Vergessene Kulturlandschaft und der lange Abschied

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Der Fluß Paraguaçu in Nordosten Brasiliens ist so etwas wie der Nil oder der Amazonas – man weiß nicht so genau, wie es mit ihm weitergeht. Ist das der Hauptfluß? Dort ein Seitenarm oder etwa ein ganz anderer Fluß? Ungewiss ist auch, wie weit und wo der Fluß schiffbar ist. Kartographiert und in die Tiefe vermessen ist er nur partiell.

Ich nenne unsere Tour durch den Paraguaçu die Abschiedstour, denn mit von der Partie ist die SY Yemanja mit Steffi und Tomy, die nach dem gemeinsamen Ausflug einen entgegengesetzten Weg einschlagen werden. Wir segeln nach Süden, sie nach Norden. Überreden konnten wir sie nicht, uns zu folgen. Sie wollen im Warmen bleiben, wir wollen wieder ‘Europa’ in Südamerika erleben. Verwirrend? Man muß sich vorstellen, hier steht alles auf dem Kopf. Was für uns der Nordpol ist (=kalt), ist hier der Südpol. Liegt für uns der Äquator (=tropisch) im Süden, so ist er von hier aus gesehen im Norden. Verkehrte Welt für uns Europäer.

Den Abschied mit Steffi und Tomy haben wir zwei Mal zelebriert, als die SY Yemanja noch dachte, sie müsste sich beeilen, dann aber das Vorhaben überdachte  und zurückkam, um uns auf dem langen Fluß in der Bucht der Allerheiligen vor Salvador zu begleiten. Ein langer Abschied, den wir mit Ausflügen, Kunst, Krebsfleisch, Grillen, Bier und sogar (!) Wein feierten. Am Ende bekam Steffi noch eine Orixa-Puppe geschenkt, die Marcel und ich aus dem Fluß herausfischten, und wahrscheinlich damit jemandes Hoffnung auf etwas von der Göttin gewünschtes zerstörten. All das nachzulesen unter den folgenden Links (die Puppe hat eine neue Familie gefunden, doch das ist eine andere Geschichte):

Marcel berichtet über Paraguaçu und Steffi über ihren Abschied. Ich aber nehme diesen gemeinsamen Ausflug unter kunsthistorische, kulturelle und sinnesfreudige Lupe.

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Sorry, Handyfoto.

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Der Abschied Nummer 1. im Ankerfeld vor Itaparica. Wir hupen und bleiben zurück, SY Yemanja fährt davon:

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 Der Abschied Nummer 2. im Hafen von Salvador. Nun aber wirklich. Wir legen ab, SY Yemanja bleibt zurück mit der Orixa-Puppe. (Abschiedsfotos © Steffi Müller, SY Yemanja):

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Abschiednehmen ist gleichzeitig der Anfang einer Entdeckungstour durch die reiche Kulturlandschaft der Allerheiligenbucht auf dem Rio Paraguaçu. Spurensuche.

Ich habe bereits über die Highlights wie Sao Felix und Cachoeira berichtet, auch ein wenig über die Geschichte dieser Region, die zwar nicht die sogenannte “Küste der Entdecker” ist (die weiter südlich liegt), aber eine Küste der Kultur. Einer Kultur, die vor allem die Jesuiten, Portugiesen und Holländer aus Europa brachten.

Die Portugiesen, die die Erstbesiedlungen mehr widerwillig oder gezwungenermaßen (Söldner, Sträflinge, verarmte Adelige, Huren) besorgten, haben recht wenig an der heute noch sichtbaren Kultur mitgewirkt. Der Grund für diesen Mangel liegt nicht nur an dem unzureichenden Denkmalschutz und der Befürwortung des Modernismus während der langen Militärregierungen in Brasilien. Die ersten Besiedler des Landes waren vor allem ein Menschenschlag, der selbst nur wenig mit höherer Kultur beglückt wurde und ausschließlich an schneller Ausbeutung interessiert war. Landknechte, die nun hier Herren sein wollten.

Was die Brasilianer heute an Bauwerken als “kolonial” bezeichnen, ist zwar von der portugiesischen Architektur stark geprägt, doch entstanden diese sogenannten kolonialen Bauten wesentlich später, und sind zu datieren vorwiegend auf das 18. und 19. Jh. In der über fünfzig Jahre andauernden “Stunde Null” der Eroberung des 16. Jh.s dominierten in der Profanarchitektur jedoch die Holländer. Das mag überraschen, doch es waren unsere Nachbarn, die der portugiesischen Willkür und Selbstbestimmung nach dem Recht des Stärkeren, die ersten Gesetze, klare Strukturen und die erste Gerichtbarkeit einführten. Man muss sich deutlich vor Augen führen, dass fünfzig und mehr Jahre das Mutterland Portugal sich ausschließlich um die Einnahmen kümmerte, alles andere aber der grenzenlosen Willkür eines nur wenig gehemmten Pöbels aus Europa überließ. Mehr noch, dem die portugiesische Krone riesige Ländereien und damit Macht schenkte.

