Wanderung durch das Ager-Feld, Hvar
Joanna & Marcel, 03. 10. 2010

Laut der Eigenwerbung ist das Ager-Feld die größte fruchtbarste Ebene auf den adriatischen Inseln, sechs Kilometer von West nach Ost. Es soll sich um die am besten erhaltene antike Parzellierung (hora, ager) der Welt handeln. Sie ist, wie die Stadt Stari Grad seit 2008 auf der Weltkulturerbe-Liste der Unesco. Die Parzellen sind durch Wände aus Trockenmauerwerk voneinander getrennt. Auch die trimas, kleine Rundhäuser sind samt Dach ohne Bindemittel gebaut. Viele Ruinen aus den unterschiedlichsten Jahrhunderten stehen zwischen den Wegen und Feldern. Die Olivenbäume hängen voller Früchte, der Wein ist zum Großteil abgeerntet. Wir finden Feigen, Rosmarin, Salbei und wilden Fenchel.

Was wir nicht so gut finden, ist eine schöne Sitzgelegenheit, um unseren Picknick auszubreiten. Diesen alten verlassenen Bauernhof finden wir – natürlich – durch Zufall. Gesucht haben wir vielmehr eine römische Villa und einen antiken Turm. Dieser Hof steht sicherlich auf älteren Fundamenten oder vielleicht auch anstelle einer römischen Villa. Die Aussicht ist atemberaubend schön – aber sitzen können wir nur auf den Treppen, was schöner auf dem Foto ausschaut als es tatsächlich war.

Nachdem ich auf dieser Wanderung schon wieder zwei Schlangen direkt vor meinen Füssen gesehen habe – und sie sind eigentlich alle mehr oder weniger giftig (zumal wenn man sich auf sie aus versehen setzt) -, wollte ich doch wenigstens eine sichere Sitzgelegenheit…

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Das antike Feld läßt sich wirklich schwer erfassen bzw. fotographieren. Es ist der Eindruck, den man gewinnt, wenn man den Kopf von einer Seite zur anderen dreht, die Kräuter einatmet, die verschiedenen Grüntöne sieht, das Silbrige der Olivenbäume, die Tiere hört, die Zikaden… den Geruch der Erde… Und man weiß, all das (wenn auch sicherlich im besseren Zustand) stand, lebte und funktionierte genau so seit tausenden von Jahren, beinahe unverändert. In einem immerwährenden Kreislauf zwischen Natur und Kultur. Wahrlich, eine bessere Metapher für das Wort „Kultur“ als diese Gegend hier wüßte ich nicht.

In der Broschüre wird für diese Ggend folgendermaßen geworben:

„Die Ebene von Starigrad gilt als größte und fruchtbarste auf den Adria-Inseln, sie erstreckt sich auf einer Länge von sechs Kilometern in Richtung Osten bis nach Vrboska, während die südlichen Ausläufer von den pittoresken Dörfern Dol und Vrbanj abgegrenzt werden. Diese Kulturlandschaft wurde über Jahrhunderte durch menschliche Hand geprägt. Eine Reihe von Wegen und großen Parzellen aus der Zeit der griechischen Stadt Pharos (4. Jhr. v. Chr.) besteht heute noch, darunter befindet sich auch die weltweit am besten erhalten antike Parzelle (HORA, AGER). Sie wurde im Juli 2008 in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Griechische Parzellen waren 1 x 5 Stadien (180 x 900 m) groß und durch Trockenmauern und Wege abgegrenzt. Vielerorts trifft man auch auf Überreste antiker Wirtschaftsgebäude, der so genannten Villae Rusticae. Am besten erforscht ist die Villa Rustica Kupinovik bei Dol und unter den alten griechischen Wachtürmen auf den umliegenden Feldern ist die auf dem Maslinovik-Berg, über der einzigen Wasserquelle in der Ebene, Dračevice, am einfachsten zu erreichen.“

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Eine Mulde und Rinne, die zum Auffangen von Olivenöl diente. Dieses Foto entstand auf dem Gelände des verlassen Hofes. Wir stöberten etwas herum, und plötzlich standen wir in einem mit großen Steinplatten sauber und mit Könnerschaft ausgelegten ‚Innenhof‘: Einer Öl- und Weinpresse samt einem steinernen Auffänger, den man angeschnitten im oberen Fotoabschnitt sehen kann. Überrascht entdeckten wir später, daß dieser wunderschöne, sicherlich schon aus der römischen Zeit bestehen Mühlenplatz bereits für die UNESCO-Broschüre fotographiert worden ist! Natürlich ohne die richtige Zuweisung an den hoch oben in den Bergen gelegenen ruinösen Hof! Wir haben uns also wie doppelte Endecker gefühlt.


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Dieser Platz, der Ausblick, der verlassene Hof samt seiner Nebengebäude war so schön an diesem Tag – und tat es richtig weh, zu sehen, wie alles verfällt (dabei war die Bausubstanz gar nicht so schlecht… wenn ich die Fotos betrachte, so trauere ich immer noch um sie.)

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Ohne Bindemittel gemauert – die trimas.