Marcel, 07. 06. 2010

Wir verlassen Porto Kayio gegen Mittag und segeln bei 3bf aus West unter vollen Segeln drei Meilen nach Süden. Das Kap Tainaron, der südlichste Punkt von Festland-Europa ist zum Greifen Nah. Der Anker fällt in der Doppelbucht des antiken Tainaron  Asomato/Spilio, in der sich einer der Eingänge zum Hades befinden soll. Doch schon der Reiseschriftsteller des Altertums Pausanias spöttelt über den Aberglauben, dass Götter unter der Erde die Seelen der Toten sammeln sollen. Außerdem endet die Höhle bereits nach wenigen Metern.

Da heute zur Abwechslung das Echolot nichts mehr anzeigt, und nicht der Windmesser, der jetzt wieder funktioniert, bleibe ich zu Reparaturarbeiten auf Chulugi, während Joanna und Dietmar sich mit Retzina und Oliven ausgestattet zum Leuchtturm aufmachen. Das Aufschrauben und Abnehmen von Verkleidungen und Instrumentenabdeckungen hätte ich mir allerdings sparen können. Ein Tauchgang unter den Rumpf zeigt die Ursache des Übels: In der Einmuldung des Echolotgebers hat sich eine Luftblase gesammelt. Diese heraus gewedelt und siehe da, wir liegen auf 9 Meter Wassertiefe.

Etwas Gutes hatte es aber dann doch, dass ich an Bord geblieben bin. Das Schabgeräusch der Kette unter Deck hat es bereits angezeigt: Der Anker hat sich nicht eingegraben und schlürt über den Grund. Der Tauchgang gibt auch hier Klarheit: Der Anker liegt nur mit einer Fluke an einem Felsvorsprung verkeilt auf nacktem, felsigen Grund. Weit und breit ist kein Sand zum eingraben zu sehen.

Am Nachmittag runden wir Kap Tainaron noch unter Segeln. Das Kap liegt auf der Flugroute vieler Zugvögel auf ihrem Weg nach Afrika. Und hier noch eine weitere Anekdote: Die SS Californian, das Schiff, das die Titanic vor den ihr zum Verhängnis werdenden Eisbergen warnte, sank 1915 beim Kap Tainaron, nachdem sie von der deutschen Flotte torpediert wurde.

Den Rest der Strecke ist bei NW natürlich wieder Fahrt unter Motor angesagt. Hin und wieder, die ein oder andere Meile, können wir den Motor ausmachen und eine kurze Strecke segeln.

Um 2200 fällt der Anker im letzten Dämmerlicht des Tages in der Buch Limeni. Vor uns der beleuchtete Wohnturm der Mavromichali. Dazu später mehr. Zwei Tavernen liegen direkt am Wasser. Davor dümpeln ein paar Fischerboote in der schwarzen Dünung.

Marcel, 06. 06. 2010

Wir nähern uns der Mani über den Lakonischen Golf zwischen dem mittleren und dem östlichen Finger des Peloponnes. Der auslaufende Taigetos zeichnet sich dunkel vor dem Abendhimmel ab. Die Bergkette ist in Pastell gezeichnet, schwingt sich nach Norden in die Wolken und verschwimmt. Das Meer ist immer noch grau und glatt wie Blei. Wie in den letzten Tagen wummert der Motor. Gerne hätten wir diesen Anblick unter Segeln genossen, wenn nur das Rauschen von Wind und Wellen zu hören ist.

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Wir stehen am  Bug und beobachten das Farbenspiel von Bergen, Sonne, Wolken und Meer. Plötzlich tauchen mehrere Schwanzflossen aus dem Wasser. Wir vermuten Tunfische. Doch dann sehen wir die Rückenflossen. Eine Schule Delphine schwimmt uns vor den Bug. Die Meeressäuger schwimmen neben dem Schiff, tauchen aus dem Wasser und drehen den Kopf zu uns hinüber, so dass sie uns in die Augen sehen können. Sie tänzeln wenige Zentimeter neben dem Schiff und vor dem Rumpf umher und drehen in unserer Bugwelle ab.

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Auf die Delfine und auf die Mani. Endlich erreichen wir diese karge Landzunge. Der letzte und südlichste Zipfel Festland-Europas. Dieses noch vor wenigen Jahrzehnten vom Rest-Europa unbekannte Ende der Welt ist aus Sicht der Manioten die “Innere Mani (Méssa Mani)”. Ein Ort des Rückzugs und der Isolation. Nie von fremden Herrschern, seien es Venezianer oder Türken vollständig erobert, war dieses Fleckchen Land immer sich selbst überlassen und gebar so einen eigenen Menschenschlag, eine Architektur, die an San Giminiano erinnert und eine Kultur in der noch vor kurzer Zeit Blutrache geübt wurde (wie auch in Kreta – siehe hierzu den Film Alexis Sorbas). Eine Landschaft die schon Patrick Leigh Fermor, Bruce Chatwin und Laurence Durrell verzaubert hat, und die sie nie wieder los ließ. Bruce Chatwins letzter Wunsch war in der Mani begraben zu werden, und so schmuggelte seine Frau nach seinem zu frühen Tod die Asche zu Patrick Leigh Fermor, der noch heute, mit über 95 Jahren, hier lebt, und der sie vor einer kleinen Kapelle dem Wind und der maniotischen harten Erde übergab, mit den letzten Worten, “möge sie leicht auf ihm ruhen”.

Um 2130 erreichen wir Porto Kayio. Die Mani-typischen Wohntürme zeichnen sich auf den Hügeln ab. Ab Nordhang der Bucht lehnt sich ein Kloster an die steile Felswand. Der Anker fällt im letzten Dämmerlicht des Tages. Wir bringen das Dingi ins Wasser und betreten noch am Abend maniotischen Boden.

