Joanna, 20. 02. 2012

Es war ein sehr kaltes aber sonniges Wochenende, wo Marcels La Familia zu Besuch nach Venedig kam. Wenn ich mich nicht täusche, war das für alle, die aus Hattingen und Berlin angereist kamen, das erste Mal, in Venedig zu sein.

Abgestiegen wurde in dem Hotel “Priuli” und zwar in dem Haupthaus, und nicht so wie wir vor Jahren (zu Marcels Geburtstag) in dem kleinen Haus neben an einquartiert wurden!

Hotel Palazzo Priuli

Nach einem Abendessen in “La Mascareta” sind wir alle recht spät in unsere Kojen.

Outside Sign 

Am nächsten Tag – es war der 09. Dezember 2011 – ging es dann früh zum ältesten Sestiere der heutigen Stadt: San Polo.

Verschwommenes Venedig auf der Rialto-Brücke, wo unsere kurze Führung begann. Rio alto/rivo alto = hohes Ufer, oder hoher Fluß, bestand ursprünglich aus einer Reihe kleinster Inselchen, auf denen die Menschen vom Festland (auf der Flucht vor den Langobarden und anderen nordischen Usurpatoren) ansiedelten. Erste Dokumente bezeugen ihre Ansiedlungen ab dem 9. Jh. Rio Businiaco, der heutige Canal Grande, wurde an der Stelle der heutigen, berühmt gewordenen Rialto-Brücke durch einer Zugbrücke aus Holz überquert und auf diese Weise zum ersten Mal mit den Inselchen der anderen Flußseite verbunden. Das war erst am Ende des 11. und beginnenden 12. Jh. Lange Zeit war dies die einzige Brückenverbindung über den gesamten Businiaco. Um diesen Bezirk der heutigen Brücke herum entstanden Handels- und Umschlagsplätze, siedelten sich Händler und wohlhabende Familien, so entstand das ursprüngliche Zentrum des frühsten Venedig. Heute bezeugt das nicht minder geschäftige Treiben der Käufer und Verkäufer die ungebrochene Tradition, wenn auch nicht mehr im gleichen großen und internationalen Stil. Obwohl es an chinesischer Ware weiß Gott nicht mangelt…

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Eine der ursprünglichen Rialtobrücken – eine Zugbrücke aus Holz – auf dem Gemälde von Vittore Carpaccio: Il miracolo della reliquia della Santa Croce (1494), “Das Wunder der Reliquie des Heiligen Kreuzes” (Ausschnitt).

Datei:Naya, Carlo (1816-1882) - n. 12 - Venezia - Ponte di Rialto.jpg 
So sah die Brücke um 1882 auf einem Albuminfoto von Carlo Naya. Erbaut wurde die Brücke 1588-91 aus Stein, da die vorherigen Holzbrücken alle entweder verrotteten oder abbrannten. Die letzte dieser Holzbrücken stürzte 1444 zusammen, als eine große Menschenmenge von hier aus die Hochzeitszeremonie des Marchese di Ferrara verfolgte.
Der Bauzuschlag ging an Antonio da Ponte (nomen est omen), der Entwürfe von Palladio, Michelangelo und Sansovino ausstach, denn die Republik entschied sich für einen Bau der “gut zu Venedig passte” und sicherlich nicht so kostspielig war.
Und schließlich die Brücke, wie sie heute erscheint:
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Fondaco dei Tedeschi (Fondaco im venezianischen Dialekt aus dem Arabischen “Funduk” für Warenbörse): Die Deutsche Handelsniederlassung. Gleichzeitig Warenumschlagplatz, Stapelplatz und Herberge für alle aus Nordeuropa kommenden Völker, wenn auch vor allem für Deutsche und von Deutschen Kaufläuten am meisten frequentiert. Dazu gehörte jenes berühmte Handelshaus der Familie Fugger aus Augsburg. Erste Erwähnung 1228, abgebrannt ist das Haus 27./28. Januar 1505 und 1508 wiederaufgebaut, woran sich die Stadt Venedig beteiligte. Den Entwurf lieferte Frà Giovanni Giocondo unter der Bauleitung von Antonio Abbondi. Die Fassade gestaltete Tizian und Giorgione – von den Fresken ist jedoch nichts erhalten.

