Madeira ist unter den Wanderern insbesondere wegen der Levada-Wege berühmt. Levada, so nennt man hier “Wasserwege” oder vielmehr das Bewässerungssystem der Insel, das darin besteht, Wasser aus den Bergen im Norden auf die in unteren, trockenen Regionen im Süden liegenden Felder und nun vor allem die Städte mit auseichend Süßwasser zu versorgen. Es ist nicht nur der Regen, der in den Bergen bzw. sich an den Flanken der Nordseite der Insel abregnet.
Eine geologische Besonderheit der Insel macht es sogar möglich, dass der Regen der auf die Südflanken fällt, auf der Nordseite abfließt! Das macht die besondere vulkanische Beschaffenheit der Hänge möglich. Wir können es täglich beobachten, wie an den Bergflanken die Wolken so lange hängen bleiben, bis sie sich abgeregnet haben. Der Osten bleibt meistens trocken, während es nur ein paar Kilometer weiter (und das heißt viel weiter oben) regnet.
Die Levadas zeugen in den meisten Fällen von waghalsiger Viaduktbaukunst, denn zwar bedarf das Wasser nur eines Prozents der Neigung, um beständig nach unten zu fließen, aber ihre Quellen – die “Madres” wie sie hier genannt wird – entspringen in luftigen Berg- und Hanghöhen und im unwegsamen Gelände. Nicht selten sind die Wassertröge in die Felswände geschlagen und ihr ungestörter Talverlauf durch Tunnels gesichert, die die Berge durchlöchern. Man fragt sich vielleicht, wer das gemacht hat. Es waren in den seltensten Fällen die Bauern oder die ersten Siedler, auch wenn die ersten Levadas bereits im 15. Jh. gebaut wurden, d.h. nur wenige Jahre nach der ersten planmäßigen Besiedelung. Ihre Erbauer waren vor allem sklaven aus Afrika – den ersten Kolonien Portugals – und Arabern (zum Teil durchaus auch Sklaven), die sich auf der Kunst der Bewässerung auskannten wie kaum einer damals (und wahrscheinlich auch heute). Sie wurden zum Teil in Körben die Steilwände abgeseilt. Ich denke daran, wie viele wohl dabei umgekommen sind.
Diese Levadas werden auch heute noch zum Teil zur Versorgung der Trinkwasserreservoire und der Feldbewässerung genutzt. Zu früheren Zeiten waren sie eine absolute Überlebensnotwendigkeit, und bedurften dementsprechend ständiger Pflege und Instandsetzung. Daraus entstanden schmale Wege bzw. Mauerwege, die die Levadas begleiten, und auf denen die Levadaarbeiter zu den Wasserleitung gelangten, um sie zu warten. Aber auch Bewohner oder Bauern entlegener Ortschaften oder Höfe benutzten sie als ihre “Zufahrten” nach Hause.
Eine sehr gute Beschreibung der vielen Levadas auf Madeira liefert für alle Interessierten diese private Seite (sehr empfehlenswert):
http://danishome.ch/Levadaverzeichnis.htm
Eine solche Levada, wie es heißt, eine der schönsten, haben wir erwandert. Gleichwohl hieß es, dass just diese von hunderten Wanderern pro Tag begangen wird, Hinweise im Internet fehlten nicht, die aufmerksam machten auf lärmende Gruppen, die das Echo in den Schluchten ausprobierten, rasende Rentnergruppen, und überhaupt zu viel von allem – Lärm und Mensch –, um von der angepriesenen Idylle, Naturschönheit und Naturgeräuschen zu hören.
Wir machten diese Wanderung trotzdem. Mit dem Fazit: nur an die 60 Wandertouristen, Lärm hielt sich in Grenzen, Wetter war ok, schöne Stellen gab es viele (die berühmten Vögel haben wir nicht gesehen), aber ein wenig monoton war es schon… Wir haben die Wanderung jedenfalls ab dem 3 Tunnel abgebrochen und sind zurückgegangen. Das hätten wir sowieso bald machen müssen, denn diese Wanderungen sind meistens “one way”. Ach ja, Nico musste die meiste Zeit an der Leine geführt werden, weil die Abhänge zwar zugewachsen sind (gut für mich), aber nichtsdestotrotz senkrecht mehrere hundert Meter in die Tiefe fallen – und Nico immer wieder Anstalten macht, sich in diese Tiefe ohne Angst begeben zu wollen.