Marcel, 25. 08. 2010

Wir ankern auf 7m Wassertiefe an der Nordseite des Kap Rodon.

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Die Erlebnisse während der Fahrt: Delfine in einiger Entfernung zum Schiff und Dynamitfischer (!) am Kap Rodon. Die Delfine bleiben leider auf Distanz. Am Peloponnes haben wir noch erlebt, dass die Tiere dicht neben dem Schiff her schwimmen und sich im Bugwasser vor dem Schiff her schieben lassen. Erschrocken sind wir über die hiesigen Fischereimethoden. Erst ruckt es im Schiff und einen Augenblick später hört man die Explosion und sieht die Fontaine in die Höhe steigen. (Schall wird im Wasser ca. vier mal schneller übertragen als in der Luft.) An einem kleinen Strandabschnitt mit ramponierter Betonmole landen wir an. Eine albanische Familie – oder einfach nur viele Männer, eine Frau und ein paar Schmuddelkinder (tiefbraun und halb im Sand verbuddelt) –, die vor einem Bunker kampiert, lädt uns in bestem Deutsch zu deutschem Bier und gegrilltem Lamm (aus den darüber ragenden Bergen stammend) ein. Mit dem Argument, wir hätten schon gegessen, lehnen wir dankend ab und besichtigen eine im Ursprung byzantinische Kirche, die mit deutschen Mitteln restauriert wurde. Auch dort ist man äußerst gastfreundlich. Der italienisch sprechende Hüter der Kirche erläutert uns ein paar Sätze zu ihrer Geschichte. Zur Zeit des Sozialismus hat man hier leider alle Wandmalereien entfernt  – bis auf eine: den roten Doppelkopfadler der Familie Skanderberg.

Auf dem Rückweg nochmals die Einladung zu Lamm (oder vielleicht doch Hammel?).

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Eine kühle Quelle vor der Kirche.

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So wie auf diesem Bild könnte die Küste aussehen… wenn man nicht genauer hingucken bzw. anlanden würden. Denn dann bietet sich dem Fußgänger ein anderes Bild, das wir bisher ‘in natura’ noch nie gesehen haben. Griechenland hatte schon einiges an Müll zu bieten, doch dieser war nicht an den Stränden, hier hingegen türmen sich die Müllberge entlang der gesamten Halbinsel. Daß hier noch mit Dynamit gefischt – oder nach Skanderbergs Schätzen gesucht – wird, macht die Sache nicht angenehmer. Um so überraschter ist man über das neugierig-freundliche Ansinnen der Albaner, wie Marcel schon oben berichtete.

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Leider ist ein Großteil der Küste der Halbinsel mit Plastikmüll übersät.

DSC_3309 DSC_3310 Man findet allerlei… auch Hundereste.

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Wir fahren mit dem Dingi einige hundert Meter weiter die Halbinsel hinauf nach Westen. Das Wasser ist äußerst flach, überall kann man praktisch im Wasser stehen. Neben uns wieder die ‘Fischer’ mit Dynamit – jetzt allerdings begleitet von einem Taucher, so daß wir die berechtigte Hoffnung haben, nicht mit Dynamit hochzufliegen. An Müllbergen angelandet, stehen wir vor den Resten einer Kleinfestung, die der Befreier und Nationalheld Albaniens, Gjergj Kastrioti, genannt Skanderberg, im 15. Jahrhundert als Nachschubbasis genutzt haben soll. Viel ist nicht mehr übrig. Auch in der Kirche findet sich der Doppelkopfadler, das Symbol Skanderbergs. Das Fresko soll als Vorlage für die Nationalflagge Albaniens gedient haben!

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Ein Albaner, der vor einigen Jahren in Deutschland lebte, erzählt uns, dass er auch zum ersten mal die Burg besichtigt. Über unseren Köpfen wacht ein in den Sandstein gehauener Engel. Der Sandstein ist leider so porös, dass er bei der leichtesten Berührung zerfällt. Ein Wunder, dass dieses Mauerwerk die Zeit bis jetzt überdauert hat. Der Albaner berichtet, daß das Gelände, auf dem die Burganlage steht, ursprünglich viel breiter war, aber das Wasser sich große Stücke Land geholt hat. So ist es eine Frage der Zeit, wann die Burgüberreste im Wasser versinken.