Durch die offenen Arkaden im Erdgeschoss lud man Waren ein und aus. Die Bewohner mussten einer Bruderschaft beitreten und standen unter venezianischer Aufsicht. Man traute vor allem den Protestanten nicht. 1870 bis 2011 hauste hier das Hauptpostamt von Venedig und hat angeblich so einige Räumigkeiten ruineirt. 2008 kaufte es die Benetton Group. Wie man jüngst in der FAZ lesen konnte, wird der niederländische Stararchitekten Rem Koolhaas das historische Gebäude erbamungslos in ein Einkaufs- und Ausstellungszentrum umbauen. Daß diese Pläne bei der Bevölkerung auf Widerstand stossen und daß dennoch nichts daran geändert wird, liegt gleichermaßen auf der Hand.

Damit werden unwiederbringlich auch die wenigen Spuren der deutschen Händler verschwinden, die die italienische Post nicht ausgetilgt hat: an Wänden und Geländer eingeritzte Damespiele oder Mühle, Namen und ähnliche “I was here”-Inskripte, wie wir sie noch heute kennen, Zahlen, Rechnungen etc.

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Über die Rialto-Brücke gelangen wir in den Sestiere San Polo und den kleinen Platz mit der Kirche, die in ihren Grundmauern zu den ältesten Venedigs gehört: Man beachte auch die 24-Stunden-Uhr im Turm. Die weitaus geachtete ist die auf dem Marcus-Platz, dem Tore dell’Orologio.

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Es hat sich nur wenig geändert, doch ist die Stimmung eine andere, die Canaletto auf diesem Bild festhielt (Gemäldegalerie Dresden).

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Kunst- und Kulturführung – nicht jedermann Sache :)

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Der Campo di Rialto, Mercà, die Märkte von Rialto – vor allem der berühmte Fischmarkt:

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Und überall: “Le gondole Signori! Le gondole, le gondole!"

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Museum hatte leider zu und das Palazzo des Signor Fortuny war eingerüstet…

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Joanna, 14. 02. 2012

Vielleicht nicht ganz so stilvoll wie Goethe – aber etwas wie John Ruskin – war meine Mutter in “La Calcina” einquartiert. Übersetzt heißt es “Der Kalk” oder “Mörtel”…

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Vermutlich kennt jeder Engländer diese Herberge. Und wahrscheinlich jeder Kunsthistoriker kennt John Ruskin als den Verfasser der berühmten “The Stones of Venice” for example. Und eben jener Kunsthistoriker, Sozialphilosoph des 19. Jh.s wohnte in dieser Pension und schrieb hier unter anderem an diesem Buch, das zwischen 1851 und 1853 veröffentlicht wurde.

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Dementsprechend wird auch in der Pension mit Ruskin geworben.

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Meine Mutter hatte kaum das Zimmer von John Ruskin, das es vermutlich nicht mehr gibt, aber man darf annehmen, dass es eine Sicht auf den Guideccakanal und eine bestimmte (Grund-)Größe hatte. Die Winzigkeit des Zimmers meiner Mutter (2te Etage rechte Doppelfenster) konnte locker mit unseren Schiffskabinen mithalten.

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Die Pensione “Seguso” ist übrigens unter anderen Schriftstellerfans bekannt, nämlich jenen von Patricia Highsmith und ihrem Buch “Venedig kann sehr kalt sein”.

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Im ersten Ghetto der Welt; verwitterte Gesetzestafeln, die nicht zuletzt reine Verbote aussprachen, an die sich die (unbeliebten) Konvertierten halten mußten. Überraschend war für mich, daß sie das Ghetto überhaupt nicht betreten durften:

Gesetzestafel im Ghetto Spanische Synagoge DSC_2073 DSC_2074

Hier sieht man an den Seiten des Durchgangs noch Spuren von den Scharnieren der Tore, mit denen man das Ghetto abends – um ca. 18:00 Uhr und zwar an drei solchen Stellen – abschloß. Besondere Patrouillen umkreisten zu Wasser das Ghetto Nuovo und Vechio, damit keiner rein und raus konnte.

