Joanna & Marcel, 07. 07. 2010

Moses Joseph Roth (* 2. September 1894 in Brody/ehem. Polen, heute Ukraine; † 27. Mai 1939 in Paris) war ein österreichischer Schriftsteller und Journalist.


„Roth ist leider ein Narr, wenn auch ein liebenswerter. Welch ein herrlicher Mensch geht da zugrunde“ (Stefan Zweig) 1935

Bezeichnend für Roth ist die Mystifizierung seiner Kindheit, seiner Herkunft, seiner Ausbildung. Seinen familiären Hintergrund beschreibt er folgendermaßen:

„Meine Mutter war eine Jüdin von kräftiger, erdnaher, slawischer Struktur, sie sang oft ukrainische Lieder, denn sie war sehr unglücklich […] Sie hatte kein Geld und keinen Mann. Denn mein Vater, der sie eines Tages nach Westen mitnahm, wahrscheinlich nur, um mich zu zeugen, ließ sie in Kattowitz allein und verschwand auf Nimmerwiedersehen. Er muss ein merkwürdiger Mensch gewesen sein, ein Österreicher vom Schlag der Schlawiner, er verschwendete viel, trank wahrscheinlich und starb, als ich sechzehn war, im Wahnsinn. Seine Spezialität war die Melancholie, die ich von ihm geerbt habe.“ (Joseph Roth, zit.: Süddeutsche Zeitung, 2. Sepember 1994)

Sein Vater gehörte der chassidischen Bewegung an, Roth lernte ihn jedoch tatsächlich nie kennen. Im Jahre 1913 schrieb sich Roth mit 19 Jahren an der Universität von Lwow (ehem. Polen) ein, wechselte aber bereits im zweiten Semester nach Wien, wohin er mit seiner Mutter übersiedelte. Er studierte dort Germanistik und Philosophie. 1916 bis 1918 diente er in Galizien: Er und ein Freund waren beide „bei Ausbruch des Krieges Pazifisten. Beide ändern aber [-aus später für ihn nicht wieder nachvollziehbaren Gründen-] ihre Haltung, sie empfinden es als Schande, unnütz in Wien zurückgeblieben zu sein und melden sich freiwillig.“ Militant war Roth jedoch trotzdem nie, so betont er stets das Leid, das der Krieg bringt. „Die Insassen des Kriegsspitals Numero XXIV […] waren blind oder lahm. Sie hinkten. Sie erwarteten eine Amputation oder waren bereits amputiert. Weit hinter ihnen lag der Krieg. Vergessen hatten sie die Abrichtung; den Feldwebel; den Herrn Hauptmann; die Marschkompanie; den Feldprediger; Kaisers Geburtstag; die Menage; den Schützengraben; den Sturm. Ihr Frieden mit dem Feind war besiegelt. Sie rüsteten schon zu einem neuen Krieg; gegen die Schmerzen; gegen die Prothesen; gegen die lahmen Gliedmaßen; gegen die krummen Rücken; gegen die Nächte ohne Schlaf; und gegen die Gesunden.“

Krieg, seine materielle Unsicherheit, die politische Entwicklung und die mentale Krankheit (fortschreitende Schizophrenie) seine Ehefrau trieben ihn immer mehr zum Alkoholismus. Nach seiner Teilnahme am ersten Weltkrieg und nachdem er sein Studium aus finanziellen Gründen abgebrochen hatte, begann Roth für einige neue, kritische, leider aber nur kurzlebige Zeitungen zu schreiben. Er verarbeitete damals in seinen Feuilletons Gedanken, „die“, so Helmut Peschina, „aus dem Geist der Stunde geboren waren.“ Roth lebte und schrieb also zuerst in Wien, dann, ab dem Jahre 1920, in Berlin. 1923 kehrte er wieder nach Wien zurück. Er reiste auch sonst viel herum- außerordentlich viel. Einen „Großteil“, schreibt man in „Sehnsucht nach Paris, Heimweh nach Prag“ (wahrscheinlich doch etwas aufbauschend), „seines Lebens verbrachte er in Hotels, ohne festen Wohnsitz.“ Wie viele andere emigrierte Roth 1933 nach Frankreich, wo er bereits 1939, im Alter von 45 Jahren arm und alkoholsüchtig starb.

Vom September bis Dezember 1926 bereiste er die Sowjetunion, wo er angesichts des realexistierenen Kommunismus davon Abstand nahm, damit zu sympathisieren. Mai bis Juni 1927 Albanien und Jugoslawien, im Herbst 1927 das Saargebiet, Mai bis Juli 1928 Polen und Oktober/November 1928 Italien.

„Roth vertritt (in seinen Romanen) auch die Position des journalistischen „Handwerkers“. Roth war seinen Zeitgenossen in erster Linie als Journalist bekannt und journalistische Arbeiten machen gut die Hälfte seines Werkes aus. Roths Zugehörigkeit zur Neuen Sachlichkeit – die ja eine Gegenbewegung zu dem die Literatur der Weimarer Zeit prägenden Expressionismus war – leitet sich vielleicht eben auch davon ab, dass Roth kein Expressionist war. Am Sprachexperiment „Expressionismus“ nimmt Roth nicht teil, sondern bleibt in seinen (meisterlich verwendeten) sprachlichen Mitteln konservativ.“ (Wikipedia)


Quellen

http://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Roth (ausnahmsweise ein guter Text)

http://www.josephroth.de/index.html

http://cafe.twoday.net/stories/4971919/


Einzug in Albanien

Das Meer ist still, die Wolken hängen festgenagelt am Himmel wie Bilder an der Wand, auf dem Wasser schwimmt ein Geisterboot ohne Schwanken, an einem unsichtbaren Seil, dem Schiff entgegen, um mich abzuholen. Es sind nur zwei an Bord, die nach Albanien gehen: ein Mann, der im Lande der Bärte Gilette-Apparate verkaufen will, und ich.

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