Es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, dass die holländischen Ordnungsmaßnahmen und Machtbeschneidungen den neuen Herren Brasilianern nicht besonders behagten. Sie organisierten sich schlagkräftig gegen die Holländer und schafften mit Hilfe der aufgebrachten einfachen Leute und Sklaven es, sie schnell zu vertreiben. Es ist müßig, sich darüber Gedanken zu machen, was aus Brasilien unter einer holländischen Führung geworden wäre. Die Vorteile einer solchen vertanen Allianz liegen jedoch deutlich auf der Hand. Die Strukturen der Herrschaft aus dem 16. Jh. sind in die modernen Strukturen des Profits “as usual” und der Korruption nahtlos übergegangen. Die Profanbauten aus der Zeit der Holländer wurden entweder zerstört oder zu Unkenntlichkeit überbaut und somit de facto nicht vorhanden. Allein einige militärische Anlagen wurden übernommen und tragen in Resten bzw. im Kern noch ihre ursprünglichen Formen aus dem 16. Jh.

Die Jesuiten und ihr geheimer Plan des neuen göttlichen Geschlechts und einer neuen gottgefälligen Gesellschaft sind für mich die interessantesten historischen Momente in der Geburtsphase Brasiliens. Wie die Holländer zuvor, so wurden auch sie im 18. Jh. des Landes verwiesen – zu viel Störendes bei der Ausbeutung des Landes und der Índios ging von ihnen aus. Die mächtigen Relikte der Jesuiten sind in Salvador vor allem in der Kathedrale Sé und dem benachbarten Jesuitenkolleg – dem größten nach Rom – zu sehen. Weniger bekannt dafür aber um so geheimnisvoller ist die von mir  sogenannte Urwaldkathedrale auf der vis à vis der Stadt liegenden Insel Itaparica.

Als wir das kleine Ankerfeld vor Itaparica verlassen und die “Abfahrt links” nehmen, eröffnet sich uns sogleich nach der Einfahrt in den Fluß Paraguaçu buchstäblich eine Kultur-Landschaft. Doch am Anfang begegnet uns zunächst die Kultur der industriellen Tristesse. Flußfischer auf ihren traditionellen Holzlangbooten vor der Skyline riesiger Bohrinseln und Lagerhallen. Grau mit aufmunterndem Tupfer Gelb, das uns hier genauso wie in Deutschland vormachen soll, dass alles nur halb so schlimm ist. Immerhin, schön bunt. Wir passieren diese auf sich selbst stolze Modernitäten ohne die Delfine zu sichten, die die vorfahrende SY Yemanja uns per Funk ankündigt. Schicke Villen, kleine und große Behausungen, schöne kleine Strände umgeben diese riesigen Anlagen und Bohrinseln. Das ist Brasilien der unmittelbaren Gegensätze: schön und häßlich, reich  und arm, sauber und Kloake, Freundlichkeit und Gewalt… dicht beieinander. Es scheint keinen Brasilianer zu stören, ist scheinbar alles so wie es ist, gottgegeben oder modern, beides auf unterschiedliche Weise gut. Die Idee eines Aufstandes, eines Neins, liegt den meisten Brasilianern nicht im Blut.

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Nach der Biegung hinter den Industrieanlagen wird der Fluß enger und gleichzeitig ursprünglicher, was soviel bedeutet, dass die Industrie fehlt, Bebauungen zurückgehen und Nutzflächen nicht zu sehen sind. Eine Landschaft von Menschenhand gemacht ist sie trotzdem. Wir befinden uns nicht in der Wildnis und auch nicht im tropischen Busch. Hier war schon bald nach der Eroberung alles Nutzfläche. Bebaut mit Palmen, Baumwolle, Tabak und gerodetes Weideland. Jetzt sind viele Felder wieder verlassen, unbestellt und verwildert. Doch genau diese gezähmte Natur macht es uns möglich, sie zu genießen, sie schön – statt bedrohlich – zu empfinden. Hier finde ich noch an vielen Orten eine geglückte Verbindung zwischen Kultur und Natur vor.

Die Fazenda “Gruta do Sol” (Sonnengrotte) im Busch, ein Fort mit einem kleinen Naturhafen für einfache Holzpirogen, ein paar alte Steingebäude – sie tauchen plötzlich von uns aus gesehen am linken Flußufer auf. Ich weiß, worum es sich dabei handelt.

Es ist ein holländisches Fort an der Ponta de Salamina, in den nautischen Karten häufig selbst „Fort Salamina“ genannt. Und natürlich stammt es aus dem 16. Jh. Strategisch gut gewählt, da an dieser Stelle der Fluß eng ist. Es sollte Maragojipe und die reichen Anbaugebiete vor Plünderern schützen, Aufstände verhindern, Zölle erheben, das Übliche eben. Dahinter sind Ruinen des Engenho Novo – der „neuen Maschine“ – zu sehen. Auf dem Gelände soll es noch eine kleine Kirche aus der gleichen Zeit geben und so etwas wie eine – natürlich zeitgenössische – Bar. Unweit davon eine Zuckerrohmühle, die vor ca. sechs Jahren noch per Muskelkraft eines Esels betrieben wurde. Esel und Mühle gibt es nicht – es hat sich nicht rentiert. Der Busch überwuchert nun die Ruinen.

Ich hätte nie gedacht, dass mich die Ansicht dieses Fleckchens zwischen Fluß und Ufer so einnehmen könnte. Die weiße Tünche, die das militärische Gebäude noch vor zehn Jahren aus der Landschaft hervorhob, wovon ein altes Foto Zeugnis ablegt, ist fast völlig abgeblättert, und verbindet das Gemäuer nun mit der Farbe des sedimentreichen Flusses. Aber das Licht, die Wolken, das Wasser, sie verwandeln die Szenerie, machen sie kostbar. Und erinnern mich nicht zuletzt an Norddeutschland – wegen der Wolken, wegen des Lichts. Imaginierte Bilder von Worpsweder Künstlern überlappen sich mit der realen Landschaft.

Hier, an Land, gäbe es bestimmt noch vieles zu entdecken – wieder zu entdecken –, wovon keiner mehr berichtet. Wir nehmen uns fest vor, auf dem Rückweg anzuhalten, denn hier über Nacht zu ankern ist nicht ratsam: zu viel Strömung und plötzlich einsetzende zum Teil starke Böen. Ein solches hinausgezögertes Vorhaben entpuppt sich erneut als Fehler, der uns lehren sollte, niemals etwas aufs Später zu verlegen.

Wir werden nie hier anlanden.

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Die Fazenda und die kleine Siedlung mit dem vorgelagerten Fort – hier ließe sich bestimmt gut leben.

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Der Fluß ist in diesem Abschnitt mit Inseln und Inselchen, mit Untiefen und Flachs gespickt. Die Inseln sind mittlerweile mehr oder weniger alle bewohnt. Das war vor zehn Jahren noch nicht der Fall. Auf jeder Insel mindestens ein Haus, jedes Ufer hat seine kleineren und größeren Behausungen. Sogar ganze Siedlungen haben sich den Platz am Wasser erkauft in der alten Kulturlandschaft mit Fazendas, Fischerhütten, Klöstern und Kirchen, in ehemaligen Anbaugebieten für Zuckerrohr, Kakao, Tabak und Baumwolle. Jetzt drängen die Menschen immer mehr mit ihren Wochenendhäusern und falsch kalkulierten Hotelideen in diese Kulturlandschaft hinein. Noch ist sie vorhanden. Wie lange noch, das ist schwer zu sagen.

Der Fluß gabelt sich an der Ilha do Frances. Wir nehmen die linke Abzweigung nach Maragujipe. Ein Ort, den man heutzutage nicht unbedingt besuchen muss. Doch hat er den Ruf, einen der größten und ursprünglichsten Märkte der Region zu haben, auf dem alles angeboten wird, was Bauern verkaufen und kaufen wollen. Es heißt, man soll sich sehr früh dort einfinden, am besten um sechs oder sieben Uhr, und zwar am Samstag. Wir haben es nicht erlebt und können nicht davon berichten.

Maragujipe trägt wie so viele brasilianische Orte und Flure einen klangvollen Namen, der sich aus einer indigenen Sprache ableitet. Ortsnamen haben sich häufig als einzige Spur jener ermordeten oder vertriebenen ursprünglichen Bewohner dieses Landes in die brasilianische Geschichte eingeschrieben. Zwei Übersetzungsmöglichkeiten des Namens gibt es: Maraú-gy-pe könnte aus der Sprache der Tupí kommen – einem der zwei Stämme, die die Bahía bewohnten –, was soviel bedeutet wie “Fluß der Maracujas”. Wir haben leider keine Maracujas gekauft, um sie auf ihre Besonderheit zu testen. Eine andere Ableitung aus einer zweiten indigenen Sprache (doch wissen wir nicht welche) läßt die Übersetzung “Fluß der Mosquitos” zu. Und welche ausgedehnte Lagunenlandschaft, wie diese Gegend hier, hat diese kleinen Biester nicht? Allerdings haben wir in Maragujipe vielmehr die unliebsame Bekanntschaft mit Hunderten von Fliegen gemacht, die das Schiff enterten und es partout nicht verlassen wollten.

Maragujipe hat alte Entstehungswurzeln, wovon nicht nur ihr indianischer Name zeugt. Ihre Kirchen aus dem 16. und 17. Jh. (im Ursprung nicht mehr vorhanden) bezeugen die sakral-kulturelle Frühentwicklung dieser Region. Zu einer prosperierenden Ortschaft wurde Maragujipe im Zuge einer, wenn auch bescheidenen, Industrialisierung oder besser gesagt, wirtschaftlichen Monokultur im 19. Jh. Maragujipe leistete sich in dieser Zeit sogar eine Philharmonie. Ich frage mich, ob das nicht in irgendeiner versponnenen Weise mit der Liebe der Indios zur Musik zu tun hat, was die Jesuiten wiederum förderten. Dieser Gedanke bleibt nur eine vage Idee.