Ghetto: ehem. Tor, das verschlossen wurde Ghetto Nuovo

Neueste Mode für die zahlreichen Venezianischen Hunde:

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SANTA MARIA DELL’ ORTO

1350 wurde von dem Orden der Humiliaten eine Kirche, die dem heiligen Christophorus geweiht war, gebaut und ein Kloster gegründet. 1377 wurde mit Spendengeldern eine gotische Kirche errichtet; Anlaß war die Überführung einer wundertätigen Madonnenstatue, die in einem nahen Garten (orto) gefunden worden war. Der Kirchenbau selbst wurde um 1400 fertiggestellt, die Fassade hingegen konnte erst zwischen 1460 und 1464 vollendet werden.

Die Hauptfront orientiert sich an den Monumentalbauten der Frarikirche und Santi Giovanni e Paolo (Zanipolo), die sie in bescheideneren Maßen rezipiert. Die dreigeteilte Fassade entspricht der Aufteilung des Innenraumes und ist ebenfalls ein Ziegelbau. Die reichen Maßwerkfenster zum Campo sind um 1440 zu datieren. Das Portal von Bartolomeo Bon ist, wie jenes von Santi Giovanni e Paolo, ein Hauptwerk der spätgotischen Bildhauerkunst. Der Korbbogen wird von einer Statue des Hl. Christophorus, dem Schutzpatron der Händler, bekrönt. Die beiden flankierenden Säulen, die jeweils eine Maria tragen, wurden erst 1481 hinzugefügt. Die Fassade weist des Weiteren reichen figuralen Schmuck auf (Figuren der Tugenden und der 12 Apostel).

Links an die Kirchenfront anschließend befindet sich das Gebäude der Scuola dei Mercanti.

Santa Maria dell'Orto DSC_2141 DSC_2129

Und wo man nur hinschaut… Tintoretto, Tintoretto, Tintoretto … Dessen Haus, wo er Zeit seines Lebens bis zum Tode lebte und arbeitete, war nur wenige Straßenecken davon entfernt, und er selbst der Kirche sehr verbunden.

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Marias Tempelgang (1550-53). Berühmt nicht zuletzt durch das Gedicht von Rilke:

Tintoretto, siehe auch Rilke

Um zu begreifen, wie sie damals war,
musst du dich erst an eine Stelle rufen,
wo Säulen in dir wirken; wo du Stufen
nachfühlen kannst; wo Bogen voll Gefahr
den Abgrund eines Raumes überbrücken,
der in dir blieb, weil er aus solchen Stücken
getürmt war, dass du sie nicht mehr aus dir
ausheben kannst du rissest dich denn ein.
Bist du so weit, ist alles in dir Stein,
Wand, Aufgang, Durchblick, Wölbung -, so probier
den großen Vorhang, den du vor dir hast,
ein wenig wegzuzerrn mit beiden Händen:
da glänzt es von ganz hohen Gegenständen
und übertrifft dir Atem und Getast.
Hinauf, hinab, Palast steht auf Palast,
Geländer strömen breiter aus Geländern
und tauchen oben auf an solchen Rändern,
da dich, wie du sie siehst, der Schwindel fasst.
Dabei macht ein Gewölk aus Räucherständern
die Nähe trüb; aber das Fernste zielt
in dich hinein mit seinen graden Strahlen -,
und wenn jetzt Schein aus klaren Flammenschalen
auf langsam nahenden Gewändern spielt:
wie hältst du’s aus?
Sie aber kam und hob
den Blick, um dieses alles anzuschauen.
(Ein Kind, ein kleines Mädchen zwischen Frauen.)
Dann stieg sie ruhig, voller Selbstvertrauen,
dem Aufwand zu, der sich verwöhnt verschob:
So sehr war alles, was die Menschen bauen,
schon überwogen von dem Lob
in ihrem Herzen. Von der Lust
sich hinzugeben an die innern Zeichen:
Die Eltern meinten, sie hinaufzureichen,
der Drohende mit der Juwelenbrust
empfing sie scheinbar: Doch sie ging durch alle,
klein wie sie war, aus jeder Hand hinaus
und in ihr Los, das, höher als die Halle,
schon fertig war, und schwerer als das Haus.

