Zwischenbericht, Sítio Forte, Ilha Grande, Begegnungen und Abschiede

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Die Zeit verging. Segelboote kamen und fuhren. Motorboote rasten heran und verschwanden noch am selben Abend in der Dämmerung. Nur der Lärm ihrer Motoren war lange in der Dunkelheit zu hören. Die Sonne schien an einigen Tagen so angenehm warm, dass zu baden eine Freude war und ich mit Maske, Schnorchel und Schaber den Seepocken am Rumpf auf den kalkernen, vulkankegelartigen Leib rückte. Das Boot musste um einen Knoten schneller werden.
Manche Tage waren verregnet und grau. Bleierne Wolken krochen dann die dicht bewaldeten Hänge hinunter und Sturmböen peitschten die Kokospalmen. Schlangen fielen von den Bäumen und wurden mit den Wasserläufen zum Meer gespült. Mehrere Yachten gingen letztendlich ohne Schäden auf Drift. Danach wurde es wieder still. Nur die Feuchtigkeit blieb in der Luft. Der Wald duftete. Kokosnüsse lagen am Strand. Einen Vormittag machte ich mich daran einige zu schälen und an die Ankerlieger zu verschenken.

An einem Montagabend, die Hecklichter der Motorboote vermischten sich gerade mit den Lichtern unter Land, unterhielten wir uns mit einem der Einheimischen über die Veränderungen auf der Insel. Antonio war hier geboren, war früher Fischer und fuhr nun vier mal in der Woche einen Shuttleservice nach Angra. Er rollte sein T-Shirt hoch, drehte sich um und zeigte uns seinen Rücken. „Ich bin stolz auf der Ihla Grande geboren zu sein“, stand dort in geschwungenen Lettern tätowiert. Er lud uns zu sich nach Hause ein und am nächsten Tag blätterten wir durch alte Zeitungsausschnitte und Fotos. Seine Geburtsurkunde, die ihm diesen privilegierten Geburtsort bescheinigte, hatte er sorgfältig einlaminiert.

Sein Schwager betrieb die Floating Bar. Er hatte auch einen Namen, aber alle riefen ihn nur Bacana, den coolen Typen. Er war immer gut gelaunt und hilfsbereit. Für uns machte er sogar einige Einkäufe in Angra. Lieferung frei Schiff. Auch seine Bar hieß so: BACANA’S. Der Salat aus marinierten Meeresfrüchten war fantastisch.

 

Von links nach rechts: Nico, Marcel, Solany, Hanna, Armin, Jens, Ariane. Nicht im Bild: Joanna.

 

An einem der Regentage kam bereits nach Einbruch der Dunkelheit die Chiloë in die Bucht. Jens und Ariane hatten sich schon am Nachmittag über Funk angekündigt und mit Regenjacke, Scheinwerfer und Handfunkgerät bewaffnet lotste ich die beiden im Dingi zum Ankerplatz. Nachts und bei Regen lassen sich die Entfernungen nur schwer einschätzen, selbst wenn man die Umgebung kennt.

 

Zwei zufriedene Insulaner.

Wir hatten einen Eintopf vorbereitet und es gab viel zu erzählen. Ariane ist Kunsthistorikerin wie Joanna und Jens Künstler. Wir trafen die beiden schon lange vor unserer Abreise in Jens Atelier in Deutschland. Sie waren mit ihrem Schiff von Hamburg nach Buenos Aires gesegelt, und hatten es dort drei Jahre liegen. Nun waren sie auf dem Weg zurück nach Norden und wir segelten südwärts. So trifft man sich für einen Moment und tauscht Erfahrungen, Bücher und Seekarten.

Schon am Tag zuvor hatten wir die Lechaim mit Armin und Solany kennen gelernt; er Schweizer, in Brasilien aufgewachsen und sie Brasilianerin. Das Schweizerkreuz auf leuchtendem Rot unter der Saling ist uns schon vom weiten aufgefallen. Auf dem Weg zur Floating Bar rief Armin zu uns herüber, er hätte schon unser Online-Logbuch gelesen. Am nächsten Tag saßen wir zum Sundowner bei den beiden an Bord. Bei den dreien müsste man sagen, denn da war noch Hanna, die alte Hundedame, ein kleiner Fellknäul mit Kulleraugen. Armin half Jens und Ariane per Telefon einen Liegeplatz für die nächsten Monate zu organisieren. Wir fuhren gemeinsam in die Nachbarbucht zum Eisessen und nach Angra zum Einkaufen.


Auf der Lechaim zum Sundowner mit Meeresfrüchten von Bacana.

 

Ausflug zu einem japanischen Restaurant. Leider war die japanische Köchin nicht im Lande.

Dann trennten uns unsere Kurse wieder. Abschiede. – Das ist einer der Nachteile des Fahrtensegelns. Jens und Ariane segelten nach Paraty, um von São Paulo nach Deutschland zu fliegen und Armin musste beruflich zurück nach Rio. In ein paar Tagen fahren auch wir noch einmal nach Paraty und dann soll es weiter nach Süden gehen. Auf der Strecke warten zunächst die Ilha Anchieta und die Ilhabela auf uns. Zum Abschied schenkte uns Jens ein kleines Bild einer nordischen Küstenlandschaft aus der Vogelperspektive in leichten Blau-, Beige- und Brauntönen, das jetzt unseren Salon schmückt.