Vila Suerdieck und auch die Tabakfabriken von August Suerdieck und Dannemann, dessen Firma bis heute die handgerollten Zigarren unweit von Maragojipe herstellen läßt (s. Blogbeitrag zu Cachoeira), gibt es hier nur als Ruinen. Eine traurige Tatsache und ein ungutes Zeichen für das kommunale bzw. staatliche Desinteresse am Erhalt dieser und vieler anderer kulturtragender und geschichtsträchtiger Orte nicht nur in Bahía. Das Kulturhistorische des Landes ver- und zerfällt unwiederbringlich und kappt die Wurzeln des Brasilianers zu seiner eigenen Geschichte.

Irgendwann bei einer schnellen Recherche (denn wir zahlen für jedes Bit und Byte) habe ich gelesen, dass Maragujipe über ein Kloster verfügt. Wir begeben uns zugegebenermaßen nur halbherzig auf die Suche danach, denn ein Teil des Ortes ist wirklich nicht (mehr) schön. Wir entdecken das Kloster auf einer Anhöhe auf der anderen Seite des kleinen, nun sehr mit Unrat jeder Art verdreckten Flüsschens, das irgendwo in den Hauptfluß mündet. Das Kloster ist mittlerweile zu einem Krankenhaus umfunktioniert worden. Keiner will mich dorthin begleiten. Wir sehen die große weiße Anlage vom anderen Ufer aus an und kehren um. Ich insistiere leider nicht in das Weitergehen. Wahrscheinlich ein Fehler.

Auch wenn den Ort nichts mehr Schönes auszeichnet, so erlebe ich dort doch einige Momente, die mir bis heute stark in der Erinnerung geblieben sind. Dazu zählt vor allem die Stimmung am alten Hafen, der nur von flachgehenden Booten der Fischer befahren wird, denn er fällt bei Ebbe vollständig trocken. Der Regenbogen über den dörflich anmutenden Häuschen. Der Hund – der “macho” –, der Nico von der Kirchenecke aus lange nachschaute. Die skurrile Kneipe, in der Steffi uns vorführte, wie klebrig diese von uns nicht gekannte aber göttliche Frucht Jaca (wir werden sie später selbst ernten und ‘ausnehmen’, s. Marcel Artikel zu Jaca) ist, während Tomy fleißig Bier nachschenkte. Die alte ruinöse, in Abendsonne eingetauchte Fabrik Suerdieck, wo ein Mann mit entblößtem Oberkörper aus dem kaputten Fenster stumm auf uns herabschaute. Und schließlich die gleicherweise skurrile, eigentlich häßliche Figur, die auf dem so typisch brasilianischen, nämlich großen Platz mit der obligatorischen Tankstelle in der Mitte steht. Ein Schwert oder eine Machete in der Rechten, eine Version des Rolands von Maragojipe als Indio?

Das schönste an diesem Tag sind die leuchtenden Farben, die tiefziehenden Wolken, das Wasser, das satte Grün der Bäume und Mangroven. Die vorherrschende Farbe von Maragojipe bleibt in meiner Erinnerung ein strahlendes Blau. Hier sah ich die letzten saveiros. Schöne einfache Segelschiffe, die ehemals in der gesamten Bucht als Frachter verkehrten und durchaus stattliche Größe erreichen konnten.

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Tabakfabrik von Suerdieck – dem deutschen Unternehmer – heute(oben) und damals (unten). Für Interessierte, allerdings nur auf Portugiesisch, nachzulesen unter dem Link   Historia Suerdieck.

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São Tiago oder Santiago do Iguape

Von Maragojipe aus geht es für unsere kleine Flotte weiter den Fluß hoch. Zunächst vorbei – für mich mit wörtlich “geschlossen Augen”- an São Francisco, denn diesen Ort sparen wir uns für die Rückfahrt auf. Kaum eine Jacht kommt hierher. Der Paraguaçu ist in diesem Abschnitt nicht kartographiert. Wozu auch, die Fischer in den saveiros und Pirogen kennen ihren Fluß. Aber, zum Glück für uns, haben abenteuerlustige Segler den Fluß besegelt und im Zeitalter des GPS auch nützliche Wegpunkte erstellt und publiziert.  An denen haben wir uns bequem hochgeangelt und das Kleinod am Ende des Flußes ohne Schäden gefunden.

Santiago do Iguape é uma bucólica vila”, so schreibt Sérgio Macedo, unserer nautischer Führer, im Jahr 2006. Als bukolisch und winzig kann man den Ort nicht mehr bezeichnen: großer zentraler Platz mit einer Hauptstraße, die den Verkehr von Herein- und Herauskommenden regelt. An ihr sind in den letzten Jahren immer mehr Häuser entstanden. Ausufernder Wachstum, den wir uns nicht in Gänze angeguckt haben, ist er doch überall gleich, unfertige Betonbauten, in denen das Leben seinen Gang nimmt. “Mais tranquilidade” – voller Ruhe ist der Ort immer noch, insbesondere um die Kirche herum, dort wo die vermutlich ersten Behausungen standen.