Rainer Maria Rilke, zwischen dem 15. und 22.01.1912, Duino
Das Marien-Leben

Tintoretto

Tintorettos schlichtes Grab:

Grab Tintorettos

Marienstatue, die man (angeblich) im Garten des Klosters fand. Woraus sich dann auch der Name der Kirche ableitet. Giovanni De Santi: Die wundertätige Madonna (Steinskulptur, 14. Jh.)

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Eine dramatische Anbetung des goldenen Kalbes (1563) von Jacopo Tintoretto:

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Der fehlende Giovanni Bellini: Madonna mit Kind – das kleine Bild wurde am 1. März 1993 gestohlen, brutal herausgeschnitten aus dem Rahmen, heißt es. Eine Leerstelle unter all den Tintorettos – im doppelten Sinne:

Bellini: gestohlen

Cima da Conegliano: Johannes der Täufer und die Heiligen Petrus, Paulus, Markus und Hieronymus. Mein Highlight der Kirche!

Sein Vater war Tuchscherer, was auf Italienisch cima heißt, und den Beinamen der Familie abgab.

Cima war ein außerordentlich produktiver Maler. Neben den in der Tradition der Vivarini stehenden, in teils außerordentlich prunkvolle Rahmen gefassten Polyptichen, malte er eine große Anzahl von Altarbildern, häufig in der Form der Sacra Conversazione, kleinformatige Andachtsbilder, darunter zahlreiche Darstellungen der Madonna mit Kind, sowie gelegentlich auch, von reichen Sammlern der Zeit beauftragt, Bilder mit Themen aus der griechischen Mythologie. Sind die Polyptychen noch stark an der traditionellen Formensprache der Vivarini orientiert, so machen sich während seiner Tätigkeit in Venedig die Vorbilder Antonellos was die Technik der Ölmalerei und die Intensität und Delikatheit der Farben betrifft, sowie von Bartolomeo Montagna, Bellini und Giorgione in Bezug auf die atmosphärisch dichte Landschaftsgestaltung und die Detailgenauigkeit bei der Darstellung von Natur und Architektur bemerkbar. Dürer, der sich 1505 und 1506 in Venedig aufhielt und größte Wertschätzung durch seine italienischen Malerkollegen erfuhr, könnte auch Cima in seiner Auffassung von Natur und Landschaft angeregt haben. Die schon mit Bellini begonnene Ausgliederung des Personals einer Sacra Conversazione in die Natur wird von Cima weiterentwickelt, der die Madaonna und die begleitenden Heiligen in capriccioartige Phantasiearchitekturen und der offenen Landschaft aufstellt.

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SANT’ALVISE

“Die gotische, einschiffige Nonnenkirche befindet sich im Nordosten der Stadt. Das zugehörige Kloster wurde 1388 von der Familie Venier gegründet, nachdem, so die Tradition, Antonia Venier der heilige Ludwig von Toulouse (Sant’Alvise) erschienen war. Noch heute wird der Konvent von Nonnen bewohnt. […]

Die Innenausstattung stammt großteils aus dem 17. Jh. Das Fresko, welches die gesamte Decke des Kirchenschiffs einnimmt, stammt vermutlich von Pietro Antonio Torri und Pietro Ricchi und wurde nach 1674 geschaffen. Auf den von Säulen nach Vorbild Berninis getragenen Gesimsen der barocken Scheinarchitektur befinden sich Heilige; in ‚Schlußstein‘ eines gemalten Kreuzrippengewölbes die Figur Gottvaters. Unter der malerischen Innenausstattung ragen drei um 1738-1740 entstandene Gemälde von Tiepolo heraus: Aufstieg zum Kalvarienberg, Geißelung und Dornenkrönung.” [Gerhard Rösch, siehe auch unter: Venedigs Kirchen]

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SANTA MARIA DELLA SALUTE

Nach dem Ende der Pestepidemie von 1630 schrieb die Regierung der Serenissima einen Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für eine Votivkirche am südöstlichen Ende des Sestiere von Dorsoduro aus. Der Senat wollte ursprünglich das das Gelände der Dogana (Zollbehörde) am äußersten östlichen Ende für den Bauplatz der Salute hernehmen; dies scheiterte nicht zulwtzt an den Finanzen. Man entschied sich daher für das angrenzende Kloster der Trinità, welches auf der Stadtansicht um 1500 noch deutlich zu erkennen ist. Unter den elf eingereichten Arbeiten des Wettbewerbs wählte eine Kommission aus Patriziern im Juni 1631 einen Entwurf zu einem Zentralbau von Baldassarre Longhena und zu einer Saalkirche von Antonio Smeraldi und Giambattista Rubertini aus. Smeraldis Entwurf war an Palladios Il Redentore orientiert, die ihrerseits ebenfalls eine Votivkirche zum Dank an das Ende einer Pest ist. Noch im selben Monat wurde zugunsten von Longhenas Entwurf entschieden. Es entstand die bedeutendste barocke Kirche Venedigs.

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ENDE

Joanna, 20. 01. 2012

Willkommen an Bord: Rike und Helmut

…Rike war das Schiff, der Steg und überhaupt … nicht ganz so geheuer (das gleiche Problem wie mit den Kühen: sehn harmlos aus, könnten aber ganz böse sein) –  aber was macht man nicht alles für die Kunst!

Marcel, 10. 03. 2011

Heute fuhren wir mit Marcels Eltern und Andrees von Split nach Supetar auf der Insel Brac. Fahren ist schon der adäquate Ausdruck dafür, denn wir hatten Windstärke 1, das heißt Windstille. Die Sonne schien, es war gefühlt wärmer als in Split selbst, man düste an Deck vor sich hin, nachdem man zunächst etwas für Arbeit sorgte: Das Großsegel setzen, dann den Klüver, die Fock auspacken, um dann wieder alles zusammenzurollen und zu bergen, denn ohne die Hilfe des Motors dümpelten wir nur auf der Stelle.

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Auf unserer gemächlichen Fahrt stand Roland am Ruder und hielt Kurs auf das Örtchen, wo die wenigsten Brac-Besucher bleiben, vielmehr ankommen und abfahren – es ist der größte Fährhafen der Insel.

Circa 1,5 Seemailen vor Supetar sichteten wir einige Meter vor uns entfernt eine fünfköpfige Delphin-Familie! Leider etwas zu weit von uns entfernt, um gute Fotos machen zu können, aber dennoch zu Freude der gesamten Crew. Die Sichtungsdaten müssen noch an die Delphinschutz-Zentrale durchgegeben werden.

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Für Inge, Roland und Andrees war Supetar nichts neues, denn sie haben sich das Örtchen bereits gestern angeschaut, indem sie die Fähre von Split genommen haben. So wußten wir sofort, welche Konoba die ideale für uns ist.

Zu Supetar folgendes aus dem Internet-Führer der Homepage der Insel Brac (mit Originalfehlern):

  • “Neben der Kirche zu bewundern wäre ein frühchristliches Mosaik (6 Jh.) Die heutige Kirche ist auf dem Fundamenten einer frühchristlichen Basilika des hl. Petrus erbaut. Der hl. Petrus ist Patron der Stadt Supetar. Diese Basilika mit ihrem Patron gab den Namen dem Orte.”

Dem ist wenig hinzufügen, außer daß das frühchristliche Mosaik im katastrophalen Zustand ist und es wahrscheinlich nicht mehr so lange zu sehen sein wird. Denn es ist weder restauriert noch versiegelt. Jeder geht direkt darüber und parkt sein Fahrrad darauf.

  • “Über die Bucht von Supetar auf dem Friedhof dominiert einer Zypresse ähnelndes weisses Mausoleum mit seinen byzantinisch- orientalischen Elementen. Das Mausoleum gehört der Familie Petrinovic und ist ein Werk von Toma Rosandic ( 1878-1957) Auf dem Friedhof neben dem Kirchlein befinden sich zwei altchristliche Sarkophage.
    Unterhalb des Friedhofes sind noch die Reste einer villae rusticae zu sehen. Der gröste Teil der Grabdenkmäler auf dem Friedhof tragen Handschrift von Ivan Rendic (1849-1932): das Relief “Pieta“ ( Grabstätte der Familie Franasovic, das Grab Rinalda Culica, sowie die Gruft der Familie Rendic. Seine Jugendzeit sowie die letzten 11 Jahre des Lebens verbrachte Rendic in Supetar. Er studierte in Trieste, Wenedig und Firenca. Er zählt zu den bedeutesten Künstler Kroatiens im 19. Jh. Sein 208 Werke findet man in 51 Städte. Einige kann man sehen in der Galerie „ Ivan Rendic“ in der Stadtbibliothek im ersten Stock. Vor der Galerie (hinter dem Lebensmittegeschäft an der Hauptpromenade) steht Rendics Statue „ Denkerin“.”

Das Mausoleum ist wirklich sehenswert. Warum es einer Zypresse ähneln soll, ist mir nicht klar. Von innen war es nicht einsehbar, aber die Reliefs außen, eine Mischung aus “ägyptischen” und “syrischen” Stil, sowie die “mittelalterlichen” Speier, die als Kapitele gesetzte trauernd-nachdenkliche Putten, sowie überhaupt der Ort des Mausoleums (wie der sehr stimmungsvolle Friedhof überhaupt) sind auf ihre Weise beeindruckend. Man erkennt deutlich, daß der Künstler einen thematischen Plan verfolgte, der sich um den Tod und das Sterben einerseits und die Vision des Jüngsten Gerichts andererseits dreht. Der strafende oder auch nur kraftvoll-bestimmende Gottvater befiehlt eine Schar sehr resoluter Engeln, die das Hauptportal im Relief schmücken. Über dem gesamten Gebäude, auf der Spitze der Kuppel, hockt oder kniet ein gewaltiger Engel aus Bronze (?) – eine Mischung aus Todesengel und Rodons Denker.

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  • “Auf dem Hauptplatz steht die Kirche des hl. Martin aus dem 18. Jh. zur Zeit Ausstellungsplatz. Oberhalb von Supetar steht eine von 19 guterhaltenen frühromanischen Kirchen auf der Insel Brac. Die Kirche ist dem hl. Lukas geweiht. Bekant durch eine Zeichnung des Schiffes ( die erste bekannte in Dalmatien) an der Mauer im Innen der Kirche. Rund um Supetar sowie überall auf der Insel Brac sieht man kleine aus Steinen rundgebauten Häusern mit dem runden Dach, von den Einheimischen Bunje gennant. Diese Häuser dienen heute den Feldarbeiter als Schutz, in der Vorgeschichte als Wohnraum. Bauten änlicher Art findet man sehr oft im Mittelmeerraum unter Namen tholos, nuragho, cabana, barraca, caslla, trullo und noch bei uns in Istrien Kažuni.”


Dieser letzte Absatz hier der vollständigkeitshalber zitiert, denn gesehen haben wir weder die St. Martin Kirche noch die frühromanische mit der ersten überlieferten Zeichnung eines Schiffes, was ich sehr bedauere. Allerdings sind uns auf unserer früheren Wanderung von Milna aus (siehe dort) und insbesondere von Stari Grad auf Hvar sehr wohl die Rundbauten aus aufeinandergeschichteten Feldsteinen aufgefallen. Jetzt wissen wir, daß sie bunje heißen und tatsächlich mit ihren italienischen und griechischen Verwandten, den thalos, nuraghos und trulli so zu sagen alles gemeinsam haben.

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Marcel, 25. 08. 2010

Der Badeort Shengjin hat eindeutig die Bausünden von Durres wiederholt. Handelshafen, Fischereihafen, Fährhafen, Hotelburgen. Wir liegen eingekeilt zwischen Feuerwehrboot und Großschifffahrt. Ohrenbetäubender Lärm vom Verladen und Betanken der Frachter über die ganze Nacht. Schleimhautreizender Gestank der direkt aus der Hölle kommt verströmt die neben uns liegende Fischereiflotte. Man hilft uns freundlich neugierig beim Anlegen. Der Hafenkapitän, der perfekt Englisch spricht, ist äußerst zuvorkommend. Wofür man hier jedoch 40€ berappen muss bleibt schleierhaft, zumal wir keine Quittung bekommen haben. Wahrscheinlich spart der Offizielle für seinen nächsten Urlaub in Italien. Der Zollpolizist spricht nur Albanisch und notiert sich unsere Schiffsdaten auf einem handgeschriebenen Formular. Die Pässe interessieren hier niemanden. Noch kommen wohl nicht so viele Sportboote zum Ein- und Ausklarieren hierher. Man ist nicht darauf eingerichtet. Die meisten Yachten machen einen Bogen um albanische Gewässer und fahren über Italien die Adria hinauf und hinunter.

