Akrotiri-Halbinsel: Seeräuberbucht-Wanderung
Joanna, 04. 06. 2010

Wir kamen von der Seeseite her – natürlich. Es war noch Dämmerung und der Tag begann sich erst langsam zu regen als wir die sehr schmale, sehr tiefe Seeräuberbucht erreichten. Ich habe auf spielgelglattes Wasser gehofft, damit wir trotz des sehr tiefen Wassers hier ankern könnten.

Mein Ziel: von der Seeräuberbucht aus zu einem verlassenen Kloster, zu einer Eremitenhöhle, einer Maria-Kapelle in der “Bärenhöhle” und schließlich am Ende der Tour zu einem sehr bekannten, wehrhaften Kloster zu wandern. Poseidon war mir wohlgesonnen und ließ das Wasser ruhig und eine kleine ‘Untiefe’ von 16 Metern entstehen. Wir konnten den Anker fallen lassen.

Aber es sollte trotzdem anders kommen… wie immer war ich für die vorgesehene Dauer der Wanderung – ca. 2,5 Stunden – viel zu langsam. Angesichts der vielen Natur- und Kultureindrücke, die alle paar Meter auf mich warteten, war an einen wandermäßigen Schnellschritt nicht zu denken und auch nicht erwünscht.

Die erste Überraschung war die fjordartige Bucht selbst: Unglaubliches azzuro-grünes Wasser und eine in Naturstein gehauene Anlegerstelle. Sie diente früher nicht nur den München als Pier, sondern auch den Seeräubern, die das Kloster regelmäßig übervielen. So sahen sich die frommen Männer irgendwann dazu gezwungenen, nachzugeben und sich ein auf der Höhe gelegenes neues Kloster – wehrhaft wie eine Burganlage – zu bauen: mein eigentliches Tourenziel.

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Ich ruderte also in diese wunderbare Bucht, während die Jungs sich auf Chulugi die Zeit vertrieben (mit schlafen, trinken und baden wie echte Piraten eben). Mich zog es eher auf den Spuren der Piraten hoch hinaus und zu dem verlassenen Kloster.

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Die Fotos zeigen den ‘natürlichen Anleger’ oder aber die Ruinen von ‘Hafenanlagen’. Ich habe gelesen, daß in der Nähe der Bucht Steine abgebaut wurden und diese Stelle zu einem Steinbruchan- und ableger wurde.

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Wie ein echter Fjord.

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Der Wanderweg entpuppte sich sogleich als eine Schluchtwanderung – und was für eine! Die Fotos geben die Eindrücke sehr ungenügend wieder, da die starken Helldunkelkontraste, die in der Schlucht vorherrschten, von der Kamera nicht dem visuellen Eindruck entsprechend festgehalten werden konnten.

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Und dann schließlich die Bogenbrücke – gewaltig umspannte sie die Schlucht, in deren Tiefe die Wanderung mit den blauen Markierungspunkten weiterging (wohin weiß ich jedoch nicht, weil es in meinen Wanderbüchern nirgends beschrieben ist. Ich war sehr versucht, den blauen Punkten zu folgen…)

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Das verlassene Kloster liegt oberhalb dieser Bogenbrücke und man muß einen steilen Pfand nehmen (=hochkrachseln; ich nahm übrigens aus versehen den falschen, nämlich einen noch steileren Ziegenpfad und wunderte mich, wie man diesen Pfad den ungeübten Wanderern zumuten könne).

Was für ein Ausblick, was für eine ehemals schöne Anlage!

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Unverkennbar italienische Renaissanceeinflüsse (was für eine orthodoxe Kirche eher ungewöhnlich ist, denn die Fremdherrschaft der Venezianer und damit der Katholiken war ein zusätzliches Hindernis, Kunstformen der jeweils anderen Religion zu übernehmen): die beiden Spitztürmchen bzw. Bögen, der Spitzgiebel mit dem (in sehr bröckeligem Zustand) Arkantenfries und schließlich die Felsenkirche selbst mit ihrem Rundfenster über dem Haupteingang und den ziselierten Pfeilern an den Seiten. Das Kircheninnere war neueren Datums bzw. ähnelte mehr einer Grotte. Von der Decke tropfte unablässig Wasser und es ist nur eine Frage der Zeit, wann sich hier Stalaktiten und Stalakmiten bilden werden. Ich schob die zur Anbetung ausgestellte Ikone zur Seite, auf der die vielen Männer wie stellvertretend für die ehemals geflüchteten Mönche die Hände zum Gebet heben und in dieser wunderbaren stillen Landschaft die Stellung halten, damit sie nicht selbst zu Stalaktiten werden.

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P6042198 [Ein Suchbild: Wo sind die kleinen Berghütten?]

Mein Weg führte einen langen als Treppe angelegten Weg hoch, ich bewunderte die Schlucht und die Berghänge mit ihren gut in die Landschaft assimilierten Bebauungen, die bestimmt noch die Mönche angelegt hatten, als sich unvermittelt zu meiner Rechten ein Höhleneingang öffnete.

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Ich muß gestehen, so sehr mich Höhlen und Grotten anziehen – über Jahrhunderte genutzt, nicht selten zu sakralen, mythisch aufgeladenen und verehrungswürdigen Räumen gewachsen –, so sehr wecken sie auch tiefsitzende Ängste in mir. Also, schnell ein- und ausatmen und einen Schritt hinein wagen.
Der kleine improvisierte Altar machte mir schnell deutlich, dies müßte die Höhle des Eremiten Johannes (Ioannes) sein.  Ich zündete eine Kerze an und leuchtet mit der bereitgestellten Scheinwerferlampe in das Dunkel der Höhle. Sie war nicht besonders lang, aber für mich unheimlich genug. Ich vermute, in ihrem Inneren gibt es noch einen weiteren Altar.

Was folgte, waren atemberaubende Ausblicke und ein wunderschöner gepflasterter Pilger- und Eselspfad! Ich war überwältigt. Und all diese Schönheit nur für mich alleine, denn hier war weit und breit kein anderer Mensch. Nur die sehr zahmen Ziegen – offenbar auch nicht mehr an Menschen gewöhnt – begleiteten meinen Weg.

Und weil meine Begeisterung ausgekostet werden wollte und Zeit dabei keine wesentliche Rolle spielte, mußte ich auf die Bärenhöhle und auch auf das wehrhafte Kloster (noch von Mönchen bewohnt) verzichten und wieder in die Schlucht hinabsteigen, die plötzlich so weit unten lag…

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Der Rückweg:

Gleisendes Licht auf dem Berg. Das Meer verlockend blau und kühl in der Ferne.

P6042215 P6042205 Ich teilte mein Imbiss mit den Ameisen.

Und wieder in der schattigen Schlucht:

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Dann der vertraute Anblick des schimmernden Wassers – die Fjordbucht und um die Ecke die wartende Chulugi mit den badenden Jungs:

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Es war die schönste Wanderung, die ich bisher gemacht habe…

Und hier noch mehr Fotos: