Ein Bericht von 20 Tagen auf See. Angefangen im indischen Kochi (Cochin), fortgeführt zunächst bis nach Suakin im Sudan. Ich warne schon vorab, es ist nicht so spannend – und schon gar nicht romantisch -, wie sich einige eine solche Reise vorstellen. Wir haben bisher einfach Glück, und können keinen reißerischen Seemannsgarn spinnen. Der Leser mag mir verzeihen, dass ich nicht zu den üblichen Übertreibungen neige. Sicherlich wäre dieser Bericht ganz anders ausgefallen, hätte ihn Marcel – oder Nico – geschrieben. So aber müssen Sie mit mir vorlieb nehmen. Auf dieser Überfahrt habe ich auch einige kurze Videos gedreht, die den Eindruck besser (oder anders) von der Fahrt vermitteln sollen als Fotos. Diese laienhaften Elaborate werde ich erst in ein paar Wochen hier nachträglich veröffentlichen können, denn unsere Durchsatzrate in Suakin ist sehr niedrig (und das Internet teuer). Das gleiche gilt auch für Fotos, die ich aus Daten-Spar-Gründen als Collage montiere.
Samstag, der 12.12.2020, Tag der Abreise aus Kochi
Kaum zu glauben, wir fahren heute tatsächlich los. Nachdem uns in der Nacht noch mehrfach ein Beamter der Immigration aufsuchte und Probleme machte. Warum wir denn nicht wie angegeben vor Stunden losgefahren sind?! In Indien ist es Vorschrift, anders als in allen bisher von uns besuchten Ländern, nach der Ausklarierung innerhalb von 3 Stunden das Land zu verlassen. Das ist unter gegebenen Umständen (bspw. Gezeiten) kaum möglich.
Zuerst sagte der Beamte in der Nacht, wir dürfen bis 6:00 bleiben, dann aber hurtig ablegen. Nachdem er offenbar Rücksprache mit seinem Vorgesetzten hielt, klopfte er erneut bei uns an: Wir müssen morgen früh doch noch persönlich beim Immigration Office vorsprechen, alle beide. Dann kam er noch ein drittes Mal zurück und verkündete, wir bräuchten noch ein Covid-Test, um ablegen zu dürfen… Am Ende waren wir ganz schön gerädert, als wir um 6:00 vor dem uns bereits vertrauten Gebäude standen, das zu erreichen uns circa 40 Minuten Autofahrt kostet. Knappe zwei Stunden später waren wir wieder an Bord zurück. Eine Aktion, die durchaus kafkaeske Züge hat.
Fünf Personen, und kein einziger Hund, verabschieden uns. Da stehen Raj, Varghese, Nazar, Mr. Vlogger und Markus und leihen uns helfende Hände beim Leinenmanöver. Die Müdigkeit ist durch Adrenalin vertrieben worden. Aufregend ist es, endlich abzulegen – nach einem Jahr Kochi! Aber auch ein Quantum an Wehmut und Traurigkeit schwingt beim Abschied mit. Uns tut es sehr Leid um die Hunde, für die wir keinen hilfsbereiten Menschen zum täglichen Füttern gefunden haben.
Es ist bereits 8:30 Uhr als wir merken, dass die Tide kippt und die starke Strömung einsetzt, die das Herauskommen aus der Marina ungemütlich gestaltet. Doch Port Control gibt uns einfach kein grünes Licht für die Durchfahrt. Das macht Marcel nervös und so entscheidet er, abzulegen und vor der Marina auf ein Okay zu warten. Leinen-Los und schnelle Kommandos folgen aufeinander, die manche unsere Helfer etwas missverständlich finden. Varghese (unser treue und immer hilfsbereite Fahrer) wäre beinahe ins Wasser gefallen, als er versuchte, die 16 Tonnen des Schiffsgewichts, die sich bereits in langsamer Fahrt befinden, mit der Festmacherleine in der Hand festzuhalten. Er wollte einfach nicht loslassen… Zum Abschied viele Fotos, Videos und winkende Hände. Wir versprechen, den Kontakt auch in Zukunft zu halten und vielleicht, wenn die Götter es wollen, werden wir uns in zwei Jahren wiedersehen. Und dann kommt auch schon das Okay für die Durchfahrt. Wir gehen auf Fahrt.