Marcel, 06. 06. 2010

Die Nacht vor Anker ist mehr als ruhig. Nur ein wenig Dünung rollt in die kleine Bucht. Das venezianische Kastell im Bonsai-Format ist hell illuminiert. Der Morgen empfängt uns mit weißen Quellwolken vor blauem Himmel, die Farben Griechenlands. In Avlemonas landen wir nach dem Frühstück und einer kleinen Reparatur- (Steuersäule fixieren, Außendusche reparieren) und Aufräumaktion mit dem Dingi an und erkunden die drei Straßen und das Kastell in dem noch mehrere rostige Kanonen herumliegen. Auf der Rückseite klafft ein Loch, wie durch eine der Kanonen verursacht, in das man in den Hof gelangt. Das solide Tor ist jedoch verschlossen.

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Wir suchen uns eine kleine Taverne aus, von der wir durch eine Blütenpracht auf Chulugi und das offene Meer blicken können. Obwohl der Weißwein mundet und wir einen Teller mit Käse, Oliven und Gemüse serviert bekommen, stellt sich die Taverne als die falsche Wahl heraus: Den frischen Fisch zum Weißwein gibt´s ein Haus weiter. Wir entscheiden uns zum Schiff zurückzukehren und den Anker zu lichten.

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Beim Anker Aufholen gibt die Ankerwinsch den Geist auf. Gut, dass nur noch der letzte Meter per Hand heraufgezogen werden muss. Es stellt sich als ein Defekt des Schalters heraus. Ein Reparaturversuch scheitert. Wir können jedoch einen improvisierten Ersatzschalter installieren, bis wir im nächsten Bootszubehörshop einen entsprechenden Ersatz finden.

Es geht vorbei an Diakofti. Vor dem kleinen Örtchen ragt mahnend ein imposantes Wrack eines Frachters aus dem Wasser. Das Meer liegt schwer wie Blei vor uns. Weiter unter Motor!

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Joanna, 04. 06. 2010

Wir kamen von der Seeseite her – natürlich. Es war noch Dämmerung und der Tag begann sich erst langsam zu regen als wir die sehr schmale, sehr tiefe Seeräuberbucht erreichten. Ich habe auf spielgelglattes Wasser gehofft, damit wir trotz des sehr tiefen Wassers hier ankern könnten.

Mein Ziel: von der Seeräuberbucht aus zu einem verlassenen Kloster, zu einer Eremitenhöhle, einer Maria-Kapelle in der “Bärenhöhle” und schließlich am Ende der Tour zu einem sehr bekannten, wehrhaften Kloster zu wandern. Poseidon war mir wohlgesonnen und ließ das Wasser ruhig und eine kleine ‘Untiefe’ von 16 Metern entstehen. Wir konnten den Anker fallen lassen.

Aber es sollte trotzdem anders kommen… wie immer war ich für die vorgesehene Dauer der Wanderung – ca. 2,5 Stunden – viel zu langsam. Angesichts der vielen Natur- und Kultureindrücke, die alle paar Meter auf mich warteten, war an einen wandermäßigen Schnellschritt nicht zu denken und auch nicht erwünscht.

Die erste Überraschung war die fjordartige Bucht selbst: Unglaubliches azzuro-grünes Wasser und eine in Naturstein gehauene Anlegerstelle. Sie diente früher nicht nur den München als Pier, sondern auch den Seeräubern, die das Kloster regelmäßig übervielen. So sahen sich die frommen Männer irgendwann dazu gezwungenen, nachzugeben und sich ein auf der Höhe gelegenes neues Kloster – wehrhaft wie eine Burganlage – zu bauen: mein eigentliches Tourenziel.

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Ich ruderte also in diese wunderbare Bucht, während die Jungs sich auf Chulugi die Zeit vertrieben (mit schlafen, trinken und baden wie echte Piraten eben). Mich zog es eher auf den Spuren der Piraten hoch hinaus und zu dem verlassenen Kloster.

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Die Fotos zeigen den ‘natürlichen Anleger’ oder aber die Ruinen von ‘Hafenanlagen’. Ich habe gelesen, daß in der Nähe der Bucht Steine abgebaut wurden und diese Stelle zu einem Steinbruchan- und ableger wurde.

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Wie ein echter Fjord.

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Der Wanderweg entpuppte sich sogleich als eine Schluchtwanderung – und was für eine! Die Fotos geben die Eindrücke sehr ungenügend wieder, da die starken Helldunkelkontraste, die in der Schlucht vorherrschten, von der Kamera nicht dem visuellen Eindruck entsprechend festgehalten werden konnten.

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Und dann schließlich die Bogenbrücke – gewaltig umspannte sie die Schlucht, in deren Tiefe die Wanderung mit den blauen Markierungspunkten weiterging (wohin weiß ich jedoch nicht, weil es in meinen Wanderbüchern nirgends beschrieben ist. Ich war sehr versucht, den blauen Punkten zu folgen…)

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Das verlassene Kloster liegt oberhalb dieser Bogenbrücke und man muß einen steilen Pfand nehmen (=hochkrachseln; ich nahm übrigens aus versehen den falschen, nämlich einen noch steileren Ziegenpfad und wunderte mich, wie man diesen Pfad den ungeübten Wanderern zumuten könne).

Was für ein Ausblick, was für eine ehemals schöne Anlage!

