Sargassokraut

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Vier Seetage mussten wir warten bis der erste Fisch an der Schleppangel zappelte. Heute morgen habe ich mich für einen anderen Köder entschieden. Den bereits etwas blassroten Plastiktintenfisch ersetzte ich durch einen glitzernden Rapalla. Einen Köder in Fischform, der im vorderen Teil leicht gebogen ist, so dass er durch die Anströmung immer wieder aus dem Wasser springt und wieder eintaucht. Die Taktik ging auf. Prompt hatte ich einen gut zwei Kilo großen Fisch mit kleinen graubraunen Schuppen an der Angel, der ein ausgezeichnetes Fischcurry hergab.

  
Der Fang blieb bisher unser einziger. Am Haken immer nur Sargassokraut. Schleppangler kennen das. Schmale, gezackte gelb-grüne Blättchen. Am Stengel kleine, luftgefüllte Kügelchen. Die Beeren werden in Japan in der Suppe gegessen, in Korea werden die Blätter mit Knoblauch, scharfen Pfefferschoten, Frühlingszwiebeln und Gewürzen gekocht. Auch Nico mag unseren Fang. Sobald die Leinenbremse rattert, rennt Nico schon aufs Achterschiff, um nachzusehen. Einholen muss ich die Leine aber selber. Zunächst enttäuscht, darüber, dass kein Fisch am Haken zappelt, findet der Kleine doch Geschmack an dem salzigen Kraut, zerpflückt und verdrückt eine Handvoll davon. Am Morgen des sechsten Tages nach langer Zeit mal wieder Sichtkontakt zu einem anderen Schiff. Ein Tanker passiert uns gute zwei Seemeilen voraus. Noch immer kommen wir mit einem Schnitt von 5 Knoten gut voran, jetzt schon auf 5 Grad nördliche Breite und 23 Grad westliche Länge. Die Etmale, das heißt für Nichtsegler: die von zwölf Uhr Mittags bis zwölf Uhr Mittags des Folgetages zurückgelegte Strecke, sind nicht die einer Rennyacht, aber doch für uns bei den schwachen Winden zufriedenstellend: 131sm, 125sm, 121sm. Zumal der scheinbare Wind bei achterlichen Kursen immer geringer ist als der wahre Wind. Vektorrechen: Wahrer Wind von hinten bedeutet Fahrtwind (oder Geschwindigkeit) subtrahieren, Wahrer Wind von vorne bedeutet Geschwindigkeit (oder den Anteil Fahrtwind) addieren und man erhält den scheinbaren Wind. Morgen werden wir die Uhren, bis auf die Navigationsuhr, um eine Stunde zurückstellen.

NdP_Sargassum_natans
Aus: Naturgeschichte_des_Pflanzenreichs_Tafel_LII.jpg: Jacob Sturm (?)derivative work: Thiotrix – Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=18940122

Der Äquator ist nur noch 420 Seemeilen entfernt.