Auf See
Marcel, 20. 05. 2012

Am Nachmittag kein Wind, keine Welle, nur Dünung. Sonne hinter Schleierwolken.
In der Nacht: kein Wind, bleischwere See. Der Windmesser zeigt einen Hauch von Nichts. Die Segel schlagen. Wir sind noch tief in den Kalmen, tief in der Nacht.
Eine schöne Beschäftigung ist die AIS Liste: Um uns herum kleine grüne Dreiecke, die rot werden, wenn man ihnen zu Nahe kommt. Sie haben Namen wie LADY SUNSHINE, GLADIATOR, CELEBRITY SILHOUETTE, ETERNITY ISLAND. Unter den Bestimmungsorten sind VENICE, TRIESTE und RAVENNNA ganz weit oben auf der Liste. Aber es gibt auch Ziele wie MARSAXLOKK, BAKAR, GIBRALTAR.
Manche Schiffe sind mit Lichterketten behangen wie mit Goldketten. Manchmal leuchtet es nur hinter der Kimm. Unsere Erde ist so klein, dass es nach zwei, drei Meilen hinter dem Horizont in den Abgrund geht. Man kann hinfahren und nachsehen, was sich dort verbirgt. Das Abendland hat fast 1500 Jahre dazu gebraucht, um dies herauszufinden. Doch seitdem gibt es kein zurück.
Am nächsten morgen sind wir wieder in kroatischen Gewässern. Die Gastlandflagge flattert über dem gelben Q. Die Oberfläche des Meeres leicht gekräuselt. Die Sonne wärmt schon mit den ersten Strahlen. Kleine Inselchen und einzelne Felsen ragen aus dem Morgendunst und zeichnen sich nach und nach immer deutlicher gegen den Himmel, der sich erst noch durch einen Horizont vom Meer trennen muss. Dieser wird langsam eingeblendet. Das Licht wird mediterran und ganz anders als noch in der nördlichen Adria.