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Unverkennbar italienische Renaissanceeinflüsse (was für eine orthodoxe Kirche eher ungewöhnlich ist, denn die Fremdherrschaft der Venezianer und damit der Katholiken war ein zusätzliches Hindernis, Kunstformen der jeweils anderen Religion zu übernehmen): die beiden Spitztürmchen bzw. Bögen, der Spitzgiebel mit dem (in sehr bröckeligem Zustand) Arkantenfries und schließlich die Felsenkirche selbst mit ihrem Rundfenster über dem Haupteingang und den ziselierten Pfeilern an den Seiten. Das Kircheninnere war neueren Datums bzw. ähnelte mehr einer Grotte. Von der Decke tropfte unablässig Wasser und es ist nur eine Frage der Zeit, wann sich hier Stalaktiten und Stalakmiten bilden werden. Ich schob die zur Anbetung ausgestellte Ikone zur Seite, auf der die vielen Männer wie stellvertretend für die ehemals geflüchteten Mönche die Hände zum Gebet heben und in dieser wunderbaren stillen Landschaft die Stellung halten, damit sie nicht selbst zu Stalaktiten werden.

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P6042198 [Ein Suchbild: Wo sind die kleinen Berghütten?]

Mein Weg führte einen langen als Treppe angelegten Weg hoch, ich bewunderte die Schlucht und die Berghänge mit ihren gut in die Landschaft assimilierten Bebauungen, die bestimmt noch die Mönche angelegt hatten, als sich unvermittelt zu meiner Rechten ein Höhleneingang öffnete.

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Ich muß gestehen, so sehr mich Höhlen und Grotten anziehen – über Jahrhunderte genutzt, nicht selten zu sakralen, mythisch aufgeladenen und verehrungswürdigen Räumen gewachsen –, so sehr wecken sie auch tiefsitzende Ängste in mir. Also, schnell ein- und ausatmen und einen Schritt hinein wagen.
Der kleine improvisierte Altar machte mir schnell deutlich, dies müßte die Höhle des Eremiten Johannes (Ioannes) sein.  Ich zündete eine Kerze an und leuchtet mit der bereitgestellten Scheinwerferlampe in das Dunkel der Höhle. Sie war nicht besonders lang, aber für mich unheimlich genug. Ich vermute, in ihrem Inneren gibt es noch einen weiteren Altar.

Was folgte, waren atemberaubende Ausblicke und ein wunderschöner gepflasterter Pilger- und Eselspfad! Ich war überwältigt. Und all diese Schönheit nur für mich alleine, denn hier war weit und breit kein anderer Mensch. Nur die sehr zahmen Ziegen – offenbar auch nicht mehr an Menschen gewöhnt – begleiteten meinen Weg.

Und weil meine Begeisterung ausgekostet werden wollte und Zeit dabei keine wesentliche Rolle spielte, mußte ich auf die Bärenhöhle und auch auf das wehrhafte Kloster (noch von Mönchen bewohnt) verzichten und wieder in die Schlucht hinabsteigen, die plötzlich so weit unten lag…

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Der Rückweg:

Gleisendes Licht auf dem Berg. Das Meer verlockend blau und kühl in der Ferne.

P6042215 P6042205 Ich teilte mein Imbiss mit den Ameisen.

Und wieder in der schattigen Schlucht:

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Dann der vertraute Anblick des schimmernden Wassers – die Fjordbucht und um die Ecke die wartende Chulugi mit den badenden Jungs:

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Es war die schönste Wanderung, die ich bisher gemacht habe…

Und hier noch mehr Fotos:

Marcel, 30. 05. 2010

Am Donnerstag werden wird von Agios Nikolaos und somit auch von Kreta Abschied nehmen. Wir segeln entlang der touristisch bis ins letzte Dorf erschlossenen Nordküste nach Westen. Dann werden wir auch die Insel Kreta verlassen, auf der man etwa die Hälfte der illegalen Waffen in Griechenland vermutet; man nimmt an, aus traditioneller Vorstellung von einer wehrhaften und stolzen Sippe. Immerhin stand die Insel von 1645 bis 1913 unter osmanischer Herrschaft und Kretas Geschichte ist an blutigen Auseinandersetzungen, die bis in den zweiten Weltkrieg reichen, nicht arm. In Anbetracht der voll besetzten Party-Boote, die die Ruhe in den Buchten empfindlich beeinträchtigen, können wir unwillkürliche Reflexe zu den Waffen zu greifen, nur schwer unterdrücken und verstehen die archaische Neigung der Kreter zu undiplomatischen Konfliktlösungen. Die Party-Boote kommen noch einmal davon, denn wir haben keine Waffen an Bord.

Unser erstes Ziel auf der Reise in das Ionische Meer ist die kleine Halbinsel Akroti. Der „Hafen“ des Klosters Katoliko soll einen hervorragenden Schnorchelspot abgeben. Aufgrund der laut Seekarte großen Wassertiefen >15m müssen wir dieses Vorhaben jedoch vom aktuellen Wetter und er vorherrschenden Windlage in der nächsten Woche abhängig machen. Die dort ins Meer mündende Schlucht führt zu dem bereits erwähnten Kloster und zu Einsiedlerhöhlen. Siehe hierzu unsere Routenplanung und die von Joanna gewünschte Wanderung zu dem Kloster.

Auf dem Wege nach Akroti gibt es noch einige Stadthäfen, die wir anlaufen könnten. Malia kommt dabei, auf Grund der Nähe zu Agios Nikolaos eher nicht in Frage. Aber wer weiß, wir hatten auch schon mal 8 Windstärken aus West. Dann wären wir vermutlich genauso schnell in Santorin, wie in Malia. Etwa drei Kilometer vom Küstenort entfernt befindet sich eine bedeutende minoische Ausgrabungsstätte. Stadt und Ausgrabungsgelände werden wir wohl an Backbord liegen lassen.