Marcel, 22. 08. 2010

Der Tag bietet perfekten Segelwind mit 4bf – leider aber von vorne. Es heißt also wieder: Motor starten und gegen den Wind motoren. Gegen 1800 erreichen wir die Bristani Bucht, in der wir die Nacht verbringen wollen. Sie liegt am südwestlichen Teil der Karaburum-Halbinsel, die die große Bucht von Vlore einschließt. Bristani ist nach W und NW geöffnet. An ihrem hinteren südöstlichen Zipfel befindet sich ein kleiner Sandstrand mit verlassenen Militärgebäuden. Bunker zieren die Flanken der sich schnell zum Meer öffnenden Einfahrt der Bucht. Schon die gesamte albanische Küste haben sie uns begleitet: Kleine Ein-Mann-Bunker, die wie Champignons zu Tausenden aus dem Boden sprießen, dazwischen immer wieder größere Anlagen für schweres Gerät. Der paranoide Führer Albaniens, Enver Hoxha ließ im ganzen Land ca. 600.000! Bunker an strategisch wichtigen Punkten bauen. Extra dafür wurde die Betonindustrie umfangreich ausgebaut und teurer Spezialstahl importiert, auch wenn die Militärtechnologie schon längst überholt war. Die Pilzchen rotten jetzt in der Landschaft vor sich hin.

In der Nacht beginnen die üblichen Fallwinde das Tal hinab in die Bucht zu wehen. Die Nacht wird unruhig. Eine leichte Dünung von offener See trifft auf die starken Landwinde und schüttelt uns ordentlich durch. Erst am frühen morgen beruhigt sich die See.

Wir klarieren das Dingi, um uns die Bucht mit den verlassenen Militäranlagen und Bunkern und das bewaldete Tal anzuschauen, das die Bucht ins Hinterland verlängert. Keine Menschenseele treffen wir auf unserer Wanderung. Der alte Militärweg, der sich vom Strand aus in Richtung Süden schlängelt würde einen fantastischen Wanderweg abgeben. Leider mussten wir nach ein paar Stunden zum Schiff zurück, das wir unbeaufsichtigt in der Bucht vor Anker zurückgelassen haben.

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Gebrauchsanweisung für diverse Waffengattungen befinden sich noch an den Wänden der Bunker.


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Geschossen wird hier nur noch mit der Kamera und mit Schrot. Leere Patronenhülsen finden wir hier und da in  der Landschaft.


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Die etwas größeren Modelle der Bunker verbergen häufig ein Labyrinth aus Gängen und Türen im Fels. Es ist jedoch alles verlassen und leer.


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Joanna & Marcel, 26. 07. 2010

Mit dem Auto erkunden wir an zwei Tagen den Nordosten und Nordwesten der Insel Korfu. Die Küstenstraße schlängelt sich von Gouviá aus nach Norden und von dort Richtung Westen immer am Berghang entlang. Die ersten Kilometer sind geprägt von Bettenburgen, Wäldern aus Reklameschildern und Verkaufsständen voller Plastikmüll in Form von Sonnenschirmen, Luftmatratzen, Gummitieren, Strandspielzeug und billigen Devotionalien mit I ♥ Corfu-Aufdrucken. Stillere Ortschaften und einzelne Weiler findet man, wenn man sich von der Küstenstraße nach Westen in die Berge hinaufarbeitet. Am besten erfährt man die Landschaft zu Fuß. Wir stellen das Auto am Ende einer asphaltierten Straße ab und satteln die Rücksäcke. Eine kleine Betonstraße quält sich in praller Mittagssonne den Berg hinauf. Die Vegetation trocken und verbrannt. Oben findet sich ein von der EU finanzierter verlassener Parkplatz mit kleineren Neubauruinen – vielleicht Toilettenhäußchen? Hier oben?

Auf einem engen Fußweg beginnen wir von hier den Abstieg in den Schlund der Erde. Plötzlich ist es um uns herum dicht und tiefgrün bewachsen. Eine Smaragdeidechse huscht in die Büsche, kurz bevor ich den Auslöser des Fotoapparats drücken kann. Immer tiefer geht es hinunter bis uns eine von Tropfsteinen bewachsene Felsendecke die Sonne nimmt. Es ist sofort spürbar kühler. Ganz unten hört man Wasser tropfen. Unsere Stimmen werden von den Felswänden zurückgeworfen. Nach einer kleinen Pause steigen wir den Hang wieder hinauf und gehen zurück zum Auto.


Suchbild


Lagune bei Pelekito – Palio Perithia – Westküste


Der schönste Part unserer mehrfachen Versuche, mit dem Wander-Rother eine straßen- und hotelfreie Wanderung zu finden. Das Wasser war überraschenderweise sehr kalt und die Buchten nicht überlaufen. Ich traute meinen Augen nicht! Denn bis dahin hatten wie keine besonders angenehme Erfahrungen mit dem Tourismus- und Straßenbaupolitik der Insel gemacht. Ich denke, daß die Insel zur Zeiten Durrells, also bis in die 1950er Jahre wirklich ein Juwel war. Leider ist das, was man davon als eine kleine Ahnung bekommen konnte, unmittelbar bedroht. Es drückte auf unsere Stimmung, aber wir haben die Hoffnung, daß bspw. diese Doppelbucht so bleibt, wie sie sich uns präsentierte.


Ein Stück Mexiko in den Bergen: Verlassene Dörfer, die sich jetzt ein wenig mit Tourismus und Tavernen füllen.



Eine sehr schöne, kurze Wanderung entlang der (tobenden) „Nord-Ost See“.

Für mehr Impressionen, siehe unter Picasa:

Joanna, 15. 06. 2010

Eine Spontanwanderung, könnte man sagen. Geplant war nur ein kleiner Ausflug zum nächsten Ort in den Bergen – geworden ist aber eine Tagestour. Eigentlich nicht verwunderlich. Und nicht verwunderlich ist auch die Tatsache, daß wir einige der Sehenswürdigkeiten nicht gefunden, oder nicht so vorgefunden haben, wie wir sie uns vorstellten.
Wieder einmal ein Grund mehr, diese wunderbare Insel Ithaka anzulaufen!

Unser Weg führte aus dem kleinen Fischerdorf Frikes entlang eines im Sommer trockenen Bachlaufs. Zwar ist dieser einbetoniert, dennoch hat er seinen Reiz, wie die kleinen Brücken darüber gelegt liegen und zu den alten Häusern oder Gerten hinüberführen.


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Venezianische Villa mit dem Marcus-Löwen

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Sokrates und die Nähmaschine. Kuriose, sogenannte Volksmonumente.

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Lokalpoet – sehr sympathischer Mann

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Die römische Quelle in Kalamos an einem verlassenen Haus, das wir drauf und dran waren zu kaufen…

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Eidechsen und Ameisen als Gäste unseres Picknicks.

Und weitere Fotos hier

Marcel, 08. 06. 2010

Die Bucht erwacht Windstill. Wir gönnen uns einen Kaffee, dann geht´s mit dem Dingi an Land. Unser Ziel: Areopolis. Der Ort hieß ursprünglich Tsimova. Der Name Areopolis leitet sich vom Kriegsgott Ares ab. In Areopolis und Limeni residierte der Clan der Lokalfürsten der Mavromichali. Petrobey Mavrochichalis war eine bedeutende Figur im Kampf gegen die Türken zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Mani selbst hat sich, wie bereits berichtet, immer eine rlative Unabhängigkeit bewahrt. Der Mani-typische Wohnturm der Mavromiachali steht in Limeni und bietet uns eine passende Kulisse.

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Nach ein paar Windungen auf segend heißem Asphalt biegen wir einen Feldweg nach rechts ab, der uns, so hoffen wir, auf kurzem Wege zu dem höher gelegenen Örtchen bringt.

