Inselrundfahrt

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Am Morgen zwängen wir uns zu elft in einen klapprigen und nicht mehr gefederten ozeanblauen Kleinbus. Nein, eigentlich zu zwölft, denn unser Fahrer und Milan sitzen vorne und trotzdem bleibt noch ein umklappbarer Notsitz frei: Joanna und Nico bleiben an Bord. Der Bus klappert zwar, ist aber blitzeblank gefeudelt und abgewischt und das geht nur durch permanente Fleißarbeit a la Sisyphos: Auch während kurzer Fotostopps hat unser Fahrer sogleich einen Baumwolllappen in der Hand und beginnt den Lack und die Fenster zu entstauben. Wir holpern eine kopfsteingepflasterte Hangstraße hinauf zu einem Aussichtspunkt und es wird gefeudelt. Wir holpern wieder hinab in ein staubiges Kaff auf der Rückseite (von Mindelo aus gesehen) der Insel in dem einmal im Jahr ein großes internationales Reggae-Festival stattfindet und das den Rest des Jahres in ein Dornröschenschlaf verfällt und während wir nicht hingucken wird gefeudelt. Auf der ganzen Insel gibt es nichts außer Dreck und Staub wie in der Musik von Calexico. Es gibt also immer genug zu feudeln auf der Insel, die ich daher in Santa Poeira umtaufe.

Vom Monte Verde, der sich eigentlich nicht grün, sondern braun und grau über der Stadt erhebt, hat man einen guten Blick auf den Staub und den Dreck und einige kümmerliche Maispflanzungen von denen man kaum annehmen kann, dass sich der Aufwand lohnt. Einige der Feldarbeiter kommen jeden Tag zu Fuß hier hinauf um sich um die Pflanzen zu kümmern, deren Blätter (braungelblich und grau) traurig schlaff herunterhängen.

Die Insel selbst ist nicht die Attraktion, sondern die Faszination, dass nur auf Grund des natürlichen Hafens von Mindelo sich Menschen dazu entschieden haben hier zu leben. Drüben auf der anderen Seite des Kanals liegen die saftig grünen Täler von Santo Antão und hier fällt einem mit der Zeit das Luftholen schwer, weil sich die Atemwege zusetzen wie bei einem Bergmann.

Wir fahren an einem (braunen) Schild vorbei, das euphemistisch auf den Golfclub der Insel verweist. Das lässt an saftig grüne, ordentlich mit der Schere gestutzte Wiesen auf einem Cabo Verde denken und Clubmitglieder, die in weißen Leinenanzügen mit Whiskey und Zigarre auf einer Veranda sitzen und zusehen, wie im Westen eine trübe Sonne knapp über dem Horizont ausgeblendet wird, bevor es dunkel wird und die Zikaden zu zirpen beginnen. Doch hinter dem Schild gibt es nur (braune) staubige trockene Erde mit ein paar Sträuchern und niedrigen Bäumen, die der Sonne und dem Wind trotzen. Die weißen Leinenanzüge tauscht man hier besser gegen Khakifarbene Safarikleidung. Die Einheimischen tragen meistens Flipflops, fast ohne Sohlen obwohl man in Sal Rei zum Beispiel am Strand haufenweise angespülte Flipflops sammeln könnte um die ganze Familie zu versorgen. Auch Aldiletten liegen hoch im Trend.

Der einzige Ort an diesem Tag, der nicht staubig und dreckig ist und der einzige Ort an diesem Tag, an dem ich keine Fotos gemacht habe, ist das Restaurant eines schwedischen Einwanderers. Wir sitzen in einem durch viele bunte Schirme beschatteten Innenhof. Es ist Sonntag und daher auch der Tag, an dem die Einheimischen, die es sich leisten können oder deren Familien aus der Emigration während der Weihnachtszeit zu Besuch sind, üppig essen gehen. Hier wird Spanferkel und Putenbraten serviert. Leider kommen wir für beides zu spät und so wird es für mich nur gegrillter Pulpo.

Wir beenden den Tag mit einem Strandspaziergang. Die Wellen versickern so seicht im Sand, dass man die atlantische Dünung schnell vergisst, die an den meisten Tagen ein Anlanden mit dem Beiboot unmöglich macht. Die Fischer fahren dann mit erhöhter Geschwindigkeit auf den Strand zu, passen eine Welle ab, die sich nicht unmittelbar bricht und lassen sich durch den Surf auf den Strand schieben, wo sofort einige Kollegen anpacken und das Boot den Strand hochziehen, bevor das zurücklaufende Wasser alles wieder mitnimmt.

Letzter Gedanke: In Mindelo habe ich ein paar Autovermietungen gesehen. Doch wozu sollte man sich auf dieser Insel ein Auto leihen? Kein vielversprechendes Geschäftsmodell.

 

3 Antworten

  1. Martje und carsten

    Na das hört sich aber böse an……Carsten und ich müssen bestätigen, dass es tatsächlich so ist wie du schreibst!

    Gucken in die Bucht von Tarafal auf Santiago und suchen vergebens die Chulugi im übersichtlichem Ankerfeld, begleitet von Kirchengeläut und Fräsgeräuschen.
    Wartet ihr immer noch auf euer Paket?

  2. Werner Sadlowski

    Mensch ging das aber schnell… Weihnachten schon fast vorbei, Euch weiterhin eine spannende Zeit.

    Und immer Wasser unter dem Kiel !

    Werner