Ich bin mein Atem. Yoga Teacher Training — 2. Woche

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Das spanische Wort saber bedeutet sowohl schmecken, als auch wissen. Ich reise und suche authentisches Essen. Als Gastronaut habe ich daher eine klare Handlungsanweisung: Ich beschließe hiermit, Essen, wann immer möglich, von Brennstoff in Liebe, Kraft, Abenteuer, Poesie, Sex oder Drama zu verwandeln. Die Kulturtechnik der Nahrungszubereitung und -aufnahme ist eine praktische Weisheit der Weltnahme, sie ist eine Transformationstechnik, sie verwandelt. (Es wird Zeit, eine Poetik der Transformationstechniken zu schreiben.) Sie ist zudem eine Mnemotechnik, eine Gedächtniskunst, die es schafft Länder und Orte zu evozieren, und Relationen zu schaffen, die vorher in meinem Kopf noch nicht existierten; sie hat nicht nur die Kraft, Räume und Orte zu überbrücken, sondern schafft es, die Dimension der Zeit auszutricksen. Essen hilft mir zu leben und zu überleben. Bewusste Nahrungsaufnahme bedeutet, dass ein Stück Welt sich in mir auflöst und im besten Falle sich in und durch mich vergeistigt, mein Bewusstsein erweitert und verfeinert.

Der Yoga ist ebenfalls eine praktische Weisheit. – Eine Kulturtechnik, eine Transformationstechnik, eine Mnemotechnik, die das Körpergedächtnis aktiviert, die nichts ist, ohne die Praxis. Wenn ich wissen möchte, muss ich praktizieren. Die Bewegung braucht Sauerstoff – ich muss atmen. Ich bin mein Atem. Ich verwandle meinen Atem in Bewegung, meine Bewegung in Kraft (Hatha). Die Sensibilität und das Bewusstsein für das, was ich tue nimmt zu. Während der Praxis wird die Anstrengung gebündelt – Yoga bedeutet anjochen, zusammenbinden, anspannen. Und in dem Maße, in dem die Kraft für und durch die Praxis auf der Matte steigt, wächst auch die Sensibilität und das Bewusstsein für das, was ich tue. Auf der Matte gibt es nur das Hier und Jetzt. Doch außerhalb wächst die Welt in meinem Kopf.

 

Es gibt also Orte ohne Ort und Geschichten ohne Chronologie. Es gibt Städte, Inseln, Länder und Kontinente, die auf keinen Karten verzeichnet sind und doch finden wir sie in vielen Kulturen, weil sie in den Köpfen der Menschen entstanden sind, zwischen ihren Worten, in großen und kleinen Erzählungen, in ihren Träumen (das ist es, was Kultur ausmacht). Und genau so gibt es auch Träume, die wir in genau bestimmbaren, realen Orten suchen und finden können. Kinder kennen diese Orte, wenn sie im Garten ihr Indianerzelt aufschlagen. Wir kennen diese Orte von Inseln der Wirklichkeit, vom Theater und vom Kino, von Spielhallen, Fußballstadien, Bordellen, Gefängnissen oder dem Robinson Club. Was meine Person betrifft, so kann ich sagen, dass mein Ort ohne Ort, ein Stück schwimmender Raum ist, der den Weiten des Ozeans ausgeliefert ist und doch mir schützende Hülle, intime Heimat und Baldachin wie Vehikel meiner Träume. Ein Raum, der alles andere in Frage stellt. Das Land-Denken scheint nicht mehr wichtig und weit weg.

Und einer dieser Orte ist die Yoga-Matte. Ich suche mir einen konkreten Platz. Er sollte nicht zu sehr den Elementen ausgeliefert sein. Die beste Zeit ist früh morgens, nicht in praller Mittagssonne, am liebsten zum Sonnenaufgang. Es sollte nicht zu windig und nicht zu kalt sein und nicht nass. Ich rolle meine Matte aus, und stehe aufrecht am vorderen Rand – Samasthiti. Oder ich sitze, die Beine gekreuzt, die Fußrücken auf die Oberschenkel, mit aufrechtem Rücken – Padmasana, der Lotussitz.

Dann zählt nur noch der Moment. Das Hier und Jetzt. Raum und Zeit lösen sich auf und werden zu meditativer Bewegung.

 

  1. Tobias

    Ich hatte ja irgendwann die Erkenntnis, dass mein ganzer Körper aus den Atomen besteht, die ich durch essen und trinken zu mir genommen habe. Ich bin also was ich esse und trinke, deshalb bemühe ich mich auch, mich gut zu ernähren. Den guten Sauerstoff aus meinem Atem habe ich da ganz vergessen. Danke für diese Erkenntnis.