Iraklion liegt auf dem Landweg etwa 35 Kilometer weiter westlich. Und sollte Aeolus einmal auf unserer Seite stehen, werden wir wohl auch Iraklion im Kielwasser hinter uns lassen. Knossos, ganz in der Nähe der Stadt, der bedeutendsten minoischen Ausgrabung Kretas, wird eine Anmutung wie Disneyland nachgesagt. Wir hatten bei Wein und Abendessen in Köln hierzu schon umfangreiche Fachberatung durch einen befreundeten Archäologen aus Berlin.

Auf dem weiteren Weg nach Akroti finden wir noch einige kleine Ankerbuchten, von denen die meisten nach Norden offen sind. Auf der Ostseite schließt die Halbinsel Akroti mit dem „Festland“ Kretas einen Naturhafen ein, der jedoch zum Großteil als militärisches Sperrgebiet ausgewiesen ist. So wäre es für uns ein Umweg in diese Bucht einzulaufen. In der ausladenden Bucht östlich der Halbinsel befindet sich Chania. Auch hier wollen wir aber nur einlaufen, wenn das Wetter uns keine andere Wahl lässt und eine Nacht vor Anker unmöglich ist.

Unsere Hoffnung liegt also in ruhigem Ankerwetter um der Halbinsel Akroti einen Besuch abzustatten. Vor Stavros, dem Ort, der durch die Alexis Zorbas Verfilmung zu Weltruhm gelangte, gibt es mehrere gute Ankermöglichkeiten bei unterschiedlicher Wetterlage. Stavros befindet sich nur wenige Meilen weiter westlich des kleinen „Hafens“ des Klosters Katoliko.

Der letzte Tag vor Kretas Küsten ist dann der Lagune von Balos, bzw. Gramvousa gewidmet. Die Lagune ist eine der großen Naturattraktionen Kretas. Hierzu mehr siehe Routenplanung. Am Samstag wollen wir dann Kreta endgültig den Rücken, bzw. das Heck zukehren. Die Inseln Kithyra und Antikythira, die auf Halber Strecke zum Peloponnes liegen, werden schon zu den Ionischen Inseln gezählt.

Marcel, 29. 05. 2010

Ludwig Salvator: Wintertage auf Ithaka. Archäologische Plaudereien und geschichtliche Winke  (Originaltext)

(mehr …)

Marcel, 29. 05. 2010

Aus Leo Woerls Biographie Ludwig Salvators (Siehe Reisebegleiter) mit Originalzitaten aus Paxos und Antipaxos von 1889:

Klein und scheinbar unbedeutend, wurden Paxos und Antipaxos bisher nie selbständig geschildert, sondern bloss bei den vielen Reisebeschreibungen der schönen grossen Nachbarinsel Korfú nebensächlich behandelt, und doch sind es reizende Eilande voll grossartiger Naturschönheiten, die eine grössere Würdigung seitens der vielen, die übrigen jonischen Inseln besuchenden Fremden verdienen.

(mehr …)

Joanna, 26. 05. 2010

Der Film “Alexis Sorbas”

Der Regisseur Michael Cacoyannis/Kakogiannis adaptierte hiermit die weltberühmten gleichnamigen Roman von Nicos Kazantzakis. K., der den Regisseur kannte, hat ihn bereits vor Jahren auf den eigenen, gut zu verfilmenden Romanstoff aufmerksam gemacht. Der Film wurde jedoch erst nach dem Tod des Autors in Angriff genommen.

Entsprechend der Vorlage, spielt der Film auf Kreta – und nicht auf der Halbinsel Mani, wo K. und Zorbas ihr Bergwerk hatten.

Der Film bekam drei Oskars und wurde für sieben nominiert:

Für die Kamerarbeit von Walter Lassaly, für die Musik und für die beste Nebenrolle die Schauspielerin Irene Papas.

Der Hauptdarsteller Anthony Quinn war nominiert, ging aber leer aus.

Dennoch hat die Griechische Regierung im Überschwang der Stunde Quinn eine kleine Bucht auf Kreta geschenkt. Später zurückgenommen (keine feine Art), doch die Bucht heißt immer noch Anthony Quinn.

Die Drehorte auf Kreta

Es gibt vor allem drei Drehorte auf Kreta:

Das Bergdorf Kókkino Chorió

Lange Zeit nur unter Filmkennern bekannt. Dort wurden die meisten Dorfszenen gedreht, vor allem die im Dorfkafeníon, das auch noch heute existiert. Es ist gleichzeitig auch ein Mini-Dorfladen (Raki zum abfüllen in Flaschen!). Aber Vorsicht, genau gegenüber gibt es ein Kafeníon, dessen Besitzer die Touristen und die Einheimischen davon überzeugten möchte, hier haben die Dreharbeiten statt gefunden. Dabei hat er nur als Statist mit den meisten der Dorfbewohner am Film mitgewirkt. Der Betreiber des echte Kafeníons nimmt es mit bemerkenswerter Gelassenheit, indem darauf hinweist, das andere Café gab es damals noch nicht…

Das Dorf selbst hat eine wunderbare Lage über der Souda-Bucht mit ruhigen Gäßchen. Seine zweite Attraktion ist eine Glasbläserei im unauffälligen Gebäude am Ortseingang (mit einem Altglaslager davor). An Wochentagen ist Zuschauen und Fotografieren erlaubt. Und schließlich auch ein  Atelier des deutschen Malers (Hinterglasmalerei) mit dem Künstlernamen Antónios o Santorínios.

Das Fischerdorf Stavros und den Strand von Stavros.

