Nun hat Marcel unseren Blog mit der Reise nach Korsika ganz allein geführt… Ich trage heute, da wir wieder in Porto Cristo zurück sind, ein paar Fotos und Infos nach, da Marcel das eine oder andere nicht hochläd (aus verschiedenen Gründen :) ).
Das heißt, gleich wird es etwas collage-artig hin und her gehen und eine Chronologie ist nicht unbedingt zu erwarten… auch habe ich einige Handyfotos gemacht, die möglicherweise jener, von uns gewohnten, Bildqualität nicht standhalten werden.
Zunächst einmal etwas allgemeines (bzw. historisches): Wir haben viele Bücher zu Korsika gekauft – und dieses Mal nur einen sehr geringen Teil davon gelesen. Das Lesen war diesmal irgendwie nicht so unsere Sache. Bilanz: Marcel – ein paar Seiten eines Romas, Joanna – eineinhalb Romane und ein Korsika-Buch. Das letztgenannte ist eine Reisebeschreibung aus dem 19. Jh., die von dem Engländer James Boswell geschrieben wurde. Das Buch wurde in England ein Renner und erreichte ganz schnell drei Auflagen! Ich kann es – auch im 21. Jh. – sehr empfehlen, wenn man sich für das (ehemals) “wilde Volk” interessiert. Natürlich kann man es nicht als ein Reisebuch im Sinne von Baedeker- oder Michael-Müller Verlage verstehen und nutzen, aber man lernt sehr viel über das Reisen und die veränderten Interessen der Reisenden, ihre Bildung (bzw. ihren Bildungshunger) und die Beurteilungsmaßstäbe, die sich enorm verändert haben (nicht immer zum Guten wie man sich denken kann).
So einiges ist sehr traurig in der korsischen Geschichte. Um genauer zu sein: Ich habe erst durch Boswell von der unglaublichen Unterdrückungsgeschichte der Korsen erfahren. Schon alleine dieser Abriss der Geschichte macht das Buch “Corsica” (Überarbeitet, illustriert und eingeleitet von Dirk Gerdes/Mitarbeit Ursula Gerdes, Elster Verlag 1986), das bereits 1769 in Leipzig zum ersten Mal in der deutschen Übersetzung erschienen ist, sehr lesenswert. Es ist auch nicht unamüsant und durchaus spannend. Traurig ist aber auch, daß man natürlich weiß, wie “die Sache” ausgegangen ist, was Boswell noch nicht wußte und sehr optimistisch für die Freiheit der Korsen sich einsetzte, indem er an die Demokratie der europäischen Länder, insbesondere an England appellierte. Wir wissen, daß Korsika für nur 14 Jahre (!) unabhängig bleiben durfte: nach 500 Jahren barbarischer Unterdrückung durch die Genuesen wurde es anschließend durch die Franzosen annektiert und zu einer Provinz Frankreich gemacht (ausgebeutet und vernachlässigt soweit es die korsische Kultur uns Sprachen anbelangt).
Pascal Paoli war der Anführer des korsischen Unabhängigkeitskrieges und um diese offenbar unglaublich auratische Person geht es auch in Bordwells Buch.
