlicher, teils venezianisch ausschauender Häuser hören wir Barlärm. Es scheinen also nur die Straßen wie ausgestorben zu sein. Dennoch, das meiste hat bereits für den Winter geschlossen und so finden wir das hochgelobte Restaurant nicht. Wie schade…

Es geht also zurück zu unserem Stadtteil und in eine Konoba “Pojoda”, von der es heißt, daß sie hervorragende Brodeto zu bieten hat. Natürlich kommt alles etwas anders als es sich den Besuchern in der Saison geboten haben mag: Wir habe kaum Auswahl an Speisen, was aber nicht schlimm ist, denn der uns präsentierte Fisch – ein fangfrischer Knurrhahn oder auch Skorpionfisch – ist überaus delikat. Dazu gibt es dann eine leichte Fischsuppe aus demselbigen und noch zwei Oktopusbuletten mit Mangold und Kartoffeln! Wir sind mit dem Essen sehr zufrieden. Der vielgelobte Rotwein hiesiger Produktion ist leider zu lange schon offen, doch er hat bestimmt ursprünglich ganz gut geschmeckt. Wir werden morgen weiter und vielleicht auch woanders probieren und berichten.

Als wir aus der Konoba rausgehen, ist offenbar in Kuta (wahrscheinlich nur dort) der Wind aufgekommen! Was angeblich nicht sollte und wovon nichts in den Wetterprognosen zu hören war. Der Wind weht natürlich von der für uns falschen Seite, so daß wir nun in den Seilen hin und her gerüttelt werden, die Wellen schlagen an die Kaimauer und plätschern an das Heck und die Seitenwände zurück. Alles Geräusche und Gerucke, die den nächtlichen Aufenthalt unter Deck nicht gerade schön und ruhig gestalten werden. Ich befürchte eine schlaflose Nacht.

Und schon wieder haben wir uns für die falsche Seite der Bucht entschieden. Marcel weigert sich standhaft, nach Luka zu verholen. Ja, er kann auch überall schlafen… Ich werde es mit Ohrstöpseln in der Vorschiffskoje versuchen.

Morgen wollen wir wandern: eine 5-Stunden (einfache Strecke) Wanderung zu Titos Höhle und Hum, dem höchsten Berg hier (585 m). Mal sehen, ob ich morgen fähig sein werde, rechtzeitig aufzustehen, da mich nun diese unruhige Nacht erwartet. Da wäre die befürchtete Fähre mit ihrem Schwell in Luka wohl doch eine ‘Wohltat’ gewesen.

Marcel, 05. 12. 2010

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Joanna & Marcel, 03. 10. 2010

Laut der Eigenwerbung ist das Ager-Feld die größte fruchtbarste Ebene auf den adriatischen Inseln, sechs Kilometer von West nach Ost. Es soll sich um die am besten erhaltene antike Parzellierung (hora, ager) der Welt handeln. Sie ist, wie die Stadt Stari Grad seit 2008 auf der Weltkulturerbe-Liste der Unesco. Die Parzellen sind durch Wände aus Trockenmauerwerk voneinander getrennt. Auch die trimas, kleine Rundhäuser sind samt Dach ohne Bindemittel gebaut. Viele Ruinen aus den unterschiedlichsten Jahrhunderten stehen zwischen den Wegen und Feldern. Die Olivenbäume hängen voller Früchte, der Wein ist zum Großteil abgeerntet. Wir finden Feigen, Rosmarin, Salbei und wilden Fenchel.

Was wir nicht so gut finden, ist eine schöne Sitzgelegenheit, um unseren Picknick auszubreiten. Diesen alten verlassenen Bauernhof finden wir – natürlich – durch Zufall. Gesucht haben wir vielmehr eine römische Villa und einen antiken Turm. Dieser Hof steht sicherlich auf älteren Fundamenten oder vielleicht auch anstelle einer römischen Villa. Die Aussicht ist atemberaubend schön – aber sitzen können wir nur auf den Treppen, was schöner auf dem Foto ausschaut als es tatsächlich war.

Nachdem ich auf dieser Wanderung schon wieder zwei Schlangen direkt vor meinen Füssen gesehen habe – und sie sind eigentlich alle mehr oder weniger giftig (zumal wenn man sich auf sie aus versehen setzt) -, wollte ich doch wenigstens eine sichere Sitzgelegenheit…

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Das antike Feld läßt sich wirklich schwer erfassen bzw. fotographieren. Es ist der Eindruck, den man gewinnt, wenn man den Kopf von einer Seite zur anderen dreht, die Kräuter einatmet, die verschiedenen Grüntöne sieht, das Silbrige der Olivenbäume, die Tiere hört, die Zikaden… den Geruch der Erde… Und man weiß, all das (wenn auch sicherlich im besseren Zustand) stand, lebte und funktionierte genau so seit tausenden von Jahren, beinahe unverändert. In einem immerwährenden Kreislauf zwischen Natur und Kultur. Wahrlich, eine bessere Metapher für das Wort „Kultur“ als diese Gegend hier wüßte ich nicht.

In der Broschüre wird für diese Ggend folgendermaßen geworben:

„Die Ebene von Starigrad gilt als größte und fruchtbarste auf den Adria-Inseln, sie erstreckt sich auf einer Länge von sechs Kilometern in Richtung Osten bis nach Vrboska, während die südlichen Ausläufer von den pittoresken Dörfern Dol und Vrbanj abgegrenzt werden. Diese Kulturlandschaft wurde über Jahrhunderte durch menschliche Hand geprägt. Eine Reihe von Wegen und großen Parzellen aus der Zeit der griechischen Stadt Pharos (4. Jhr. v. Chr.) besteht heute noch, darunter befindet sich auch die weltweit am besten erhalten antike Parzelle (HORA, AGER). Sie wurde im Juli 2008 in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Griechische Parzellen waren 1 x 5 Stadien (180 x 900 m) groß und durch Trockenmauern und Wege abgegrenzt. Vielerorts trifft man auch auf Überreste antiker Wirtschaftsgebäude, der so genannten Villae Rusticae. Am besten erforscht ist die Villa Rustica Kupinovik bei Dol und unter den alten griechischen Wachtürmen auf den umliegenden Feldern ist die auf dem Maslinovik-Berg, über der einzigen Wasserquelle in der Ebene, Dračevice, am einfachsten zu erreichen.“

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Eine Mulde und Rinne, die zum Auffangen von Olivenöl diente. Dieses Foto entstand auf dem Gelände des verlassen Hofes. Wir stöberten etwas herum, und plötzlich standen wir in einem mit großen Steinplatten sauber und mit Könnerschaft ausgelegten ‚Innenhof‘: Einer Öl- und Weinpresse samt einem steinernen Auffänger, den man angeschnitten im oberen Fotoabschnitt sehen kann. Überrascht entdeckten wir später, daß dieser wunderschöne, sicherlich schon aus der römischen Zeit bestehen Mühlenplatz bereits für die UNESCO-Broschüre fotographiert worden ist! Natürlich ohne die richtige Zuweisung an den hoch oben in den Bergen gelegenen ruinösen Hof! Wir haben uns also wie doppelte Endecker gefühlt.


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Dieser Platz, der Ausblick, der verlassene Hof samt seiner Nebengebäude war so schön an diesem Tag – und tat es richtig weh, zu sehen, wie alles verfällt (dabei war die Bausubstanz gar nicht so schlecht… wenn ich die Fotos betrachte, so trauere ich immer noch um sie.)

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Ohne Bindemittel gemauert – die trimas.

Marcel, 02. 10. 2010

In einem Reiseführer von 1967 heißt es über Hvar, dass das Klima so mild wäre, dass die Hoteliers für einen Wintertag mit Nebel, Schnee oder Temperaturen um den Gefrierpunkt keine Bezahlung nehmen würden. Auch an Tagen, an denen es zwischen sieben und siebzehn Uhr mehr als drei Stunden regnete, soll man 50% Ermäßigung erhalten haben. Sie sind damit angeblich kein Risiko eingegangen. Uns empfängt die Stadt Stari Grad (Alte Stadt) mit bewölktem Himmel und mit dem Duft von Pinien, als wir in die mehr als 3 Seemeilen tiefe Bucht einfahren, an deren Ende sich die Stadt, gut geschützt vor nahezu allen Winden, in die fruchtbare Ebene schmiegt. Wir legen uns an eine der zu dieser Jahreszeit zahlreichen freien Mooringbojen gegenüber der Hafenpromenade. Es ist Freitag Abend. Die Charter-Flotten sind brav in ihre Heimathäfen zurückgekehrt, da samstags die Übergaben stattfinden. Ausser in den großen Marinas am Festland hat man von freitags und samstags meistens seine Ruhe. Gerade einmal drei Schiffe liegen ausser uns im Hafen der Alten Stadt. Im Auftrage der Stadtverwaltung knöpft man uns schon leicht angetrunken und mit Schlickauf 100 Kuna (Keine Kröten, sondern Marder. Die Bezeichnung stammt von der mittelalterlichen Verwendung von Marderfellen zum Tausch und zur Bezahlung von Waren und Abgaben.) ab. An den beiden Folgetagen kommt dann aber niemand mehr zu uns hinüber – vermutlich übersteigt reine Faulheit die hier übliche Geldgier, die sich zum Beispiel dadurch äußert, dass man von Ankerliegern Geld kassiert. Ausser in Kroatien ist diese Unsitte meines Wissens nirgends sonst auf unseren Meeren üblich.