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Die Abkürzung verlief dann aber schnell im Sande. Etwa 500m unterhalb einer kleinen Kapelle brach der Weg in unsere Richtung ab. Es hieß also klettern. Über jahrhundertealte Mauern kraxelten wir den Berg hinauf. Die Kapelle bot willkommenen Schatten und hielt tatsächlich einen Fahrweg nach Areopolis bereit. Das Dorf war von hier bereits in Sichtweite.

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Areopolis bietet pittoreske aufgehübschte Fassaden und Gassen.

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In einer kleinen Backstube kaufen wir frisches Brot und Paximadia. Überall im Laden liegen Backbleche mit vorbereiteten Paximadias in vorgebackenem Zustand. Daneben Berge von Broten und an den Wänden Fotos der Familie.

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Neben der Bäckerei, gegenüber einer Kirche, die leider verschlossen ist, speisen wir zu Mittag. Kaninchen, Lamm, Gemüse, Kichererbsen gewürzt mit Dill und wildem Fenchel; dazu Zaziki und Feta und natürlich Weißwein und Wasser.

Joanna, 04. 06. 2010

Wir kamen von der Seeseite her – natürlich. Es war noch Dämmerung und der Tag begann sich erst langsam zu regen als wir die sehr schmale, sehr tiefe Seeräuberbucht erreichten. Ich habe auf spielgelglattes Wasser gehofft, damit wir trotz des sehr tiefen Wassers hier ankern könnten.

Mein Ziel: von der Seeräuberbucht aus zu einem verlassenen Kloster, zu einer Eremitenhöhle, einer Maria-Kapelle in der “Bärenhöhle” und schließlich am Ende der Tour zu einem sehr bekannten, wehrhaften Kloster zu wandern. Poseidon war mir wohlgesonnen und ließ das Wasser ruhig und eine kleine ‘Untiefe’ von 16 Metern entstehen. Wir konnten den Anker fallen lassen.

Aber es sollte trotzdem anders kommen… wie immer war ich für die vorgesehene Dauer der Wanderung – ca. 2,5 Stunden – viel zu langsam. Angesichts der vielen Natur- und Kultureindrücke, die alle paar Meter auf mich warteten, war an einen wandermäßigen Schnellschritt nicht zu denken und auch nicht erwünscht.

Die erste Überraschung war die fjordartige Bucht selbst: Unglaubliches azzuro-grünes Wasser und eine in Naturstein gehauene Anlegerstelle. Sie diente früher nicht nur den München als Pier, sondern auch den Seeräubern, die das Kloster regelmäßig übervielen. So sahen sich die frommen Männer irgendwann dazu gezwungenen, nachzugeben und sich ein auf der Höhe gelegenes neues Kloster – wehrhaft wie eine Burganlage – zu bauen: mein eigentliches Tourenziel.

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Ich ruderte also in diese wunderbare Bucht, während die Jungs sich auf Chulugi die Zeit vertrieben (mit schlafen, trinken und baden wie echte Piraten eben). Mich zog es eher auf den Spuren der Piraten hoch hinaus und zu dem verlassenen Kloster.

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Die Fotos zeigen den ‘natürlichen Anleger’ oder aber die Ruinen von ‘Hafenanlagen’. Ich habe gelesen, daß in der Nähe der Bucht Steine abgebaut wurden und diese Stelle zu einem Steinbruchan- und ableger wurde.

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Wie ein echter Fjord.

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Der Wanderweg entpuppte sich sogleich als eine Schluchtwanderung – und was für eine! Die Fotos geben die Eindrücke sehr ungenügend wieder, da die starken Helldunkelkontraste, die in der Schlucht vorherrschten, von der Kamera nicht dem visuellen Eindruck entsprechend festgehalten werden konnten.

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Und dann schließlich die Bogenbrücke – gewaltig umspannte sie die Schlucht, in deren Tiefe die Wanderung mit den blauen Markierungspunkten weiterging (wohin weiß ich jedoch nicht, weil es in meinen Wanderbüchern nirgends beschrieben ist. Ich war sehr versucht, den blauen Punkten zu folgen…)

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Das verlassene Kloster liegt oberhalb dieser Bogenbrücke und man muß einen steilen Pfand nehmen (=hochkrachseln; ich nahm übrigens aus versehen den falschen, nämlich einen noch steileren Ziegenpfad und wunderte mich, wie man diesen Pfad den ungeübten Wanderern zumuten könne).