Weblinks

http://stigmes.gr/br/brpages/articles/lassaly.htm

http://www.hellenica.de/Griechenland/Film/MichaelCacoyannis.html

http://www.hellenica.de/Griechenland/Film/AlexisSorbas.html

http://www.kreta-treff.de/kokkino-chorio/artikel/2504-der-drehort-des-films-alexis-zorbas

 

http://www.hellenica.de/Griechenland/Film/MichaelCacoyannis.htm
Joanna, 26. 05. 2010

Nikos Kazantzakis

Νίκος Καζαντζάκης

* 19. Februarjul./ 3. März 1883greg. in Iraklion, Kreta, Osmanisches Reich † 26. Oktober 1957 in Freiburg im Breisgau (an Krebs).

K. war einer der bedeutendsten griechischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.

Ich muß zugeben, daß Kazantzakis mir bis dato zwar als Autor des Buches »Alexis Sorbas« bekannt war, doch habe ich (bisher) nicht mal dieses Buch gelesen, sondern wie die meisten den gleichnamigen Film gesehen. Und lang ist es her…

Mittlerweile habe ich mit Vergnügen seine Autobiographie “Rechenschaft vor El Greco” (in der Bordbibliothek) gelesen – wunderbare Sprache, wenn auch etwas verschachtelt, teils pathetisch, teils beschreibungsmächtig (doch mag ich genau das). Ich bin froh diesen Autor kennengelernt zu haben und zwar genau über seine Autobiographie, die sein bewegtes Leben und einen Einblick in die Gedankenwelt des Autors freilegt!

Biographisches

Kazantzakis stammte, wie man so sagt, aus kleinen Verhältnissen und wuchs in der damals von den Türken besetzten Stadt Iraklion, die noch “Megalo Kastro” hieß (K. spricht in seiner Autobiographie von „dem Kastell“), auf.

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Haus seiner Geburt in Iraklion 1883.

»Sein Vater, Michalis Kazantzakis (1856-1932), war Händler und Grundbesitzer und stammte aus dem Dorf Barbaroi (heutiges Myrtia) aus der Provinz Heraklion. „Als wilder und unzugänglicher Mann“, herrschsüchtig und streng, auf einen unbeugsamen, moralischen Code fixiert, verlangt er von seinem Sohn, die Tradition der Familie und die kretische Herkunft zu ehren. Selten wird er ihn für welche Errungenschaften auch immer loben und noch seltener wird er ihm Zärtlichkeit zeigen. Ein Ausgleich für die väterliche Strenge wird die mütterliche Liebe sein. Als „Heilige Frau“ charakterisiert Kazantzakis seine Mutter, Maria Christodoulaki (1862-1932), die aus dem Dorf Asyrtoi der Provinz Mylopotamos in Rethymnon stammt.«

[Zitiert aus der Homepage des Kazantzakis-Museum in Iraklion]

K. studierte Rechtswissenschaft – kein ungewöhnliches Studienfach für die damalige Intelligenzija – in Athen von 1902 bis 1906. Bereits 1907 wurde er mit seinem Erstlingswerk »Der Tag bricht an« in Griechenland berühmt. 1909 ging er zum weiteren Studium nach Paris, wo er in das Collège de France eintrat und Staatswissenschaften studierte.
Daneben hörte er Vorlesungen und besuchte Seminare von keinem geringeren als dem Nobelpreisträger (allerdings für Literatur) und Philosophen Henri Bergson.  Er wurden zu seinem wichtigsten Lehrer, wie K. selbst vermerkte. In dieser Zeit entstanden weitere Romane, Dramen und philosophische Texte.
Kazantzakis schloß sein Studium mit einer Dissertation über Friedrich Nietzsche ab – in seinem Buch “El Greco” nennt er Nietzsche als seinen großen geistigen Lehrer, dem er viel zu verdanken hat – und kehrte 1909 nach Griechenland zurück. Dort lernte er die junge Intellektuelle Galatea Alexiou kennen, die er 1911 heiratete. Sie war selbst Schriftstellerin (Kinderbücher) und selbständig tätig. In dieser Zeit arbeitet K. mit seiner Frau zusammen, indem er europäische Schriftsteller ins Neugriechische übersetzte. Die Ehe scheiterte und wurde 1926 geschieden. Danach beginnt die „große Wanderzeit“ K.s, in der er viele Reisen innerhalb Griechenlands und Europas unternimmt.

Reisen: zweite Lebensphase

“Er bereist unter anderem Griechenland, Deutschland, Österreich, die Schweiz, Russland, China, Japan, Italien, Ägypten, Palästina, Spanien. In einigen Ländern ist er zu Besuch, in anderen lässt er sich für eine kurze Zeit nieder. Er arbeitet als Journalist, Auslandskorrespondent, Übersetzer, Autor und engagiert sich in der griechischen Politik.
Einige Monate lang wird er Generaldirektor des Ministeriums für Soziales unter Venizelos (1919 – 1920). Er organisiert die Repatriierung von 150.000 Griechen aus dem Kaukasus. In dieser Phase seines Lebens entstehen wichtige Übersetzungen (Dantes „Göttliche Komödie“, Goethes „Faust“), das Werk „Askitiki“ und viele Reiseberichte.
Immer wieder bereist Kazantzakis die Sowjetunion. Er begeistert sich für die Ideen des Kommunismus und des Sozialismus, schreibt Drehbücher, Essays und Artikel in der Prawda. Wegen seiner politischen Aktivitäten wird Kazantzakis in Griechenland sogar kurzfristig verhaftet. Nach einiger Zeit wendet er sich jedoch enttäuscht vom Kommunismus ab. Nikos Kazantzakis hat sich in seinem Leben für viele Ideale leidenschaftlich eingesetzt. Doch schließlich sagt er selbst: „Ich war ein Küfer, ein Anwalt der Katharevousa, ein Nationalist, ein Anwalt der Demotiki, ein Intellektueller, ein Poet, ein religiöser Fanatiker, ein Atheist, ein Ästhet – und nichts davon kann mich je wieder täuschen.““

Im Jahr 1936 findet Kazantzakis zum ersten Mal eine Heimat. Er lässt sich auf der Insel Ägina nieder. Kazantzakis lebt jetzt mit seiner langjährigen Weggefährtin Eleni Samiou zusammen, die er 1945 heiraten wird. Es beginnt eine sehr produktive Zeit des Autors. Er beendet eines seiner Hauptwerke, die „Odyssee“, beginnt „Alexis Zorbas“, „Die letzte Versuchung Christi“, „Freiheit oder Tod“ und arbeitet an seinem Werk über Buddha. Außerdem ist er weiterhin in der Politik aktiv, unternimmt Reisen und arbeitet ein Jahr lang für die UNESCO.”

[Zitiert aus der Homepage “Hellenica.de”, die wiederum einiges aus Wikipedia übernommen hat]


K. und Eleni Samiou: letzte Lebensphase

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Von Eleni, seiner zweiten Ehefrau, berichtet die Biographie des Kazantzakis-Museums online:

“Die erste Begegnung Kazantzakis mit Eleni Samiou fand im Mai 1924 bei dem Wanderverein in Pendeli statt. Einige Monate später verbringen die beiden den Sommer in der einsamen Bucht von Lentas, südlich von Heraklion, daraufhin besucht „Lenotschka“ ihn im September 1925 in Ägina.

1928 fährt sie nach Moskau, um ihn dort zu treffen. Das war der Anfang ihres gemeinsamen Lebens, der auf ein gegenseitiges Versprechen absoluter Hingabe beruhte. Ihre Hochzeit fand im November 1945 statt, mit Angelos und Anna Sikelianos als Trauzeugen.

Eleni stand mit voller Treue und unermüdlich an Kazantzakis Seite. Sie folgte ihm überall hin, akzeptierte sein sprunghaftes Leben, sorgte sich um alle praktischen Probleme, kümmerte sich um das Tippen seiner Werke, antwortete auf Briefe und sammelte die Kritiken, die von der Presse veröffentlicht wurden.

Nach seinem Tod übernahm sie die Förderung seiner Werke, die Rettung des unveröffentlichten Materials, der Schreiben, Notizen und seiner Tagebücher.”

[Museum-Online]

Es ist offensichtlich, daß das Versprechen “der absoluten Hingabe” ziemlich einseitig ausgefallen ist. Und so verwundert es auch nicht, daß gerade diese Beziehung bis zu seinem Tod gehalten und hervorragend funktioniert hat. All die anderen Verhältnisse zu bedeutenden, sog. “starken Frauen”, haben ihn sicherlich viel bedeutet – temporär – für seine eigene Arbeit war aber jemand so hingebungsvolles, wie er es aus dem klassischen Verhältnis seiner Eltern her kannte, sicherlich dienlicher.

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Abb.: 1937 in Ägina und in 1954 in Antibes

“Seine letzten Jahre sind durch die Arbeit als Schriftsteller geprägt. Er zieht 1948 gemeinsam mit seiner Frau Eleni nach Antibes (Südfrankreich). Es erscheinen „Alexis Zorbas“, „Die letzte Versuchung Christi“ und „Die griechische Passion“. Die katholische und die orthodoxe Kirche verfolgen Kazantzakis aufgrund der Bücher und der darin bestehenden Auslegungen des Lebens Christi und der kritischen Darstellung der großen Kirchen. Der Papst setzt „Die letzte Versuchung Christi“ auf den Index der verbotenen Bücher (1954). Dies macht Kazantzakis endgültig weltbekannt.

Im Jahr 1953 wird bei Nikos Kazantzakis Leukämie diagnostiziert. In den letzten Jahren, die ihm verbleiben, beendet Kazantzakis die Bücher „Kapitän Michalis“, den autobiografischen Roman „Rechenschaft vor El Greco“ und „Mein Franz von Assisi“.
1956 wird ihm in Wien der internationale Lenin-Friedenspreis verliehen.

Im folgenden Jahr 1957 stirbt Kazantzakis, von den Folgen seiner Krebserkrankung gezeichnet, nach einer Reise nach China in Freiburg im Breisgau an einer zu spät therapierten asiatischen Grippe.”

[s.o. “Hellenica.de“]

Sein Grab befindet sich in Iraklion auf der Bastion.

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Die Grabinschrift lautet:

„Δεν ελπίζω τίποτα. Δε φοβʊμαι τίποτα. Είμαι λέφτερος.“
„Den elpízo típota. De fovoúme típota. Íme léfteros.”
“Ich erhoffe nichts. Ich fürchte nichts. Ich bin frei.“

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Wenn man seinen geistigen Werdegang kennt, seine Vorliebe für Buddha, Nietzsche, Franz von Assisi, dann versteht man den Sinn der Inschrift erst im ganzen Umfang.

Auf den Spuren von “Alexis Sorbas” alias Georgios Zorbas

Iraklion ist zwar die Stadt seiner Geburt, Jugend und auch die Stadt seiner letzten Ruhestätte, aber berühmt wurde er durch ein Buch, das in Teilen deutlich autobiographische Züge trägt und sich auf Máni abspielt. Kazantzakis hatte in Prastova, einem winzigen Ort auf der Halbinsel Máni, zusammen mit seinem Freund Georgios Zorbas, den er auf dem heiligen Berg Arthos kennenlernte, in den Jahren 1916 bis 1917 ein Bergwerk gepachtete und versuchte, damit ‚das große Geld‘ zu machen.
Das Bergwerk ist noch heute, wenn auch im ruinösen Zustand (ein Stollen) in der Nähe des Fischerdorfes Prastova zu entdecken. Prestova selbst, wo Kazantzakis in der Zeit wohnte, ist heute zu einem bloßen Vorort von Stoupa, einem touristisch eingenommen Ort auf Máni, verkommen. Einige Quellen berichten – oder stellen es sich recht romantisch vor -, daß Kazantzakis dort seinen Roman »Alexis Sorbas«, der ihm den internationalen Ruhm brachte, entwarf oder bereits schon daran schrieb: während er nach der getanen Bergarbeit seine Füße im Meer am Stand von Prestova kühlte… auf jeden Fall eine nette Vorstellung, und warum sollte sie nicht für uns wahr sein?