Da wir keinen Stadtplan in unseren Reiseführern finden, begeben wir uns zur Touristeninformation. Der Mitarbeiter dort sieht aus wie der Anführer der hiesigen Hells Angels oder Bandidos, gibt aber freundlich Auskunft über die Museen, Restaurants und Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Und – es gibt auffällig viele alte VW Käfer in Stari Grad. In jeder Parkreihe findet man mindestens zwei Modelle in knallig bunten Farben. Auch Cabrios mit nachträglich angeschweißten Überrollbügeln gibt es als Mietwagen.

Stari Grad ist der einstige Hauptort der Insel Hvar und hieß früher Faros. Die Stadt war Handels- und Schifffahrtszentrum und Bischofssitz von Hvar bis sie von der Stadt Hvar abgelöst wurde. Heute ist der Ort ein Treffpunkt für Künstler und Archäologen – es gibt eine Sommerschule für Archäologiestudenten – und gibt sich entspannt und unaufgeregt. Der mittelalterliche Ortskern um den Hafen herum ist Autofrei, die schmalen Gassen mit Naturstein und leichtem Gefälle zu den Seiten gepflastert. Es gibt einige Renaissance- und Barockkirchen und -paläste, sowie das Wohn- und Wehrschloss des Dichterfürsten Petar Hektorović1 aus dem 16. Jahrhundert. Seit 2008 ist die Stadt und die Felder südlich der Stadt, die sogenannten Ager-Felder (s. Extraartikel unter „Wandern“), in die UNESCO Weltkulturerbe-Liste aufgenommen.

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1 — Petar Hektorović (* 1487 in Stari Grad auf Hvar; † 13. März 1572 ebenda), ein Poet und Universalgelehrter der Kroatischen Renaissance, der sein Heimatort und seine Wohnburg (heute zu besichtigen) direkt am Hafen gelegen, nie verließ. Außer für eine dreitägige Reise auf einem Fischerboot, so wird berichtet. Auf der Basis seiner quasi-ethnographischen Beobachtungen entstand 1568 sein wichtigstes Werk, Ribanje i ribarsko prigovaranje (dt. „Fischerei und die Dialoge von Fischern“), in dem versucht wird, die Dialoge von Fischern in ihrer Alltagssprache darzustellen. Dieses Hauptwerk kann man als hybrides Genre bezeichnen, denn es ist gleichwohl ein Reisebericht, eine Abhandlung über das Fischen, ein Poem und poetische Epistel für seinen Freund Jeronim Bartučević. „It is a treasure of Croatian maritime and zoological terminology, which has become incorporated in Croatian standard language“, schreibt ein Autor in Wikipedia Englisch. Auch Hektorović Sprachstil ist hybrid wie sein Werk, indem er sich neben des lokalen Dialekts (Čakavian) auch des Schreibstil/dialekts (Štokavian) der in Dubrovnik tätigen Lyriker, mit denen Hektorović im dauerhaften Kontakt stand, bedient und beide miteinander amalgamiert.

Sein Palast in Stari Grad ist mit Sinnsprüchen und Gedichten ‚vollgeschrieben‘ – und es macht Spaß, seine in Latein und Kroatisch verfaßten Verse überall auf Treppenstufen, Gesimsen, Torbögen und Mauerwerk zu entdecken!