Heutzutage muss man bei dieser himmlischen Ruhe von einem kleinen furchtbar krächzenden Lautsprecher absehen, der (vermutlich) eine staatliche/kommunale Schenkung ist und fast non stop laute Musik, unterbrochen von verschiedenen, sich wiederholenden Durchsagen aussendet. Eine teuflische Störung.

Allein ein hoher Schornstein, der aus dem Grün herausragt, deutet auf eine bescheidene Industrialisierung hin. Wir erfahren, dass dort Ziegelsteine, oder Lehm- oder Betonsteine hergestellt werden (oder wurden). Mit unserem Portugiesisch ist es nicht so gut bestellt, obwohl Marcel sich via Spanisch die größte Mühe gibt.

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Vom Fluß aus gesehen, der hiernach wie eine breite Lagune wirkt und tatsächlich Baía do Iguape heißt, gibt São Tiago ein Versprechen auf Kultur und sakrale Schätze ab. Wie so viele Flur- und Ortsnamen in Brasilien ist auch dieser der indigenen Sprache entlehnt und bedeutet so viel wie “Ort am Wasserbusen/-Bucht”, was darauf Hinweist, dass hier schon vor den Siedlern und vor den Jesuiten bereits ein indianisches Dorf existierte.

Dominant doch nicht aggressiv präsentiert sich die Front der Kirche, die ganz dem Wasser zugekehrt ist, so als ob sie sich an den Fluß selbst richten würde. Der Fluß, nicht das Hinterland, war die Lebensader, der Weg also, an dem eine Kirche sinnvollerweise zu stehen hat. Folgerichtig hat das sagenumwobene Candomblé – ehemals die Mischreligion der schwarzen Sklaven – vor die Kirchenfassade im Wasser eine schöne Figur ihrer geliebten Göttin Yemanja auf eine Säule gestellt. So dient die Kirche “zwei Herren”, der Göttin und dem heiliggesprochenen Pilger.

Unschwer zu erkennen, entstand die imposante Kirche in der brasilianischen Barockzeit. Ihre Steinlegung wird auf 1561 datiert, initiiert von den Jesuiten. Das ist für Brasilien ein frühes Datum, das mit der ersten Besiedlung der Bahia zusammengeht. Anders als Ernst Jünger, der 1936 die Sakralarchitektur Brasiliens als ausufernd beschreibt und sie mit dem damals noch üppig vorhanden Regenwald vergleicht, finde ich den Barock hier alles andere als überbordend-pflanzlich. Schlicht, zurückhaltend, mit einer Note Klassizismus versehen, so erscheint er mir. Herausgehoben aus der Landschaft, gespiegelt in dem blauen Fluß. Das Portal dem Fluß dargeboten, vom Dorf abgekehrt, das in der Bauzeit vielleicht noch gar nicht existierte und nur von den paar obligatorischen Fischerhütten und Landhäusern im Hinterland begleitet wurde. Diese einsame Kirche ist dem Heiligen Tiago, besser als Santiago de Compostela bekannt, geweiht. Dem Pilger, der scheinbar weit über die spanische Stadt Compostela hinausging und am Ufer der Neuen Welt ankam.

An der imposanten Ansicht vom Fluß aus betrachtet, kann ich mich gar nicht satt sehen. So ganz für sich stehend und doch mit der Landschaft auf eine bestimmte kontrapunktische Art verwachsen. Der ruhige, starke Fluß, die üppige Landschaft in vielen Schattierungen des Grüns, damals noch Urwald, der die Kirche umfing. Für wen bauten die Jesuiten diese mächtige Anlage? Mit welchem Hintergedanken? Für die Índios, deren Hütten diesen prachtvollen Bau vielleicht umgaben? Für die Weißen, die zusammen mit den Índios das neue göttliche Geschlecht bilden sollten? Verlief hier ein Pilgerweg, oder endete er sogar hier?

Innen ist die Kirche bereits vollständig verfallen, ich möchte sagen: entkernt. Was sie ehemals im Inneren schmückte, bleibt im historischen Dunkel. Geraubt, verkauft, vernichtet. Eigentümlich sind die schmalen, vom zentralen Kirchenraum abgetrennten Seitenschiffe. Heute probte ein dreistimmiges Mädchenchor disharmonisch an sakralen Liedern. Marcel berichtete bereits über das kleine Konzert, an dem wir kurze Zeit teilnahmen, bevor wir uns an unser Grillgut “unter dem Kreuz” heranmachten (s. Marcels Beitrag dazu).

Die netzeflickenden Fischer, der dröhnende Lautsprecher, der am Baum direkt über uns hängt, Reiter, die ihre Pferde zum Baden an den Fluß führen, der kleine Frauenchor in der Kirche, die allgegenwärtige Göttin Yemanja, nach der auch die Jacht von Steffi und Tomy benannt ist, und schließlich das tiefgelbe Abendlich… sie alle zusammengenommen schaffen eine eigentümliche, eine unvergessliche Stimmung. Vielleicht sind wir doch in “uma bucólica vila”!