Andere Quellen sehen die Entstehung des Buches erst 30 Jahre später und zwar auf der nordgriechischen Insel Ägina (s.o.), auf der Kazantzakis von 1936 bis 1948 lebte (in einem nahe des Leuchtturms an der Nordwestecke der Insel gelegenen Haus, heute noch vorhanden). Tatsache ist wohl, daß das Buch dort auf jeden Fall vollendet wurde. (Aber K. schrieb seine Bücher mehrmals um und neu…)

Auch wenn das Unternehmen am Bergwerk aus Prastova finanziell scheiterte, so lieferten die Zustände und Erfahrungen, die K. in dieser Zeitspanne sammelte, die Vorlage für »Alexis Sorbas«. Dort ist nicht nur die geographisch-ökonomische Hintergrund – das Bergwerk – dem eigenen Unternehmen entliehen, sondern vor allem die Figur “Alexis Sorbars” und die Beziehung des Protagonisten zu einem jungen Engländer. Kazantzakis setzte damit seinem Freund und Mitpächter Georgios Zorbas, den er auf einen seiner Reisen auf dem Heiligen Berg Athos kennengelernt hatte, ein literarisches Denkmal.

Prastova ist längst ein Vorort von Stoupa (wenn man vom Norden her kommt) geworden, doch der Strand des ehem. Fischerdorfes Prastova wirbt immer noch mit der “ursprünglich gebliebenen Magie”, das auch Kazantzakis und Zorbas einnahm. Sie sollen eine kleine Hütte unter den Eukalyptusbäumen am Rand vom Kalogria-Strand bewohnt haben.

Der echte Zorbas

Hier ein Zeitungsfoto von dem echten Zorbas:

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Zorbas Leben

Georgios Zorbas (Γιώργης Ζορμπάς) wurde ca. (c. 1867 in Katafygi, West-Pieria, Makedonien, geboren, also noch zur Zeit der Türkisch-Osmanischen Herrschaft. Er war der Sohn von Fotio Zorbas, einem wohlhabenden Landbesitzer und Schafzüchter, bei dem er zunächst auf den Feldern arbeitete. Später ging er nach Palaiochori (Chalkidiki), wo er als Minenarbeiter für die französiche Gesellschaft in Gisvoro arbeitete. Er freundete sich mit dem Minenverwalter Iannis Kalkounis (Γιάννης Καλκούνης) und ehelichte seine Tochter Eleni Kalkounis. Mit ihr hatte er 13 (oder 8?) Kinder. Der Krieg und der Tod seiner Frau brachte eine negative Wende in sein Leben (lebte dort bis 1913).

Eine gewisse Zeit verbrachte er bei seinem Bruder Georgios, der ein Mönch und Arzt war. 1915 entschloß er sich, Mönch zu werden, und verließ seine Familie, um ins Kloster auf dem Heiligen Berg Arthos zu gehen. Dort traf er auf Nicos Kazantzakis und wurde sein engster Freund und der spätere Minenverwalter (oder Vorarbeiter) von Prastova. Nach den Stolleneinstürzen und der Aufgabe der Mine trennten sich die Freunde nicht sofort, denn Zorbas begleitete K. auf seiner Rettungsaktion der griechischen Landsleute aus dem Kaukasus (“Kleinasiatische Katastrophe”). Allerdings ist mir nicht ganz klar, um welche Welle der Vertreibung es sich handelt (1913, 1921, 1944). Erst danach gingen sie getrennte Wege – sie haben sich sporadisch aber regelmäßig geschrieben, gesehen haben sie sich nie wieder. K. berichtet von der eigenen Schuld an diesem Zustand: er habe immer gezaudert und abgewogen, die Reise verschoben, was er (natürlich) bedauerte.

Zorbas wanderte wiederum 1916 nach Skopje in Mazedonien (ehem. Jugoslawien) aus, dort ließ er sich nieder, übte verschiedene Tätigkeiten aus bis er schließlich ein Magnesit-Bergwerk betrieb, er heiratete erneut (er soll noch mit zwei Russinnen verheiratet gewesen sein) und bekam aus dieser Ehe Kinder. 1942 starb er und wurde in Butel, eine Gemeinde in Skopje, auf dem dortigen Friedhof beerdigt.

Kazantzaki soll die Nachricht von Zorbas‘ Tod (ein Brief eines Schullehrers aus der Ortschaft) zum Auslöser geworden sein, über seinen Freund und die gem. Freundschaft ein „literarisches Denkmal“ zu verfassen. Ein langes Kapitel in “Rechenschaft vor El Greco” macht die tiefe Bedeutung dieser Freundschaft und die außergewöhnliche Rolle, die die Person Zorbas für K. hatte, deutlich. Dieses “literarische Denkmal” für Zorbas war ein großer Entwurf, eine Art Lebensphilosophie für Kazantzakis. Er konnte nicht ahnen, daß einige Söhne und Töchter Zorbas an den Schilderungen der literarischen Figur Anstoß nehmen und als eine Ehrverletzung empfinden werden. Zu vagabundierend, zu lotterhaft, zu “frei” habe K. ihren Vater geschildert…

Zorbas und “Nachkommenschaft” heute

Dietmar Grieser – ein österreichischer Autor u.a. von “Piroschka, Sorbas und Co.” (1980) – begab sich auf die Spurensuche in der Stoupa-Gegend und hat einen schönen knappen Artikel dazu verfaßt und Online gestellt!

