Marcel, 17. 06. 2010

Nur 2,5sm von Gaios nach Norden liegt der kleine, ruhige Ort Longos (Loggos), den wir uns für den letzten Tag vor der Überfahrt nach Korfu aussuchen. Das Bild wird geprägt von einem winzigen Fischerhafen, gerahmt von ein paar Häusern und einer Handvoll Tavernen. Daneben steht die Ruine einer alten Olivenöl- und Seifenfabrik mit einem gemauerten Kamin. Von den, in den Reiseführern beschriebenen Plänen, die Fabrik in ein Hotel umzubauen, ist man scheinbar noch weit entfernt. In diesem verfallenen Zustand unterstreicht die Ruine aber das romantische Bild, welches man sich bei Annäherung von See von Longos macht. Einzig eine fährenähnliche, riesige Motoryacht zerstört dieses Gemälde. Anstatt in der Bucht zu ankern, fallen die Anker gute 200m vor einem kleinen Anleger, an welchem das Monstrum mit dem Heck festmacht. Die Gäste der drei Tavernen schauen jetzt anstatt aufs Meer und in die Bucht hinaus, auf einen bierbäuchigen Engländer in zu kurzer Badehose, der wie Jabba the Hutt auf dem Achterdeck herumwabert.

Der Ort besteht aus zwei Straßen, von denen sich die eine leider zwischen den Fischerbooten und den seeseitigen Restaurants entlang schlängelt. Auch der Linienbus zwängt sich über den nur wenige Meter breiten Asphalt. Davon abgesehen ist der Ort die Ruhe selbst. In einer Ecke nahe der alten Fabrik ist ein Katzenasyl eingerichtet. Eigentlich sind die Griechen nicht für ihre Liebe zu Hunden und Katzen berühmt, zu streunenden Tieren schon gar nicht. Wir spenden einen Sack Katzenfutter und schlendern weiter in der Hitze des Nachmittags durch die Gassen. Es gibt ein altes Schulgebäude in dem im Spätsommer ein über die Insel hinaus bekanntes Klassik-Festival statt findet.

Unter anderem soll sich in Longos der beste Koch der Insel niedergelassen haben. Man bekommt “neue griechische Küche” serviert. Am Nachmittag wollen wir uns das WM Spiel der Griechen anschauen und die gastronautische Reise bei jenem Vassili abschließen, der so gelobt wird. Denn für den morgigen Abend in Gouviá auf Korfu machen wir uns nicht so große Hoffnungen auf einen kulinarischen Höhepunkt.

Die Griechen gewinnen dann ihr Spiel mit 2:1 und sichern sich den Verbleib im Turnier. Das scheint die Einheimischen aber nur beiläufig zu interessieren. Die Gäste in den Bars schlürfen unaufgeregt ihre Limonaden. Bei Vassilis bekommen wir Lachscarpaccio mit Orangen-Chili-Gelee und frischen Seeigel in Öl und Zitrone (s. unter „Gastronautisches“). Der Chardonnay aus organischem Anbau rundet das Dinner fantastisch ab. Es hat sich also gelohnt.

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Marcel, 16. 06. 2010

Der Sage nach hat Poseidon mit seinem Dreizack die Insel von der Südspitze Korfus abgetrennt, um ein geschütztes Liebesnest für sich und seine Geliebte Amphitrite zu schaffen. Der Dreizack ist daher das Emblem der Insel. Er wird von zwei springenden Delphinen gerahmt. Der Hauptort der Insel, Gaios, ist durch einen nur wenige Meter breiten Kanal von den vorgelagerten Inseln Ag. Nikolaos und Panaghia getrennt. Der Kanal, der an manchen Stellen lediglich 2,5m tief ist, hat die Anmutung eines Flusshafens. Am Ufer stehen noch einige alte Häuser im venezianischen Stil. Nach der „Flussfahrt“ um die Inseln herum, ankern wir auf 7m Wassertiefe vor der Inselkapelle Ag. Nikolaos, außerhalb des Hafens, neben einem Japaner.

In den 60er Jahren gab es auf Paxos lediglich ein richtiges Dorf, Gaios. Auf der gesamten Insel zählte man nur ein paar hundert Seelen. Gaios bestand aus zwei Straßen und dem Kirchplatz, der zur Hafenmole hin geöffnet ist. Heute tummeln sich in Gaios eine Taverne neben der anderen. Der Ort zählt zu einem Highlight des Yachttourismus auf den Ionischen Inseln und hat sich entsprechend gemausert.