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[Das obere und die nachstehenden Fotos von Santiago © Steffi Müller, SY Yemanja]

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Santo Antônio oder São Francisco do Paraguaçu

Dieser Sakralbau, den ich auf der Hinfahrt “mit geschlossenen Augen” passiert habe, überrascht durch seine mächtige Weitläufigkeit, die das kleine Örtchen, das sich hinter dem Gebäudekomplex scharrt, dominiert. Das Kloster wurde um 1651 errichtet, nach zwei Jahren Arbeit, nachdem den Franziskanern Land von einem Adeligen geschenkt wurde. Die Fassade, so wie sie sich uns heute präsentiert, entstand 1660. Die Anlage ist aus Ziegelstein gebaut und mit Sandstein für die Abschlüsse und Zierden versehen. Vielleicht hat man zu diesem Zwecke die ersten Ziegelsteine in der Manufaktur – der Vorgängerin der heutigen Fabrik? – in São Tiago gebrannt? 1686 war der Bau der Kirche und des Konvents abgeschlossen. Zum selben Zeitpunkt bekam das Konvent auch ein Siechenhaus oder eine Art Krankenstation, dessen Aufgaben im 18. Jh. nach Cachoeira in eine Krankenstation übertragen wurden.

Provinzialstatuten schrieben damals vor, wie das Konvent gebaut werden sollte: 1) aus Lehm/Ziegelstein und Stein, 2) nach Entwürfen eines “Professionellen” (eines Baukündigen) und 3) entsprechend einer äußeren Gestaltung, die man als die “Franziskaner-Mode” bezeichnen könnte. Vor allem der dritte Punkt hilft bei der Klärung, warum die Franziskanerkonvente und die dazugehörigen Kirchen in ganz Bahia sich so stark ähneln. Eine weitere Regel schrieb vor, dass die Gebäudekomplexe nach der Kapuzinerregel (des Ordes der Kapuziner), nämlich entsprechend dem Armutsgelöbnis, aus Almosen zu entstehen haben. Es müssen schon reichhaltige Almosen gewesen sein, die diese prachtvolle barocke Anlage möglich machten. Sie erinnert an profane Schlossanlagen wie beispielsweise jene in Potsdam mit den künstlerisch gestalteten Terrassen. Sehr pittoreske Gärtner, zwei Pferde und ein Esel, sorgen dafür, dass die Anlage von zu hohem Grasbewuchs frei bleibt.

Der Niedergang dieses Klosters begann mit der Liberalisierung des Staates, der auf Säkularisierung der Kirchen aus war. Dabei ging es nicht um Fragen der Religion, sondern um die des Profits, wobei der Staat die klöstereigenen Güter einkassierte. Die ersten königlichen Gesetze, die alle Konvente hart trafen, schrieben die Anzahl der Novizen und Mönche in den Verwaltungsregionen des Landes rigoros vor. Weitere Gesetze reduzierten sukzessive die Anzahl der Fratres und die Aufnahmemöglichkeiten von Novizen; im 18. Jh. wurde bspw. ein 14jähriger Aufnahmestopp erlassen. Bis schließlich solche Anlagen, die ehemals Hunderte an Belegschaft beherbergten und auf solche Anzahl an zupackenden Händen angewiesen waren, vollkommen unhaltbar wurden. 1857 lebten in unserem Kloster nur fünf Fratres, keine Chorknaben und keine Novizen.

So wurden viele dieser Anlagen unfreiwillig verlassen, weil durch die Dekrete des brasilianischen Königshauses bzw. der jeweiligen Regierung der Nachwuchs und das notwendige Geld den Klöstern ab dem 18. Jh. zu fehlen begann. Es war im Grunde zu spät, als die deutschen Mönche aus Sachsen 1892 nach Salvador kamen, um die Pfarre Santo Antônio zu neuem Leben zu erwecken. Sie unterstützten das Vorhaben, das Kloster in Paraguaçu zu renovieren und wieder mit Mönchen zu besiedeln, doch es kam alles anders als 1895 in Salvador das Gelbfieber ausbrach und auch die Mönche davon nicht verschont blieben. Welch ein Irrsinn als man bestimmte, dass die erkrankten Fratres in das Kloster Santo Antônio gebracht werden sollten, in ein vollkommen verwahrlostes Gemäuer und in eine Pfarre, die insgesamt nur über zehn Geistliche und über keine finanziellen Mittel verfügte. Der deutsche Mönch Damião Klein beschreibt in seinem Bericht wie katastrophal die Zustände waren, die die Mönche in Paraguaçu vorfanden. So verließen sie das Kloster schnell wieder und baten den Papst um die Erlaubnis, das Konvent dem Bischof von Salvator übereignen zu dürfen. Die Erlaubnis kam und damit war das endgültige Ende des Konvents besiegelt.