Online einzusehen auf der WWW.ZORBAS.DE Seite: Zorbas-heute.

Dort kann man nachlesen, wie einige der noch lebenden (griechischen) Kinder des echten Zorbas über ihren Vater und Kazantzakis’ Buch denken. Es ist nicht besonders schmeichelhaft, auch nicht besonders intelligent und vor allem verletzend für den damals schon sehr kranken Kanzantzakis, der wenige Monate vor seinem Tod einen unschönen Brief von einem Sohn Zorbas bekam.

Doch eins kann man sicherlich verstehen: den Ärger der einen noch in Stoupa lebenden Tochter darüber, daß der Vater, ein Wittwer mit 13 (oder 8) Kindern, sie alle alleine ließ und sich auf seinem abenteuerlichen Weg begab. Daß Kazantzakis an Zorbas vor allem seine freiheitsliebende Natur, seine Sicht auf die Welt, seinen Humor und seine Agilität liebte, ist verständlich. Daß er die andere aber daraus resultierende Seite – die Verantwortungslosigkeit, den Egoismus – nicht sah oder nicht sehen wollte, liegt sicherlich auch an der eigenen Lebenseinstellung und der ‘männlich-dominanten’ Erziehung.

Die Verbitterung der Kinder ist nachvollziehbar, denn wie so häufig bei berühmten Eltern, werden die Kinder nur aufgrund ihres Verwandtschaftsgrades nicht völlig der Vergessenheit überlassen. Auch war Zorbas fraglos ein ‘kalter’ Vater, der auch nach Selbstaussagen sich tatsächlich nicht um das Schicksal seiner Kinder (oder der Ehefrauen) kümmerte.

Ein weiterer lesenswerter Artikel (auf Englisch) ist unter “Zorba the Greek Unmasked. Chorba the Macedonian” (von Dr. Alex K. Gigeroff) als PDF herunterzuladen.

Hier ist die Kohlenmiene aus der Zeit von K. & Zorbas zu sehen und sein Haus in Prastova:

zorbashome


Der Zugang zu der Kohlenminde existiert noch, ist aber nicht ganz einfach zu finden, versteckt in einem Olivenhain. In den 1940er Jahren hat man noch einmal versucht, die Mine zu nutzen, ohne Erfolg. Einige Gerätschaften sollen aus der Zeit noch vor dem Eingang herum liegen.

Auch das Haus, in dem Zorbas lebte, gibt es noch. Und es sieht für unsere  stahlbetongewöhnten Augen recht hübsch aus. Wenn es noch stimmt, dann hat das Haus ein deutscher Künstler gekauft, der sich – begeistert von dem “Sorbas”-Buch und der dort vermittelten Lebensstimmung – in den 1980er Jahren nach Mani aufmachte, um hier sein Glück kaum fassen zu können, als ihm dieses Haus (für wenig Geld, das aber für die damalige Mani-Verhältnisse schon Touristenpreis war) angeboten wurde. Er weiß es also sehr zu schätzen und hält es im ‚reduzierten Zustand‘, der an den berühmten Mann erinnern soll (so z.B. ein Stück Kohle, die nie verheizt wird!) Was ihn am meisten sorgt, ist die Möglichkeit, sich nicht mehr vor zudringlichen “Sorbas-Touristen“ retten zu können. … Daher überlegen wir, ob es denn ratsam ist, diesen Ort und den ruhesuchenden Bewohner aufzusuchen.

Verfilmungen

Vier Romane Kazantzakis sind bisher verfilmt worden. An erster Stelle ist der berühmt gewordene Filmklassiker “Alexis Sorbas” mit Anthony Quinn in der Hauptrolle zu nennen. Aber auch “Die letzte Versuchung Christi“ und “Der Mann, der sterben muß” sind von namenhaften Regisseuren realisiert worden. Leider ist der letztgenannte nicht aufzutreiben! “Alexis Sorbas” geht natürlich mit auf die Reise an Bord.

  • 1957: Der Mann, der sterben muss (Celui qui doit mourir; Regie: Jules Dassin) nach dem Roman Griechische Passion
  • 1964: Alexis Sorbas (Zorbas The Greek; Regie: Michael Cacoyannis; mit Anthony Quinn)
  • 1978: Höllenkommando Kreta (Dawn of victory; Regie: Dimis Dadiras)
  • 1988: Die letzte Versuchung Christi (The last temptation of Christ; Regie: Martin Scorsese), übrigens ein hervorragender Film und einer der Besten Bibelinterpretationen von Judas, die ich kenne! Mit einer hervorragenden Filmmusik von Peter Gabriel! (Marcel)

Literarische & filmische Begleitung

  • Alexis Sorbas. Abenteuer auf Kreta (1946, Βίος και πολιτεία του Αλέξη Ζορμπά, Vios ke politia tou Alexi Zorba; dt. 1952) –> bei uns in der Bordbibliothek befindet sich allerdings nur der Film.
  • Rechenschaft vor El Greco (1961, Αναφορά στον Γκρέκο, Anafora ston Greko; Berlin: Herbig)
  • Im Zauber der griechischen Landschaft (Aufsätze, dt.: 1988, A.L.G. Müller Verlag, München)

Weblinks

Historisches Museum Kreta

Kurzer Artikel mit Fotos zu Eleni

Zorbas-Homepage (privat) aus Stoupa