Was für ein Ausblick, was für eine ehemals schöne Anlage!

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Unverkennbar italienische Renaissanceeinflüsse (was für eine orthodoxe Kirche eher ungewöhnlich ist, denn die Fremdherrschaft der Venezianer und damit der Katholiken war ein zusätzliches Hindernis, Kunstformen der jeweils anderen Religion zu übernehmen): die beiden Spitztürmchen bzw. Bögen, der Spitzgiebel mit dem (in sehr bröckeligem Zustand) Arkantenfries und schließlich die Felsenkirche selbst mit ihrem Rundfenster über dem Haupteingang und den ziselierten Pfeilern an den Seiten. Das Kircheninnere war neueren Datums bzw. ähnelte mehr einer Grotte. Von der Decke tropfte unablässig Wasser und es ist nur eine Frage der Zeit, wann sich hier Stalaktiten und Stalakmiten bilden werden. Ich schob die zur Anbetung ausgestellte Ikone zur Seite, auf der die vielen Männer wie stellvertretend für die ehemals geflüchteten Mönche die Hände zum Gebet heben und in dieser wunderbaren stillen Landschaft die Stellung halten, damit sie nicht selbst zu Stalaktiten werden.

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P6042198 [Ein Suchbild: Wo sind die kleinen Berghütten?]

Mein Weg führte einen langen als Treppe angelegten Weg hoch, ich bewunderte die Schlucht und die Berghänge mit ihren gut in die Landschaft assimilierten Bebauungen, die bestimmt noch die Mönche angelegt hatten, als sich unvermittelt zu meiner Rechten ein Höhleneingang öffnete.

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Ich muß gestehen, so sehr mich Höhlen und Grotten anziehen – über Jahrhunderte genutzt, nicht selten zu sakralen, mythisch aufgeladenen und verehrungswürdigen Räumen gewachsen –, so sehr wecken sie auch tiefsitzende Ängste in mir. Also, schnell ein- und ausatmen und einen Schritt hinein wagen.
Der kleine improvisierte Altar machte mir schnell deutlich, dies müßte die Höhle des Eremiten Johannes (Ioannes) sein.  Ich zündete eine Kerze an und leuchtet mit der bereitgestellten Scheinwerferlampe in das Dunkel der Höhle. Sie war nicht besonders lang, aber für mich unheimlich genug. Ich vermute, in ihrem Inneren gibt es noch einen weiteren Altar.

Was folgte, waren atemberaubende Ausblicke und ein wunderschöner gepflasterter Pilger- und Eselspfad! Ich war überwältigt. Und all diese Schönheit nur für mich alleine, denn hier war weit und breit kein anderer Mensch. Nur die sehr zahmen Ziegen – offenbar auch nicht mehr an Menschen gewöhnt – begleiteten meinen Weg.

Und weil meine Begeisterung ausgekostet werden wollte und Zeit dabei keine wesentliche Rolle spielte, mußte ich auf die Bärenhöhle und auch auf das wehrhafte Kloster (noch von Mönchen bewohnt) verzichten und wieder in die Schlucht hinabsteigen, die plötzlich so weit unten lag…

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Der Rückweg:

Gleisendes Licht auf dem Berg. Das Meer verlockend blau und kühl in der Ferne.

P6042215 P6042205 Ich teilte mein Imbiss mit den Ameisen.

Und wieder in der schattigen Schlucht:

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Dann der vertraute Anblick des schimmernden Wassers – die Fjordbucht und um die Ecke die wartende Chulugi mit den badenden Jungs:

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Es war die schönste Wanderung, die ich bisher gemacht habe…

Und hier noch mehr Fotos:

Joanna, 01. 06. 2010

„Gehen ist eine Tugend, Tourismus eine Todsünde.“

Werner Herzog – der herausragende deutsche Nachkriegsregisseur – hält das Wandern für eine heilige Lebensnotwendigkeit.
Befreundet mit Bruce Chatwin hat er darin einen Gleichgesinnten gefunden. Für beide gibt es „den heiligen Aspekt des Gehens“.