So gerne wir nach einem Jahr Kochi von hier fortkommen, so traurig macht uns der Abschied. Was wird aus unseren Hunden… Der Versuch, jemanden zu finden, der vertrauenswürdig genug wäre, ihm Geld und Futtermitteln zu überlassen, scheiterte. Wir trösten uns damit, dass diese Hunde an das Straßenleben vor Corona-Krise gewöhnt sind und dass sie wenigstens über sieben Monate lang täglich eine gute Zuwendung vom Menschen erfahren haben.
Wer uns übrigens nicht verabschiedet, sind Mama, Bonhome, Whity, Little Ear, One Eye, Goldy, Blanco und Blacky. Umso besser, der Abschied wäre uns noch schwerer gefallen. Ein Ehemaliger der Hundebande beobachtet unsere Abfahrt jedoch von ganz oben. Es ist „Lion“, der kleine schwarze Welpe, den wir in letzter Minute vermitteln konnten, der nun in der obersten Etage eines der Hochhausappartements an der Waterfront wohnt. Sein neuer Besitzer, den wir näher kennenzulernen leider nicht mehr die Zeit hatten, funkt uns noch schnell an und sendet ein paar Fotos, die er von uns inmitten der riesigen Lagune zwischen Meer und Fluss macht. Wir fahren an der Waterfront vorbei und winken auf Verdacht in Richtung der obersten Etagen. Plötzlich ist es so weit. Nach einem Jahr des sehnsüchtigen Blicks auf die Flussmündung, die wir auf unseren täglichen Spaziergängen im Bolgatty Palace vor Augen hatten, passieren wir die Durchfahrt zum Indischen Ozean, der hier Arabic Sea heißt. Die folgenden Stunden bis in die Nacht hinein begleiten uns zig Fischerboote, allesamt ohne AIS, mehr als uns lieb ist. Während ich noch etwas schlafen darf, fährt Marcel zwischen den Booten Slalom. Ade Kochi, Chochin und Ernakulam – Ade Freunde! Auf ein Wiedersehen irgendwo und irgendwann.
13.12.2020
TAG
Windlos, still, einfach nur herrlich, um sich an das Leben auf See wieder zu gewöhnen. So wachsen einem zwar nicht wieder so schnell die berühmten Seebeine, aber fürs Gemüt ist eine solche Stille wunderbar. Wir wissen ja, dass es so nicht für immer bleiben wird. Das wäre auch katastrophal für unsere Dieselvorräte.
NACHT
Das Meer ist so bleiern glatt, dass sich die Sterne darin widerspiegeln. Dabei ist die Nacht nicht einmal pechschwarz, denn ein Grauschleier hängt um uns herum. Ich frage mich, ist das Nebel (den ich das letzte Mal nur kurz in Munar gesehen habe)? Wenn ich meine erste Nachtwache übernehme, ist es 21.00 Uhr. Meine zweite folgt um 3:00, eine echte Hundewache. Für mich ist es schwer zu glauben, aber laut der uralten indischen Heilkunde Ayurveda ist die Zeit zwischen 3 und 5 zwischen Noch-Nacht und Schon-Morgen die beste zum Aufzustehen. In dieser Grauzone sollte man sich seiner selbst widmen, meditieren, eine Selbstmassage mit warmen Ölen vornehmen, Yoga praktizieren oder spazieren gehen. Ich betrachte Milliarden kleiner und großer Leuchtpunkte über und neben mir, die sich in dem stillen, schwarzen Meer widerspiegeln. Das muss für all diese empfohlenen Handlungen genügen. Und was wir eine Ansicht und Stimmung breitet sich um mich herum aus! Zumal heute offenbar die Nacht der Sternschnuppen ist! Im Minutentakt fallen über mir die Sterne vom Himmel auf den Kopf. Einige kommen still daher und hauchen ihr Leben schnell aus. Andere erscheinen mit großem Tamtam von langem Leuchten begleitet und mit einem kometenhaften Schwanz versehen. So manches Mal habe ich den Eindruck, sie fallen gleich ans Deck.
Ein Delfin schnauft neben der Bordwand an Steuerbord und die kleinen Kräuselungen, die unsere Fahrt verursacht, illuminiert das Leuchtplankton, der einen Sternenhimmel unter Wasser erzeugt. Wirklich, was für eine Nacht! Zu gerne hätte ich etwas davon festgehalten, doch kein Fotoapparat der Welt kann das leisten (auch nicht das von Handy von Huawei). Und so starre ich weiter abwechselnd auf das schwarze Wasser und zum Himmel voller aufblühender Feuerwerke. Reiße die Augen auf, nicht dass sich am Ende einer der Sternenlichter doch noch als ein Fischerboot auf Kollisionskurs entpuppt.