REISE DURCH DIE CASTAGNICCIA
Noch ein Nachtrag zur Geschichte der Korsen:
Die Unabhängigkeit der Korsen endete mit dem Vertrag der Genueser mit Frankreich im Jahr 1768: Korsika wird an Frankreich verpfändet (die Kriege gegen die Korsen und die schlechte Wirtschaft und Politik machen Genau das Garaus). Paoli ruft zum Massenaufstand auf und Versailles reagiert mit einem militärischen Feldzug. Nach einem Jahr Korisch-Französischen Kriegs entscheidet die Schlacht an der Brücke Ponte Nuovo über die Korsische Nation, die die französische Übermacht nicht aufhalten kann. 1769 Schifft sich Paoli mit 300 Getreuen nach Livorno ein und wird noch 20 Jahre im Exil in London leben –während der Französischen Revolution kehrt er nach Korsika zurück, regiert diese unter französischer Herrschaft eine zeitlang weiter, bis er der Revolutionsregierung in Paris das Gehorsam verweigert… Er geht nach London – und kehrt erst in einer Urne heimlich nach Korsika zurück…
Die französische Herrschaft nimmt den Korsen eigentlich alles – nämlich auch ihre Sprache – und macht sie zu einer französischen Provinz. Napoleon I. war zwar ein Korse, hat aber für Korsika nichts getan (er kehrt nie nach Korsika zurück). Ganz im Gegenteil, sein Statthalter, General Morand, unterdrückte die letzten Regungen der korsischen Unabhängigkeitswillen erbarmungslos. So auch seine Nachfolger – bis heute. (Ich überspringe den Ersten und Zweiten Weltkrieg mit Invasion der Italiener und der Deutschen).
Vor diesen Hintergründen wundert uns, dass die Korsen sich der Französisierung dermaßen ergeben haben. Wir haben ein einziges Mal das Korsische gehört – das war unserer Gastgeber in den Bergen, der sich mit einem anderen Mann unterhielt. Ansonsten überall und untereinander nur Französisch. Ganz anders als auf Mallorca/Menorca. Der in den 1968er Jahren entstandene Gegenbewegung der Front Régionaliste Corse (FRC) ist die “Mutter” der heutigen Autonomistischen Bewegung auf Korsika. Deren Sprengstoff-Attentate richten sich vorwiegend gegen touristische Einrichtungen, Neubausiedlungen, die nicht nur die Landschaft verschandeln, sondern auch nur den Festlandinvestoren (weder Korsen noch Korsika) etwas einbringen. Man geht gegen die “Balearisierung” der Insel vor, was wiederum die Clanwirtschaft gemeinsam mit der Pariser Regierung am liebsten hätte.
Mich wundert es eigentlich, dass das ehemals so ‘wilde’ Korsische Volk so brav französisch geworden ist… vielleicht liegt es auch an den eigenen Clans…
(Polyphone Gesänge: das einzig Korsische?)
BALAGNE: KÜNSTERDORF, ADLERHORSTE, VERLASSEN DÖRFER
Pigna – schön, touristisch, geschäftstüchtig, aber das hat ihr bekommen! Schöne Plätze und Cafés – wie man sieht: unglaubliche Ausblicke
Aregno – romanische Kirche – sehenswert *** – für den Ort gab es keine Zeit
Sant’ Antonio – Adlerhorst – angeblich das älteste Dorf Korsikas (auch dieses sehr touristisch; bitte die Esel von dem “Vermieter” an der Kirche nicht nehmen)
(immer Parkplätze an den Kirchen – verschandeln nicht nur die Gebäude & die Stimmung, sondern auch die Fotos)
(essen wie Adler) (Häuser “in Stein”)
Lumio: Die Ruinen von Occi – seit 1914 von niemanden mehr bewohnt – das Topmodel Laetitia Casta hat die Restaurierung der Kirche Santa Annunziata finanziert: ihr Vater stammte aus Lumio
WANDERN IN DEN BERGEN – LAC DE NINO (Handyfotos – die Kamera war mir zu schwer) und GIROLATA
BUCHTEN UND EXPEDITIONEN
(Süßwasserquelle in der Bucht)
Ach, es gäbe noch so viel zu sehen auf Korsika… wehmütig brachen wir auf zurück nach Mallorca – uns erwartete noch eine furchtbar nervige Überfahrt, die uns einen Bonito, einen fliegenden Fisch (zu spät an Deck entdeckt) und einen kleinen Vogel bescherte (und ungünstige Winde samt schlechten Wellen und einen Motorausfall, weil kein Diesel im Tank war, aber Marcel mir das nicht glauben wollte. Aber das ist eine andere Geschichte)
ENDE – FIN
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