Er und ich glauben beide, daß Gehen nicht einfach nur einen therapeutischen Wert besitzt, sondern eine poetische Handlung ist, die die Welt von ihren Übeln heilen kann. Er [Herzog] resümiert seinen Standpunkt in einer strengen Erklärung:
‚Gehen ist eine Tugend, Tourismus eine Todsünde.‘

[Bruce Chatwin über Herzog]

Als Herzog eines Tages 1974 hörte, daß Lotte Eisner – Filmkritikerin, Mitarbeiterin von Fritz Lang (in Berlin) und geistige Wegbereiterin des Nachkriegsfilms in Deutschland sowie Mitgründerin der Cinémathèque in Paris der 30er Jahre – schwer erkrankt sei oder sogar im Sterben läge, machte er sich zu Fuß auf, um sie auf diese Weise zu heilen.

Chatwin berichtet darüber folgendermaßen:

„[…] Begab er sich zu Fuß durch Eis und Schnee von München nach Paris, im Vertrauen darauf, daß er ihre Krankheit irgendwie wegwandern könne. Als er schließlich ihre Wohnung erreichte, war sie genesen, und sie lebte noch weitere zehn Jahre.“

Solvitur ambulando

Patrick Leigh Fermor ist, mehr noch als Chatwin, ein Anhänger der augustinischen Solvitur ambulando„. Es ist ein Ausspruch des Hl. Augustin (Aurelius Augustinus Hipponensis) überliefert. Wörtlich genommen bedeutet er soviel wie „geheilt/gerettet durch das Gehen/Wandern„. Wandern ist somit nicht nur eine physische Betätigung, sondern auch eine Stimulation kreativer Kräfte und vielleicht sogar eine Grundvoraussetzung für schöpferische Prozesse überhaupt.

Solvitur ambulando ist „jene melancholische Nomaden-Philosophie, nach der das Wandern als Heilung und Katharsis zu betrachten ist, als eine poetische Handlung, als einzig mögliche Lebenshaltung des Rastlosen, als Grundlage intensivsten Erlebens.“

[Wolf Reiser zu Fermor in SZ]



Marcel, 13. 05. 2010

Am Donnerstag wandern wir bei knapp 30 Grad im Schatten durch die Mirtos- und die Sarakinasschlucht. Subtropische Vegetation bestimmt das Bild der Mirtos-Schlucht. Das Flussbett führt in den enger werdenden Teilen der Schlucht noch reichlich Wasser. In der noch engeren und höheren Sarakinas-Schlucht dachten wir an manchen Passagen an Umkehr, da tiefes Wasser und glattgespülte Felsen das Vorankommen erheblich behinderten.

Ausklang des Tages am Lybischen Meer, das daliegt wie Blei. Gerne würden wir auf unserem nächsten Törn die Route südlich um Kreta durch diesen von afrikanischer Sonne erwärmten Teil des Mittelmeeres befahren. Leider erlaubt uns die knappe Segelzeit lediglich die Nordroute zu wählen, vorbei an zahlreichen Hochburgen des Massentourismus. Hier im Süden spielt der Tourismus noch eine kleinere Rolle. Der Ort Mirtos hat sich auf Individualtourismus vom Typ Oberlehrer und Alternativbewegung der 80er spezialisiert. Man spürt den Geist und die Nachfahren der Hippies, welche den abgelegenen und subtropischen Süden von Kreta in den 70er Jahren für sich entdeckten. Ansonsten ist die Küste geprägt von Gewächshäusern und Plastikplanen, die die zahlreichen Gemüsepflanzungen bedecken.

Joanna & Marcel, 01. 05. 2010

Kato Zakros liegt an der Südostküste Kretas und ist Ausgangspunkt unserer Wanderung ins Tal der Toten. Das kleine Dorf besteht aus einigen wenigen Häusern und ein paar Tavernen direkt am (noch) ruhigen Strand. Es ist nämlich noch früh in der Saison. Wir schlagen uns vom Strand aus ins Landesinnere, vorbei an einem Schilderwald, der auf Pensionen, Wanderwege und Sehenswürdigkeiten verweist. Nach wenigen Metern stoßen wir auf das Ausgrabungsgelände von Kato Zakros. Einer von vier (nach Knossos, Phaistos und Malía) großen minoischen Palästen Kretas wurde hier ausgegraben. Leider hat auf Grund des Maifeiertags die gesamte Anlage geschlossen, so dass wir lediglich einen Blick durch den Zaun auf die  kniehohen Mauerreste werfen können. Der Fund des Palastes war reiner Zufall: Ein Bauer aus dem etwas höher gelegenen Dorf Ano (Ober-) Zakros hatte beim Bestellen seiner Felder immer wieder exakt behauene Steinquader und Tonscherben ans Tageslicht befördert. 1961 begann man mit den Ausgrabungen. Es wurde zunächst vermutet, auf eine minoische Handelsstadt gestoßen zu sein, bevor man sich klar wurde, dass es sich um einen weiteren minoischen Palast handelte. Dieser war im Gegensatz zu den anderen Anlagen dieser Art auf Kreta nicht geplündert worden. Die zahlreichen Funde sind heute im archäologischen Museum in Iraklion und Sitía ausgestellt. Selbst kristallene Vasen wurden hier gefunden.

Einige hundert Meter weiter über die staubige Straße landeinwärts stoßen wir auf eine Kreuzung von Wanderwegen und zu unserer Rechten auf den Eingang ins Tal der Toten, in dem zu minoischen Zeiten die Verstorbenen in hoch über dem Tal gelegenen Höhlen beigesetzt wurden. Hat man die Leichname von oben abgeseilt oder ist man mit den Verstorbenen die steilen Wände zu den Höhlen hinauf geklettert? Das Tal ist gleichzeitig der letzte Teil des Europäischen Fernwanderweges E4 auf Kreta.

Eine ausführliche Beschreibung der Wanderung folgt durch den Ersten Offizier. Hier schon einige Fotos vorab:

Eigentlich hat der Skipper schon alles historisch wichtige in Kurzfassung beschrieben. Mir, dem ‚ersten Offizier‘ (de facto aber General), bleibt nicht viel hinzuzufügen.

So weit das Auge reicht: Thymian, Oregano, Salbei und andere Kräuter, Wälder aus Oleander und Platanen, vereinzelte Olivenbäume. Wir sammeln einige Kräuter für die Küche und die Beduftung des Schiffes oder um die uns unbekannten Arten zu Hause zu bestimmen.

Nach den beiden Schlangenfotos folgt eins, auf dem man die Grabhöhlen von der Seite sehen oder erahnen kann. Ich war etwas enttäuscht, daß man sie nicht erreichen bzw. besichtigen konnte. Zumindest nicht so ohne weiteres. Wir haben es jedenfalls seingelassen, zumal wir keine richtige Wanderkarte dabei hatten, auch fehlte die Kletterausrüstung… Andere haben (wie auch immer) die Höhlen erreicht, ihre Fotos zeigen nichts herausragendes als Höhlen, aber wahrscheinlich war der Weg das Ziel! (s. unter PDF am Ende.) Erwähnen möchte ich an dieser Stelle auch die Schlangen! Mir ist ein ‚mittellanges‘ Exemplar direkt vor den Füßen weggeschlängelt und verschwand im Gras. Ich habe natürlich nachgeforscht, was das für ein Exemplar hätte gewesen sein können, aber es ist schwerer als man denkt, diese für uns Mitteleuropäer selten anzutreffenden Tiere zu bestimmten. Ich denke, meine Begegnung war die Würfelnatter (Abb.1); mir kam sie etwas grünlicher vor aber das Muster könnte stimmen. Entscheidend bei meiner Bestimmung war, daß die Würfelnatter Wasser braucht – und wir waren schließlich in einer Wasserschlucht. Aber es könnte auch eine Vipernatter oder eine (sehr bissige übrigens) Zornnatter (Abb.2) gewesen sein, auch sie lebt in einem ähnlichen Milieu – sie sehen alle irgendwie ähnlich aus, und vor allem: sie ändern ihr Äußeres z.T. beträchtlich je nach dem, wo sie vorkommen!

