Man kann sogar einen Residenten auf einer kleinen Insel wie Itaparica überraschen, wenn man einen Ausflug nach Baiacu vorschlägt. Baiacu? Nie gehört. Bestimmt kann man da weder mit dem Bus, noch mit dem Taxi (der um seine Reifen und Fahrgestell fürchtet) hin. Und ausgeschildert ist es schon mal gar nicht. So oder so ähnlich war die allgemeine Reaktion auf meinen Tourenvorschlag.
Wir machten uns auf dem Weg mit Tomy, Steffi (der Crew der SY Yemanja) und Jochen, einem ehemaligen Segler und nun Residenten auf Itaparica, bequem in seinem geländegängigen Wagen. Leider ohne Marcel und Nico, die gestern von einem großen Hund – dem Boss der Marina – arg gebissen wurden. Nico sah am folgenden Tag immer noch mittgenommen aus. Zwei tiefere Wunden am Hals, zwei weitere Zahnspuren am Kopf, dann noch Prellungen und Kratzer an den Beinen und am Oberkörper. Bei der Beißerei geriet Marcels Finger zwischen Fangzähne des Bosses und Nicos Hals und wurde in der Notaufnahme (wie ich fand) notdürftig verarztet. Eine überflüssige Tollwundspritze wurde gegeben (zwei weitere sollten folgen), überflüssig, da der Hund keine Tollwut hatte und Marcel sowieso dagegen geimpft ist. Die Behandlung war jedoch gänzlich ohne Gebühr. Weil Notfall oder weil Quotenausländer oder weil Sonntag? Am Tag des gemeinsam geplanten Ausflugs war für die beiden nur Ausruhen und Wundenlecken an Bord angesagt.
Wie kommt man auf den Ort, der irgendwo in der ‘Pampa’ einer Insel liegt, wollte Jochen wissen. Was gibt es da zu sehen?
Reizvoll erschien mir die Beschreibung des Dorfes, die ich irgendwo bei meiner Recherche gelesen habe. Ein Fischerdörfchen sollte es sein. Verträumt, vergessen und noch recht ursprünglich. Ganz unbeleckt von den Touristen, die täglich auf die Insel von Salvador aus als Bootsladungen gefahren werden. Es liegt auf der ‘Innenseite’ von Itaparica und ist eigentlich ein Lagunenort, umgeben von ausgedehnten Untiefen, die für sechs Stunden am Tag trockenfallen. Für mich hörte sich das vielversprechend an.
Das wichtigste zuerst: Baiacu ist ausgeschildert. Nach Baiacu fahren Taxis und Busse. Baiacu hat ganz viele kleine und größere Supermärkte, Kneipen und Etablissements, die dafür sorgen, dass man nicht verhungert, während man auf den nächsten Bus wartet. Erstaunlich groß und langgezogen ist dieser Ort, der kein kleines Fischerdörfchen mehr ist. Aber es hat durchaus Flair, das sich nur schwer beschreiben lässt. Liegt das an der Mischung zwischen wildgewachsener Pseudo-Modernität und beschaulicher Dörflichkeit?
Esel, Pferde, Hunde, erstaunlich großgewachsene Hühner und Rabengeier tummeln sich auf den Straßen und Salzwiesen. Verwaiste Schachtische aus Waschbeton mit bunten Plastikdeckeln als Schachfiguren. Gelbbemalte Autoreifen als Abfalltonnen. Ein paar Fischer werkeln in ihren Holzhütten, die bei Ebbe seltsam ’zurückgelassen’ weit ab vom Wasser liegen. Winkekrebse wuseln überall. Der Ort hat seine indifferente Lage zwischen Land und Wasser auf seine Entwicklung scheinbar übertragen.
Hier könnte man wahrscheinlich noch einiges entdecken, doch wir folgten einer anderen Mission, die noch erfüllt werden wollte: Die Suche nach einem verschwundenen Jesuitenkloster. Dazu im nächsten Beitrag mehr. Jetzt aber nähern wir uns dem ehemaligen Fischerdorf, wie es sich für seine Lagunenlage gehört, nämlich vom Wasser her – und stellen alles andere, das wir zuvor durchfahren haben, die Auswüchse eines Dorfes, das eine Stadt werden will, zurück.