14.12.2020
TAG
Delfine, ein Wal, eine Schildkröte und ein Funkruf der Indian Coast Guards, die wissen wollen, wer wir sind. Das ist die große bisherige Tagesausbeute.
Marcel sichtete eine Schildkröte in den Morgenstunden und ich hörte am Nachmittag ein Geräusch. Ich denke zunächst an den neuen Autopiloten oder an das Funkgerät, die irgendwelche Alarme senden würden, denn das Geräusch ist ein langanhaltendes Pfeifen, ähnlich dem einer Bootspfeife, die man auf Marinebooten des 19. Jahrhundert zum Appell ertönen ließ (zumindest in entsprechenden Spielfilmen). Ich spurte ins Cockpit und sehe noch kurz direkt neben uns einen großen graublauen Rücken abtauchen. Zu spät um ein Foto zu machen. Was war es? Ein sehr großer Delfin? Oder doch schon eher ein Wal? Zehn oder mehr Minuten lang passiert nichts. Dann taucht weit weg hinter unserem Bug derselbe Rücken mit Finne auf und gemächlich wieder ab.
An Bord kommt eine gewisse Tagesroutine auf, zu der beispielsweise auch die erste Handwäsche gehört. Wir können uns das mit Trinkwasserqualität leisten, denn unserer Wassermacher produziert im Moment noch Überschuss. Unterwegs hat man so seine „Lieblingssachen“ an, die so lange getragen werden, bis es nicht mehr geht. Da wir keine Gäste an Bord haben und auch sonst kein Besuch in Sicht (Gott sei Dank), ist eine solche legere Garderobe okay, solange sich der Partner nicht beschwert. Ich zum Beispiel habe ein Top aus Leinen, das bei der Hitze und dem vielen Schwitzen einfach optimal ist und daher heißgeliebt (man glaubt es nicht, aber ohne Wind ist es an Bord ohne Schatten und ohne die großen Ventilatoren ganz schön heiß). Achtung, wer ein Lieblingsteil sein eigen ist, sollte es auf keinen Fall anhaben beim Hantieren mit dem indischen Gewürz Curcuma/Kurkuma (auch Haldi genannt). Oder am Ende muss man es ganz gelb färben.
Dann wären da noch die ersten Reparaturen, die gemacht werden müssen. Dazu gehört beispielsweise das Relingsnetz und die Toilette, oder auch das Aussortieren bereits verdorbenen Gemüses und Obstes. Auch das Bespaßen von Nico, der bisher alles einfach wunderbar meistert, gehört zum täglichen Ritual. Während ich ganz viel Buch lese, arbeitet Marcel fleißig an unserem Kontostand und schreibt vorrecherchierte Texte für unsere Stammkunden.
NACHT
Die See ist ölig-bleiern wie bereits in der Nacht zuvor. Die Wellen kräuselten sich kaum merklich und der Fahrtwind brachte so etwas wie eine warme Abkühlung. Obwohl auch diese Nacht pechschwarz und von vielen Sternschnuppen durchsetzt ist, hat sie nicht den Zauber der gestrigen. Genau die gleichen Komponenten, doch die Summe fällt anders aus. Eine selbstgemachte und wohl unnötige Aufregung bescherte mir das nächtliche Passieren eines ausgedehnten Riffs mit paar größeren und kleineren Sand- und Riffinselchen dazwischen. Unvermittelt schossen mir beunruhigende Ideen in den Sinn: Was, wenn wir einen Kartenversatz haben? Oder eine seitlich setzende Strömung? Oder beides? Die Nervosität steigerte sich in mir mit jedem Schritt Richtung der Isletta Cherbaniani (Beleapani Reef). Die letzte des Lakshadweep Archipels, das ich gerne tagsüber erkundet hätte (und was von den indischen Behörden wieder einmal nicht erlaubt ist). Was ist, wenn… Es wäre nun nicht das erste Mal, dass elektronische Karten versagen, dass der GPS-Standort nicht mit der Realität übereinstimmt. Ganz zu schweigen davon, dass es nicht das erste Mal wäre, dass ich ein Schiff auf einen Riffkopf setze. ich höre beinahe, wie mit einem Ruck und quietschenden Schleifgeräuschen unsere Fahrt am Riff endet. Natürlich entwickeln sich solche Gedanken mit Vorliebe nachts. Geht es den anderen Seglern während ihrer Nachtwachen auch so?