Literaturhinweis: Ante Kadić: Croatian Renaissance, in: Studies in the Renaissance. 6, 1959, S. 28-35, S. 34.
http://www.jstor.org/pss/2857180


Marcel, 05. 09. 2010

Die kleine Insel Sv. Fumija nutzen wir an unserem letzten Tag zu einem Schorchelstopp auf dem Weg nach Split. Es wurden uns noch Reste einer urchristlichen Basilika aus dem 5. Jahrhundert versprochen, doch wir finden nur ein paar Mauerreste nahe dem Ufer. Es könnte sich dabei um die Ruine einer Kirche handeln. Ein paar schrebergartenähnliche Häuschen mit jeweils eigenem Bootssteg verstecken sich hier hinter dem kiesgesäumten Ufer in spärlichen Olivenhainen. Ein paar Einheimische kommen vom Festland, um hier am Sonntag zu entspannen und zu angeln. Gegen Mittag beginnen die Holzkohlegrills mit Rauchzeichen das baldige Sonntagsessen zu verkünden.

Marcel, 02. 09. 2010

Die Insel Lastovo war bis 1989 militärisches Sperrgebiet und durfte von Ausländern nicht betreten werden. Die touristische Entwicklung begann daher spät. Man kann die verlassenen Militäranlagen heute zwischen Aleppokiefern und Agaven besichtigen. Das Archipel Lastovo mit 46 kleinen, unbewohnten Inseln ist seit einigen Jahren zum Nationalpark erklärt worden. Die Gebühr für den ‘Eintritt’ zum Nationalpark wird offenbar aber nicht zur Erhaltung der Natur eingesetzt, denn die Kieselbuchten und angrenzenden Wälder sind voller angeschwemmten Mülls (Plastik) und auch ein Baustopp scheint es nicht zu geben. Dennoch ist das Archipel noch nicht verschandelt und ähnlich grün wie die Nachbarinsel Mljet; auch Wein, der kräftige Marastina Weißwein, gedeiht hier. Schon in der Antike war die Insel besiedelt. Die Römer nannten sie wegen ihrer Üppigkeit augusta insula – die kaiserliche Insel.
Wir ankern am frühen Nachmittag in einer der westlichen Ausbuchtungen des Velji Jezero, des großen Sees. Wie schon im Vorjahr werden wir hier zum Mittagessen von zahlreichen Wespen attackiert. Diesmal lassen wir uns jedoch nicht vertreiben und ignorieren die lästigen Tierchen.

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Zwischen den Kiefern der Eingang zu einem ehem. Marinebunker. Glasklares, türkieses Wasser. Man kann bis auf 12 Meter problemlos hinunterblicken. Beim Tauchgang entdeckt Andrees ein Seepferdchen und einen kleinen Oktopus, beide verstecken sich schnell wieder.

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Wo manchmal auch (allerdings ganz kleine) Ratten tot schwimmen, weswegen Marcel und ich uns auch nicht hineintrauten. 
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Militärische Anlagen – seltsame, mächtige Steinwälle, die kleine Häuschen umgeben – entdecken wir im Gelände der Bucht. Das trutzige Erscheinen wird abgemildert durch das unglaublich schöne grün der Bäume.
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Unsere Wanderwege im Militärgelände – und immer wieder die prächtigen Aleppokiefern.

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Anfänger im Dingi unterwegs.

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Kein Eis, sondern Salz auf den Luken. Es wird Zeit wieder Süßwasser zu bunkern und das Schiff von dem Ionischen und Adriatischen Meersatz zu befreien.



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Lastovo im Morgengrauen. 50 Seemeilein bis Trogir, Anne und Marcel übernehmen die erste Wache.

Marcel, 01. 09. 2010

Der Palast eines reichen Römers, der von Kaiser Septimius Severus nach Mljet verbannt wurde, gibt dem Ort seinen Namen. Der Ort wurde für den Sohn des Verbannten, Opian, zu einer reichen Quelle der Inspiration. Er schrieb Verse über Fischerei und das Meer, die dem späteren Kaiser Karakul zu Ohren kamen. Er war so gerührt, dass er den beiden die Freiheit schenkte. Ob sie dennoch auf dem wunderschönen Mljet blieben? Außerdem liegen oberhalb des Ortes die Ruinen einer altchristlichen Basilika aus dem 5. Jahrhundert.

Der gesamte Nordwesten der Insel ist Nationalpark. Zwei Drittel der Insel sind bewaldet, sie ist die grünste der Kroatischen Inseln und die Griechen nannten sie Honiginsel – melite nesos. Innerhalb des Nationalparks gibt es einen, nur durch einen kleinen Zugang zum Meer verbundenen Salzwassersee.

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