Alle beweglichen Güter der Klosteranlage wurden verkauft, sowie die dazugehörigen Ländereien, um, wie es heißt, wenigstens die Kirche als Pfarrkirche zu erhalten. Es liegt auf der Hand, dass nicht nur die Klostergebäude gefleddert, sondern alles mögliche verkauft, gestohlen, verschenkt wurde. Das betraf auch die angeblich zu rettende Kirche selbst. Es läßt sich beispielsweise nachweisen, dass die Chorschranken aus kostbaren Jacareholz, die den Kirchraum in einen Laienbereich und einen Priester- bzw. Mönchbereich teilten, auseinandergesägt wurden und in Privathäusern in São Félix und Maragojipe sich wiederfanden. Sie wurden später in das Sekretariat für Bildung nach Salvador (jetzt im Kunstmuseum) und nach Rio de Janeiro verkauft, wo sie mit vielen anderen Sachen aus dem Kloster in das sogenannte Haus Solar Monjope gebracht wurden, das trotz studentischer Proteste 1974 demoliert und abgerissen wurde. Die vielen Bruchstücke der schönen Azulejos aus der Igreja de São Domingos, Salvador, sind aus diesem mutwillig zerstörten Haus und sie ihrerseits sind möglicherweise einer unserer Kirchen entwendet worden.

[Wer sich für die Azulejos antigos von Rio interessiert, der wird auf diesem vorbildlichen Blog fündig werden: Azulejos]

Anders als versprochen, wurde die Kirche nach und nach genauso zerstört wie die Klostergebäude selbst. Die letzten Gemälde wurden schließlich 1955 aus der Kirche gestohlen – so heißt jedenfalls lapidar. Zuvor hat man aber nicht versäumt, die Böden, die teilweise aus Marmor waren, zu demontieren und abzutransportieren. Man ersetzte sie entweder durch Ziegelsteine oder durch gar nichts. Auch vor der Gruft der Mönche machte man nicht halt, in der auch einige dem Kloster wohlgesonnene Privatpersonen aus den damaligen wohlhabenden Gesellschaftskreisen bestattet wurden. Auch sie wurden aufgebrochen und zerstört. Wo sich die Leichname befinden bzw. was damit geschah, ist nicht mehr rekonstruierbar. Die Plünderungswelle war demnach überaus gründlich und ungehemmt.

Ohne die intervenierende Hilfe des Mediziners und ehemaligen Bürgermeisters von Cachoeira, Dr. Ivo Santana und seiner Familie, sowie der Vereinigung “Iphan/ProMemória” gebe es nicht einmal die nackten Wände mehr. In mehreren Arbeitsphasen, zuletzt 2001, versuchte man das zu erhalten, was die anderen vollständig zu zerstören trachteten.

Genauso wie die Kirche der Jesuiten São Tiago ist auch diese Anlage auf eine bestimmte Art und Weise mit dem Fluß und der Landschaft verwachsen. Auch wenn sie durch ihre Größe und die monumentale Treppenanlage mehr Abstand zwischen der Natur und Kultur schafft als die jesuitische Nachbarin.

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Eine historische Aufnahme, deren Aufnahmedatum ich nicht weiß. Gefunden im Buchbestand des deutschen Künstlers Hansen-Bahia, in seiner Bibliothek in São Félix, am Rio Paraguaçu. Vielleicht gehört sie zu den Aufnahmen, die 1909 von Manuel Querino gemacht wurden, und nachweisen, dass zu diesem Zeitpunkt noch einiges an sakralen Objekten und Schmuckdetails in der Kirche vorhanden war.

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Diese plumpe Adler-Geier-Krähe-Skulptur – wovon es der Symmetrie entsprechend zwei gibt – passt sich stilistisch nicht so recht in die übrige Formensprache an. Woher die beiden Vögel wohl kommen?

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Das Kreuz ist nicht mehr original aber die sogenannte Plinthe ist es schon. Man konnte sie offenbar nicht abtransportieren. Zum Glück.

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Arbeit der Indios? Diese Köpfe in Hochrelief erinnern mich an Arbeiten der Mayas, Incas – an Altmexiko und Peru.

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Drei Zaungäste.

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Auch hier hat sich das Candomblé des Ortes bemächtigt und in einem an einen Grill erinnernden Aufbau einen kleinen Altar arrangiert. Offensichtlich in Benützung.

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Ein für die Kirchen der Franziskaner typischer Portikus, der überall in dieser Zeit in Brasilien, insbesondere aber in Bahia gebaut wurde.

Die Franziskaner weihten das Kloster und die Kirche dem heiligen Antonius von Padua. Einem Heiligen, der im 13. Jh. lebte und gebürtiger Portugiese war, doch hat ihn buchstäblich ein Sturm nach Italien, genauer Sizilien, verschlagen, wo er sein Leben lang blieb und wirkte. Bekannt gewordenen ist er durch seine rhetorischen Fähigkeiten. Berühmt aber wurde er bei seinen Zeitgenossen durch einige Wunder, insbesondere aber durch die Predigt an die Fische: Als er vor den Stadtbewohnern von Rimin gegen die Katharer predigte, und diese Ansprache (kann man sich in Rimini gut vorstellen) kein Gehör fand, richtete er sich an die Fische, die ihm andächtig zuhörten, so wie die Vögel einst dem Ordensgründer Franziskus von Assis zuhörten.