Zufall oder auch nicht: Der spiegelglatte See, wenn auch nicht so traumhaft wie gestern, und die geschmeidige Fahrt unter Segeln hat ihr abruptes Ende als wir das kleine Riff-Archipel hinter uns lassen – übrigens leider auch dieses bewohnt. Dahinter nehmen die Wellen an Größe zu und der Wind ab. Seltsam.
15.12.2020
TAG
Schon wieder! Auch heute Morgen erwache ich komatös aus einem aufwühlenden, tiefen Traum. Dieses Mal ging es mit Marcel, Nico und unserem indischen Freund Raj irgendwo in Europa auf eine Wanderung. Doch dann verschwand Nico und wurde als kleiner Chihwawa mit klaffender Seitenwände wiedergefunden. Darüber hinaus kamen in meinem Traum auch noch zwei riesige Rinder, die ich keulen musste, gleichwohl sie von einer Tierärztin betreut wurden, die mich irgendwie an unsere französische Segelbekannte Barbara aus Mayotte erinnerte (auch sie eine Tierärztin). Ein alter Citroen, die „Ente“, dessen Dach aus verrosteten und undichten Metalllamellen bestand, spielte gleichfalls eine wichtige Rolle… Starke Träume zwischen den Dreistunden-Wachen, die einen nicht so schnell in die nächste Wache entlassen.
Nach den ersten zwei Tagen ohne nennenswerten Wind, versprechen uns nun die neuen Wettergribs, die wir über Iridium Go empfangen, eine leichte Brise von Achtern. Tatsächlich, um 11:30 setzt der Wind – ein Hauch – ein, der uns erlaubt, für einige Stunden den brummenden Motor endlich auszumachen. Was für eine Erholung! Endlich können wir den Wind und die Wellen hören.
Am späten Nachmittag beobachte ich, wie ein mittelgroßes Fischerboot mit seitlich verzurrten zwei oder drei kleineren Booten auf uns Kurs nimmt. drei Männer stehen am Bug und wedeln mit großen weißen Tüchern. Angefunkt werden wir nicht. Wir sind uns nicht im Klaren, was das zu bedeuten hat. Möchten sie etwas von uns? Wasser? Hilfe? Wollen sie uns Fisch verkaufen? Oder sollen wir ihnen Platz machen? Marcel entscheidet, Gas zu geben, und sich auf keine Gespräche einzulassen. Sie passieren uns ohne uns zu folgen. Irgendwann verlieren wir sie aus den Augen. Und werden nie erfahren, was sie wollten. Trotz unserer Flucht, füllen wir für die Zukunft einen 5-Liter-Kanister mit Trinkwasser ab.
NACHT
GFS-Wettervorhersage verspricht in Böen 11 Knoten auf unserer Strecke, die sich aber in der Realität zu 20 dauerhaften Knoten Wind auswachsen, um dann plötzlich auf 5 Knoten abzufallen. Mal dreht der Wind, mal nimmt er ab, und dann wieder zu. Dazu kommt unregelmäßiger Seegang, der unseren neuen Autopiloten nicht behagt. Wir versuchen nach Wind zu fahren, denn das kann der Neue. Eigentlich. In diesem Fall aber nicht. Dann versuchen wir nach Kurseingabe zu fahren, was etwas besser klappt. Unsere Geschwindigkeit pendelt zwischen 2,9 und 4,1 Knoten. Die Geschwindigkeitsausbeute wäre sicherlich besser, wenn einer von uns ständig die Segel trimmen würde, was leider aber keiner so recht mag. Selbstverständlich müssen solche Windkapriolen nachts passieren, während Schiffe auf der Kimm auftauchen, die dann entweder sehr knapp unseren Kurs kreuzen, oder sich als Fischerboote entpuppen, die ständig ihren Kurs wechseln. Einer von ihnen hat – es war natüüürlich während meiner Wache – einfach das Wegerecht missachtet und hat volle Kraft voraus auf uns zugehalten. Ich musste Marcel wecken, damit er die Situation mit begutachtet. Und dann war nur noch genügend Zeit, um den Motor anzuwerfen und das Manöver der letzten Sekunde zu fahren (hart Steuerbord unter voller Motorkraft). Das Fischerboot passierte uns so nah, dass ich in dessen Deckshaus hineinsehen konnte, zumal dieses mit zig Strahlern hell erleuchtet war. War der Steuermann betrunken? Hat er uns gar nicht gesehen? Hatte er womöglich keine Ahnung von Seeverkehrsregeln? Das war wirklich knapp – vor lauter Adrenalin, aber auch Ärger, ist mir sogar ein Schrei entschlüpft, den bei all dem Maschinenlärm der blöde Fischer natürlich nicht hören konnte. Hätte ich doch lieber eine Flasche nach ihm geworfen. Wir wundern uns jedenfalls, dass diese Fischerboote, die zwar nicht so klein, aber eben auch nicht übermäßig groß sind, so weit von der Küste in circa 400 sm von Cochin entfernt, auf Fischfang sind.