Hier ein Foto von dem Getier:

Abb. 1  Abb.2

Wir müssen uns entscheiden. Es gibt eine alte Straße zwischen dem höher gelegenen Ano Zakros und Kato Zakros (unten in der Bucht). Wir nehmen den Weg nach rechts, der uns in eine Seitenschlucht führt und teilweise vom markierten Wanderweg abweicht. Die Landschaft wird wieder karger, das Seitental trockener und Schatten sucht man auf der Etappe, die uns zurück führen soll vergebens.

Diese Wanderungsvariante beschreibt das wirklich sehr empfehlenswerte Wanderbuch von Wolfgang Hautumm „Kretische Wanderungen“! Nur just bei dieser Wanderung gibt es keine Karte zur Orientierung, statt dessen sehr unzuverlässige Beschreibungen nach der Natur wie „an dem markanten Felsklotz mit dem einzelnen Baum am Felsen nach rechts oben, wo kaum ein Weg zu sehen ist. Dann an einem Zaun entlang bis dieser einen Knick macht…“ So oder so ähnlich jedenfalls war die Beschreibung des folgenden Wegabschnitts, der uns wieder zurück nach Kato Zakros bringen sollte. Natürlich haben wir uns paar Mal verlaufen bis wir schließlich (nach dem Verzehr einer lebenspendenden Orange und Keksen) einen neu markierten Weg nach K. Zakros gefunden haben. Diesem folgten wir dann brav, bei mir blieb eine leichte Unzufriedenheit, daß wir nicht die schöne (vermutlich) Variante von Hautumm gefunden haben…

Der Rückweg über die Hügel sieht einfacher aus, als er ist. Hier wachsen keine Kräuter mehr, lediglich windgehärtetes und dorniges Gestrüpp. Wer hier versucht, die so häufig unverantwortlich kurzen Gehzeiten der Wanderführer einzuhalten, bricht sich die Haxen, schlägt sich die Knöchel auf und rutscht den Hügel hinunter. Ganz abgesehen davon, dass man nicht von der wunderbaren Landschaft aufnehmen kann.


(Total) geschafft! Wir haben uns ein Abendessen verdient. Es gibt lokalen (etwas zu süßen aber bioangebauten) Wein, Retzina, Schnecken von den von uns erwanderten Hügeln und, da wir erneut zu einem Feiertag im Lande sind, eine extra für die Einheimischen zubereitete Ofenspeise aus Kartoffeln und Ferkel.

Ja, es ist schon der zweite ungeplante Aufenthalt auf Kreta, wo wir einen spezifisch begangenen Feiertag erleben! Dies war also unsere 1.Mai-Wanderung, die ich mit einem wirklich guten Retsina-Wein begossen habe. Laut Fermor soll Weißweingenuß (durchaus in rauen Mengen) nach einer anstrengenden Wanderung die müden Lebensgeister und Füße wieder auferwecken und den drohenden Muskelkater verscheuchen. (Um genau zu sein, muß man es folgendermaßen machen: Erst einen starken Kaffee, den griechischen natürlich, dann entspannen auf einer Terrasse und nun mit dem Weintrinken anfangen, dazu Brot, Oliven und Gespräche. Nachzulesen in: Fermor: Mani.)

Ich ziehe kalten trockenen Rot- oder Weißwein vor. Retsina dagegen schmeckt „wie reines Terpentin, durch die Socken eines Bischofs gefiltert.“ (Nachlesen in: Robert Liddell, Landschaft Apolls. Fahrten durch die ägäische Welt, Zürich-Stuttgart: Fretz & Wasmuth 1957. Ein weiterer Reisebericht aus den 50er Jahren.)

Die kleine Bucht von Kato Zakros wäre sicherlich auch ein schöner Ankerplatz gewesen. Ein sauberer Sandstrand mit schattenspendenden Bäumchen und einigen wenigen Tavernen. Wir machen uns auf den zweieinhalbstündigen Heimweg nach Agios Nikolaos über dunkle Serpentinenstraßen…

Für mehr Infos zum Tal der Toten aus geologischer, kulturhistorischer und botanischer Sicht bitte hierlang:

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