Ithaki Ιθάκη – Vathi, Kioni, Frikes, Mármaka
Marcel, 14. 06. 2010

Sonnig; 30°C; 1004 hPa; Wind 0-1NW. Das bedeutet erneut unter Motor zu reisen. Die Maschine wummert ruhig vor sich hin. Die See ist spiegelglatt, man sieht noch fast eine Meile weit den Schnitt mit dem Chulugi das Wasser teilt. Da der Dieselvorrat zu neige geht, entscheiden wir uns für einen Abstecher nach Vathi, der Inselhauptstadt Ithakas. Wunderschön gelegen in einem gegen alle Windrichtungen geschützten Naturhafen. Die ursprüngliche venezianische Bausubstanz wurde auch hier bei dem großen Erdbeben in den 50er Jahren zerstört, doch das Städtchen wurde pittoresk wieder aufgebaut und schmiegt sich im Halbkreis um die hügelige Bucht, in dessen Mitte das kleine Inselchen Lazaretto (auch Nisaki tou Sotira Νησάκι του Σωτήρα ‚Inselchen des Erlösers‘) liegt. Auf ihr befindet sich eine 1668 errichtete Kapelle, die der ‚Verklärung des Erlösers‘ (Μεταμόρφωση του Σωτήρα) geweiht ist, nach der die Insel ihren griechischen Namen erhielt. Später diente sie als Kranken- und Quarantänestation für Ankömmlinge aus Übersee.

Um 1520 machen wir am Bunkerkai fest und bunkern 120l Diesel.

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Kioni liegt nur wenige Meilen weiter nördlich. Vorbei an einer Reihe von Windmühlenruinen auf einer Landzunge fahren wir in die geschlossene Bucht von Kioni ein. Es gilt als das schönste Dorf der Insel. Diesen Umstand haben aber nicht nur wir den einschlägigen Reiseführern entnommen, sondern mit uns mindestens 20 weitere Yachten. Die Molen sind bereits überbelegt und die umliegenden (äußerst schönen) Buchten sind leider zu tief zum ankern. Eine Landleine wäre möglich gewesen, wie entscheiden uns aber gegen das aufwändige ausbringen einer Landleine und fahren weiter nach Frikes.

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Hier bläst der Wind mit 20 Knoten durch das Tal, in das sich das winzige Fährörtchen schmiegt. Nachdem wir aber wiederum gefühlte 20 umliegende Buchten nach einem geeigneten Ankerplatz abgesucht hatten und die Abendsonne langsam hinter den Hügeln verschwindet, entscheiden wir uns doch, in den Hafen einzulaufen, wo wir tatsächlich den letzten für uns günstigen Liegeplatz ergattern. Einziger Wehrmutstropfen: Wir liegen wieder einmal auf Legerwall an einer Betonmole, so dass unsere neuen Fenderumpuschelungen zum Einsatz kommen.

Am Morgen bekommen wir das Bild der letzten Tage geboten: Die Sonne brennt schon früh, es ist heiß, kein Lüftchen weht. Ein Wetter zum in der Hängematte liegen und nichts tun… Wir unternehmen eine über fünf stündige Wanderung in die umliegenden Hügel und Weiler um die “Schule des Homer” zu suchen. Die legendäre Stätte soll sich nahe einer Ruine einer frühchristlichen Kirche befinden. Diese ist auch ausgeschildert. Doch auch nach nicht unerheblichem Fußmarsch ist keine Kirchenruine zu finden.

Dafür entdecken wir am Ende einer Sackgasse, die sich zwischen einzelnen Häusern den Hang hinauf windet, gegenüber einem Brunnen ein verlassenes und leider schon im Verfall begriffenes Haus im venezianischen Stil (wie so viele alte Gebäude auf Ithaka) mit wunderschöner Terrasse. Das Haus ist in hellem Ocker gestrichen, die Fenster weiß gerahmt. Wir bereiten unser Picknick im Schatten wilder Weinranken. Uns eröffnet sich ein Blick hinunter zum Meer und weit bis zum Horizont. Verwilderte Gärten mit Oliven- und Zitrusbäumen runden das Bild zu einem wahren Mittelmeeridyll. Es ist nicht nachzuvollziehen, wie man solche Häuser dem Verfall überlassen kann.

Die meisten Häuser liegen einige Meter von den schmalen Straßen zurück versetzt. Die Fassaden sind nicht nur in weiß, sondern in angenehmen, gedeckten Farben gestrichen: Venezianisch Rot, Ockergelb, Umbra, Himmelblau. In den Zweigen der Eichen und Olivenbäume der Vorgärten hängen Plastiktüten mit frischem Brot, die der Inselbäcker am Nachmittag liefert.

Die alten Monopati, Fuß- und Eselswege, schlängeln sich zwischen Natursteinmauern die Hänge der Hügel hinauf. Olivenbäume und Eichen säumen die Wege. Viele Spinnen spannen ihre Netze quer oder hoch über die Monopati und machen das achtsame Vorankommen mühevoll. In einem verlassenen Garten pflücken wir Zitronen und saftige, aber bittere Orangen, die wir später mit einem Kreuz markieren, um sie in unserem Obstkorb zwischen ihren süßen Artgenossen wieder zu finden. Über die schmalen Pfade gelangen wir zu einer kleinen Kapelle (leider verschlossen, wie so häufig auf den Ionischen Inseln), an der wir erneut Rast einlegen. Unter unseren Füßen sammelt sich eine Ameisenstraße mit sichtlichem Interesse an weggeworfenen Olivenkernen. Die kleinen Kerlchen sammeln die für sie riesiegen Olivenkerne und schleppen sie zum zu engen Eingang ihrer unterirdischen Behausung. Nach kurzer Zeit ist der Eingang durch zahlreiche Kerne versperrt.

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Zurück in Frikes gönnen wir unseren müden Füßen Rast und unserem Bauch ein Bier und eine rustikale Fischsuppe. Am Nachmittag legen wir ab. Gerne hätten wir länger auf dieser  Insel verbracht. Sie ist beschaulich und wunderbar unaufgeregt. Die Landschaft ist dünn besiedelt. Die einzelnen Weiler sprenkeln die Landschaft ohne sie zu verunstalten.

Der Anker fällt in der nur eine Meile entfernten Bucht Mármaka. Auf dem vorgelagerten Inselchen steht eine Kapelle, die, wie sollte es anders sein, dem heiligen Nikolaus gewidmet ist. Wir schwimmen zu der Insel über der zahlreiche Möwen kreisen, die einen infernalischen Lärm veranstalten. Vermutlich fühlen sich die Tiere durch Eindringlinge gestört. Da wir kamikazeähnliche Angriffe im Sturzflug befürchten, bewaffnen wir uns jeder mit einer Taucherflosse und marschieren zu der kleinen Kapelle, die, wie leider so häufig im ionischen Teil Griechenlands, verschlossen ist. Ernsthafte Angriffe auf unser Leben blieben aber, Dank dem Schutz des heiligen Nikolaus aber aus.

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In der Nacht rollt hin und wieder eine seltsame Dünung in die Bucht. Das Meer hebt und senkt sich ohne eine Welle. Nur über der nahegelegenen Untiefe bricht sich das Wasser in sonst spiegelglatter See. Es ist so, dass Joanna noch nicht wirklich darauf vertraut: Aber auch in dieser Nacht hält der Anker.