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Marcel, 14. 06. 2010

Ein unspektakulärer Name für einen unspektakulären Ort – Poros auf Kefalonia. Eher unfreiwillig, um die Strecke in denn Norden Keffalonias oder nach Ithaka abzukürzen landen wir in diesem halbfertigen Örtchen, der durchaus mehr Potential hätte. In der Mitte des Ortes, der sich hinter einem Strand an den Berghang schmiegt, öffnet sich eine Schlucht, aus der im Winter das Wasser aus den umliegenden Bergen ins Meer strömt. Im Norden des Ortes ein kleiner Hafen, in dem riesige Fähren nach Athen und auf den Peloponnes manövrieren. Doch der Ort selber hat den Charme einer stillgelegten Baustelle. Jedes zweite Hotel ist über das Erdgeschoss nicht hinaus gekommen, daneben Gerippe von gerade begonnenen Baustellen. Von der einst prächtigen venezianischen Architektur der Ionischen Inseln, die bei einem verheerenden Erdbeben in den 1950er Jahren fast vollständig zerstört wurde, hat sich hier niemand etwas abgeschaut.

Wir machen uns auf die Suche nach einer im Reiseführer empfohlenen Taverne (eigener Weinbau, eigenes Gemüse), verwechseln den Namen und sitzen bei einem hektischen, aber freundlichen Franko-Griechen, der uns aus der eh spärlichen Speisekarte aufzählt, was alles nicht aus ist, da die heimreisenden Athener vor Abfahrt der letzten Fähre alles weggegessen hätten.

Immerhin gewinnt Deutschland an diesem Abend das erste WM-Spiel in Südafrika gegen Australien mit 4:0!

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Die Nacht vor Anker beginnt unruhig. Joannas Vertrauen in den Anker an sich und an meine Ankertechnik bedarf noch der Aufbesserung. Der Wind frischt teilweise auf 4bf auf, die Dünung steht auflandig, doch der Anker hält bombenfest! In der Nacht wird es wieder ruhiger, der Wind dreht ablandig und auch Joanna kann wieder an Schlaf denken.

Marcel, 13. 06. 2010

Die Laganas Bucht verlassen wir gegen Mittag. Die schroffen, weißen Kalksteinfelsen der SW-Küste lassen wir an Steuerbord vorbei ziehen. Die Felswände fallen schroff ins Meer, alle paar Meter spicken kleine weiße Strände und dunkle Höhleneingänge die Küstenlinie. Davor türkis schimmerndes Wasser. Oben auf den Felsen dichte grüne Vegetation, die im Küstenverlauf spärlicher wird und in Macchia und Phrygana, dorniges, hartes Gestrüpp, übergeht.

Wind 2 aus NW, natürlich von vorne; sonnig, 28°C, 1013hPa, Welle 0-0,5m.

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Um 1430 erreichen wir den Shipwreck Beach Navagio, der nach einem in den 1970er Jahren gestrandeten Frachter benannt ist. Blauer kann man sich das Wasser kaum vorstellen. Eigerahmt in die für die Westküste typischen steilen Felswände. Auch dieser Strand ist nur mit dem Boot zu erreichen, weshalb sich einige Ausflugsboote aus der Umgebung (und sogar aus Keri begleitete uns eines dieser bis auf den letzten Platz vollgepferchten Schaluppen) in der Bucht tummelten. Wenn die Leute aber erst einmal dort sind, die erste Begeisterung verklungen ist, und alle Fotos gemacht sind, beginnen sie sich schnell zu langweilen, klettern auf dem rostigen Wrack herum, werden aber dann wieder eingesammelt und zurück zu ihren Hotels gebracht. – Für Gruppenfahrten dieser Art konnte ich mich allerdings noch nie begeistern.

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Marcel, 12. 06. 2010

Um 1900 erreichen wir nach 70 Seemeilen die Bucht Ormos Kerios, der westliche Teil des Meeresnationalparks der Laganas Bucht. Die Strände der Bucht sind die wichtigsten Brutplätze der Karettschildkröten im Mittelmeer. Leider halten sich viele Einheimische und um so mehr Touristen nicht an die Vorschriften, die entsprechenden Strände zu schonen. Wir ankern im westlichen Teil der Bucht vor Limni Keriou, innerhalb der Schutzzone C, dem einzigen Bereich, in dem es erlaubt ist zu ankern.

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Mein letzter Tauchgang liegt mehr als zwei Jahre zurück. An meinem Geburtstag im Jahr 2008 war ich in Phuket, Thailand zum letzten Mal unter der Wasserlinie aktiv. Es war jedoch einfacher, als gedacht. Vermutlich verhält es sich beim Tauchen, wie beim Fahrrad fahren. Einmal im Körpergedächtnis gespeichert, werden die Aktionen ohne Probleme abgerufen. Zusammenbau der Ausrüstung, der Schritt ins Wasser, Abtauchen, Maske ausblasen, Tarierung. Perfekt. Beide Tauchspots des Tages bieten jedoch lediglich Landschaftstauchen. Fische gibt es im Mittelmeer anscheinend kaum noch. Die Landschaft ist allerdings spektakulär. Ich setze unsere letzten Schluchtenwanderungen unter Wasser fort: Steil aufragende Wände, übereinandergeworfene Felsbrocken zum Drunterhertauchen und Höhlen in denen sich das Wasser leuchtend blau verfärbt.

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Marcel, 11. 06. 2010

Um 2040 erreichen wir die kleine Insel Sapientza. Natürlich wieder mit Gegenwind. Der Anker fällt in einer Einbuchtung im NW des Inselchens. Zum Abendessen gibt´s mal nichts Mediterranes, sondern eine Koreanische Suppe mit frischem Gemüse. Gegen 2230 kommt ein Schiff auf uns zu. Ein Fischer fragt, wann wir weiter fahren und macht uns darauf aufmerksam, dass er Netze in unserer Nähe auslegen würde.

Um uns herum hört man wiederholt ein hohes Fiepsen und Zirpen. Zuletzt sind wir von Fledermäusen ausgegangen. Das Geräusch ist nur schwer zu orten und macht den Eindruck, als ob es aus dem Wasser käme. Am Himmel ist nichts zu sehen.

Anker auf um 0540. Vorbei an Methoni und Pilos. Die Venezianer, die uns in den nächsten Tagen weiter begleiten werden, bauten auf der Landzunge Methonis eine riesige Festung. Der achteckige Bourzi-Turm, aus der Ferne als Schifffahrtszeichen auszumachen, wurde um 1500 von den Türken gebaut. Die Venezianer nannten ihn Torre di Lampara, was darauf hinweist, dass er schon zu damaligen Zeiten als Leuchtfeuer fungierte. Miguel Cervantes war um 1572 in Methoni unfreiwilliger Gast, als er in der Festung einsaß. Er war hier bei einem Eroberungsversuch Methonis als einfacher Soldat von den Türken inhaftiert worden. Erst im hohen Alter schrieb er Don Quixote und ließ dort seine gesammelten Lebenserfahrungen einfließen.

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Nur wenige Meilen weiter in Richtung NW liegt Pilos in der Bucht von Navarino, die von der langgestreckten Insel Skaktiria zum offenen Meer hin geschützt ist. Am 20.10.1827 fand in der Bucht der eine der wichtigsten und entscheidendsten Schlachten gegen die Ibrahim Pascha und die Türken statt. Die Bucht ist noch heute ein riesiger Schiffsfriedhof.

Marcel, 10. 06. 2010

Im von uns ungeliebten, weil aus Sicht eines auto- bzw. wohnmobilen Reisenden geschriebenen Peloponnes-Handbuch lesen wir, dass die ehemalige Haushälterin Sir Patrick Fermors, den die Einheimischen, sofern es noch solche gibt, die sich als Eingeborene bezeichnen können, Sir Paddy nennen, am kleinen Hafen von Kardanili eine Taverne führt. Diese ist natürlich sämtlich von “Professoren” bevölkert, wie Rod Heikell schreibt, die auf den Spuren Fermors wandern wollen, aber vermutlich zu Fuß noch nie aus Kardamili heraus gekommen sind. Das Essen ist jedoch gut. Der Wein mundet und die angebratenen weißen Bohnen mit Petersilie, Zwiebeln und Zitronensaft bieten eine willkommene Abwechslung zu den üblichen Greek Salads. Der alten Dame in betuchtem Alter waren die jungen Kellner kontrastreich entgegen gesetzt, perfekt Englisch sprechend, teilweise auch so aussehend, kümmerten sie sich um die Gäste, während sie etwas abseits an einem Runden Tisch sitzend den erhabenen Blick einer Regisseurin über die Szene schweifen ließ.

In der Nacht wieder bleischwere See ohne eine einzige Welle. Von der Terrasse der Taverne beobachten wir unser Ankerlicht in der Dunkelheit. Auch am Morgen weht noch kein Lüftchen. Ohne Frühstück landen wir im kleinen Hafen an und suchen den Wanderweg, der sich zwischen Olivenhainen an der Küste entlang zu einer kleine Kapelle im Miniaturformat schlängelt. Wenige Meter weiter stehen wir zwischen dicht stehenden, knorrigen Olivenbäumen hinter Fermors Haus. In einem Zimmer sind naturkundliche Zeichnungen an den Wänden auszumachen. Pflanzen oder schlangen? Das Anwesen steht erhöht auf einer Klippe und schaut auf den Messinischen Golf hinaus. Zur linken Hand des Feldweges ein Gäste- oder Arbeitshaus. Das gesamte Anwesen scheint belebt. Vielleicht ist der Meister, der Bruce Chatwins Asche in den Bergen oberhalb von Kardamili dem Wind und dem harten maniotischen Boden übergab, zugegen.

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Nach einem Mittagessen in einer Taverne oberhalb des Hafens (selbstverlesene Oliven! von denen wir ein Glas erwerben), besuchen wir zum Abschied von diesem wunderschönen Fleckchen Erde, die vorgelagerte Insel. Auf dieser steht die Ruine einer kleinen Kapelle. Auf dem Hügel zum Meer hin stehen Olivenbäume. Darunter finden wir wilden Fenchel für unser Abendessen!

Anker auf um 1530.

Marcel, 08. 06. 2010

Um 1700 fällt der Anker vor Kardamili. Wir ankern neben dem kleinen, dem Ort vorgelagerten Inselchen, Sir Patrick Leigh Fermors Haus in Sichtweite. Die Fensterläden scheinen geöffnet, auch in der Nacht brennt noch Licht. Ist der große Fermor wirklich zugegen. Joanna zumindest scheint den Geist des Meisters zu spüren…

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Marcel, 08. 06. 2010

Die Bucht erwacht Windstill. Wir gönnen uns einen Kaffee, dann geht´s mit dem Dingi an Land. Unser Ziel: Areopolis. Der Ort hieß ursprünglich Tsimova. Der Name Areopolis leitet sich vom Kriegsgott Ares ab. In Areopolis und Limeni residierte der Clan der Lokalfürsten der Mavromichali. Petrobey Mavrochichalis war eine bedeutende Figur im Kampf gegen die Türken zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Mani selbst hat sich, wie bereits berichtet, immer eine rlative Unabhängigkeit bewahrt. Der Mani-typische Wohnturm der Mavromiachali steht in Limeni und bietet uns eine passende Kulisse.

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Nach ein paar Windungen auf segend heißem Asphalt biegen wir einen Feldweg nach rechts ab, der uns, so hoffen wir, auf kurzem Wege zu dem höher gelegenen Örtchen bringt.

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Die Abkürzung verlief dann aber schnell im Sande. Etwa 500m unterhalb einer kleinen Kapelle brach der Weg in unsere Richtung ab. Es hieß also klettern. Über jahrhundertealte Mauern kraxelten wir den Berg hinauf. Die Kapelle bot willkommenen Schatten und hielt tatsächlich einen Fahrweg nach Areopolis bereit. Das Dorf war von hier bereits in Sichtweite.

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Areopolis bietet pittoreske aufgehübschte Fassaden und Gassen.

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In einer kleinen Backstube kaufen wir frisches Brot und Paximadia. Überall im Laden liegen Backbleche mit vorbereiteten Paximadias in vorgebackenem Zustand. Daneben Berge von Broten und an den Wänden Fotos der Familie.

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Neben der Bäckerei, gegenüber einer Kirche, die leider verschlossen ist, speisen wir zu Mittag. Kaninchen, Lamm, Gemüse, Kichererbsen gewürzt mit Dill und wildem Fenchel; dazu Zaziki und Feta und natürlich Weißwein und Wasser.