Im gesamten Ort herrscht Stromausfall. Auch der Hafen liegt in den meisten Teilen im dunkeln, die nicht von den Flutlichtern der Verladekräne ausgeleuchtet werden. Da im Ort überall infernalisch lärmende Generatoren laufen, handelt es sich vermutlich um eine normale Situation. In den Geschäften ist es größtenteils finster, Kerzenschein beleuchtet einzelne Waren. Rinder laufen unbeaufsichtigt die Hauptstraße und den Strand hinauf, was jedenfalls für die Rinder ganz normal zu sein scheint, sie trotten in einer Engelsgeduld gegen den Strom der schnellfahrenden Autos. In einer mit Kerzen erleuchteten Bäckerei erstehen wir noch ein paar Fladenbrote. Die im Reiseführer empfohlenen Restaurants vom Typ “Tresen, Neonröhre, Plastikstühle” – der hier vorherrschende Stil – machen einen wenig einladenden Eindruck. An der ‘Strandpromenade’, einem verstaubten Fahrweg, den Hotelburgen vor- und dem an eine Müllhalde mit Sonnenschirmen ermahnenden Strand nachgelagert, finden wir ein annehmbares Restaurant mit freundlich zurückhaltender Bedienung (spricht kein Englisch). Das Essen ist erfreulicherweise gar nicht so schlecht. Gegrillter Fisch (“Is it white Fisch? No, green or grey!” Er meint die Farbe der Schuppen!), Tintenfisch in Tomatensauce und guter Hartkäse. Wir kosten einen fruchtig herben albanischen Wein und später kommt ein Englisch sprechender Kellner dazu, der neugierig fragt, ob er sich am nächsten Tag unser Schiff anschauen könnte. Wir geben großzügig die restlichen Leks Trinkgeld und laden ihn auf einen Kaffee vor dem Ausklarieren und Ablegen ein.

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Klein Chulugi vom weißen Hai verschlungen!

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Sicht aus unserer Kabinenluke: Die Fischereiflotte von Shengjin.

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Ich photographiere heimlich die heimische Flotte, die alles erdenkliche, zumal aber alles stinkende einfach über Bord befördert. Der Geruch ist bei angehenden 37 Grad mehr als nur gewöhnungsbedürftig. Darüber hinaus trägt der normale Hafenarbeiter (Zuschauer) hier bauchfrei.

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Der nette und englischsprechende Kellner Klodjan von gestern Abend kommt tatsächlich – wie ausgemacht – um 1030 zu uns ans Boot (ganz links im Bild, rechts wiedermal der strahlende Eigner). Das Betreten der Jacht hat die Hafenpolizei ihm zuerst verboten! Wir stehen also zunächst in der brütenden Hitze (es werden langsam 37 Grad) und im Hafenlärm an der Pier und versuchen zu plaudern. Dann überredet er doch noch den Zollbeamten, der unweit der Yacht alles beobachtet, und der junge Mann darf wenigstens ans Deck. Ihn interessiert vor allem der Preis des Bootes – Marcel bleibt eisern und hüllt sich diesbezüglich in Schweigen – naja und ein wenig auch das Lenkrad, das er nicht losläßt. Ich serviere Kaffee und Wasser, danach tauschen wir unsere Mails – er bedauert etwas, das er kein Facebook Acc. hat (wir finden das nicht schlimm) – und dann verabschieden wir uns und legen ab.

Das Ablegemanöver ist fast perfekt.

Wir haben in Shengjin ausklariert und befinden uns nun auf dem Weg nach Montenegro. Natürlich wiedermal ohne Wind und unter laufendem Diesel…