Wie passend, wenn seine Figur mit dem Christuskind auf dem Arm in der höchsten Nische der Kirchenfassade platziert, dem Fluß zugekehrt ist. Ob er im Wasser immer noch Zuhörer findet?

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  Der ehemalige Obst- und Nutzgarten. Weitläufige Klosteranlagen in kümmerlichen Resten. Im unteren Bereich die Gruft.

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In Ruinen dieser Ausmaße verliere ich den Überblick. Wo war was? Was ist neu, was ist alt? Was hat man wo versetzt? Ich gebe auf.

Unserer Führer erzählt uns, dass die hier lebenden Mönche Sklavenhalter – was in Brasilien nicht ungewöhnlich wäre – gewesen sind. Steffi übersetzt für uns weiter, dass das große viereckige Gebäude, das als klobiger Appendix die barocken Proportionen der Kirche und des Kalvariens (die terrassierte Treppenanlage) stört, nicht nur das Dormitorium der Mönche beherbergte. Vielmehr soll sich im Parterre, dort wo bei Flut das Wasser auf zwei und mehr Meter das Gemäuer hoch steigt, der Sklavenkerker befunden haben. Bestrafung durch langsames Ertrinken. Die Schreie, als das Wasser den Menschen langsam bis zum Hals und darüber hinaus stieg, als die Krebse an ihnen zu knabbern begannen – und wie viele konnten schwimmen? –, sollen demnach die schlafenden Mönche ausgehalten haben. Unvorstellbar ist dieses Szenario nicht, doch sicherlich keine gute Lösung, denn schlafen mussten sogar auch Mönche. Vielleicht lagen die Schlafräume auch im hinteren Bereich, vielleicht stimmt diese Geschichte aber auch nicht. Weiß man doch, dass Folter die beste Anregung für einen gelangweilten Touristen ist, um sich das Szenario schauderhaft-schön auszumalen und nun ganz interessiert den weiteren Ausführungen der Führer zu folgen. Keine meiner, zugegebenermaßen nur vereinzelten, Quellen berichtet davon.

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Ich schaue in das angebliche oder tatsächliche Verließ beim Hochwasser…

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Warmes und kaltes Wasser. Darüber überkreuzte Arme: Ikonographie des Franziskanerordens seit dem 15. Jh. und allgemeines Demutsymbol.

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Nico darf überall mit. Eine große Ausnahme in Brasilien – eine etwas weniger große in Bahia. Steffi entlohnt das Engagement des Führers zusätzlich mit Trinkgeldzugabe.

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Der kleine Ort soll an die 2000 Seelen zählen. Ursprünglich Anbaugebiet von Zuckerrohr. Hier soll sich bis heute noch traditionelle Fischfang und im bescheidenen Maße der Bootsbau erhalten haben. Davon kann sicherlich keiner seine Familie ernähren und das obligatorische große Auto bezahlen.

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Abschied vom Ort, Abschied von dem Fluß Paraguaçu, der übrigens auch ein indigenes Wort der Tupí-Indianer ist und soviel bedeutet wie Großes Wasser oder Meer, Abschied von unserer gemeinsamen Expedition.Mit Bier, Pirao, Farofa, Reis und Siri.

Abschied von uns. Wir haben uns nach einem Jahr nach unserem ersten Kennenlernen auf Madeira hier in Bahia wiedergetroffen. Und das war gut so!

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Am nächsten Tag fuhren wir an der kleinen Kapelle vorbei, die wie eine Miniatur der großen Klosterkirchen aussieht. Zwei schlanke Palmen, vielleicht Königspalmen, bewachen das Kirchlein wie zwei langbeinige Riesen. Sind sie womöglich Zeitzeugen ihres Baus? Ernst Jünger, der sich bekanntlich mehr für Natur interessierte als für Kultur und Menschen im Allgemeinen, diskutierte mit seinen Zeitgenossen in Rio de Janeiro, ob die Königspalmen älter als 50 Jahre werden können. Seltsamerweise wußte man es damals nicht. Wir wissen es aber mittlerweile mit Sicherheit: ja, die Palmen können sehr alt werden.

Wir haben diese Kirche nicht mehr besuchen können. Schon wieder ein uneingelöstes Vorhaben. Aber man sollte nie, nie sagen.

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  1. Steffi

    Hallo liebe Joanna,
    ein sehr schöner und informativer Artikel, der mich aber auch sehr melancholisch macht. Wir vermissen Niko und die schöne Zeit mit euch. Ich denke oft an dich und mache viele Fotos von allem, was im Entferntesten nach Kunst aussieht und dich interessieren könnte. Ich hoffe eindeutig auf ein Wiedersehen!
    Liebe Grüße
    Steffi