Während man sich mit also mit unsteten Winden, kabbeliger See, ausfallenden Autopiloten und unberechenbaren Schiffen herumschlagt, geht auch diese Nacht im Nu vorbei.
16.12.2020
TAG
Heute ein trüber Tag. Die Sonne kämpft sich durch diesige Wolken bei 30° C. Der Wind nimmt zu. Die Gribs sagen 19 kn in Böen voraus, wir haben diese aber als konstanten Wind, der freundlicherweise achterlich einfällt. Hier draußen wird noch einmal deutlich, dass der Nordmonsun sich etabliert hat. Leider nicht die Wellen. Eine manchmal überraschend hohe Dünung setzt aus nordöstlicher Richtung ein, schlägt seitlich auf die Chulugi und bringt unseren neuen Autopiloten immer wieder aus dem Takt. Zu häufig, so dass Marcel ihn schließlich gegen unseren uralten und hyperzuverlässigen ersetzt. Jetzt fahren wir nach Kurs und zwar einigermaßen erträglich. Natürlich, wie sollte es auch anders sein, zum Abend hin verstärken sich die Wellen. Dünung gegen Windwelle. Es wird noch einmal so richtig kabbelig. Ich nehme noch eine Reisetablette gegen Seekrankheit ein. Ein einzelner Vogel begleitet uns eine Zeitlang. Ich vergesse immer wieder, wie diese kleinen wendigen Hungerleider heißen. Seeschwalbe vielleicht? Das sind jene Vögel, die sich von Luft und Wellen ernähren. Knapp, sehr knapp gleitet er über den Wellenkämmen hinweg. Ich bin mir fast sicher, hier geht es um Annährungsversuche zwischen Flügelkanten und Wellenkanten, nicht um Nahrungssuche. Ein paar kleine fliegende Fische wechseln das Element und stechen aus dem Wasser heraus. Mir scheint, es sind noch blutige Anfänger.
NACHT
Unser Kurs stabilisiert sich, gleichzeitig auch die 20 Knoten Wind. Ade Sternenhimmel – wir haben heute die erste helle Nacht mit zunehmendem Mond, den ich aber bisher noch nicht gesichtet habe. Leer auch der AIS-Monitor, das heißt, weit und breit keine anderen AIS-sendenden Schiffe, aber auch sonst keine Lichter zu entdecken. Sind wir außerhalb der gängigen Handelsroute?
Nicht leer bleibt unser Deck, denn es hagelt kleine fliegende Fische. Sie tun mir so leid, wie sie so heftig auf dem Deck und sogar im Cockpit zappeln – und überall ihre silbernen Schuppen hinterlassen. Seltsamerweise scheinen sie schnell zu sterben. Ich versuche sie, so schnell wie möglich, falls sie für mich problemlos erreichbar sind, ins Wasser zu befördern. Dennoch habe ich das Gefühl, die allermeisten sind bereits tot. Für Nico ist es ein großer Spaß, die armen Geschöpfe aufzuspüren. Er riecht sie sogar von Unterdeck und will sofort die Leiter hoch an Deck – auch nachts.
17.12.2020
TAG
Ich erwache mit leichter Übelkeit. Vergesse jedoch anschließend die Reisetablette zu nehmen und die Übelkeit verschwindet von alleine. Eigentlich ist heute ein schöner Segeltag mit achterlichen Winden von 15 bis 20 kn. Die große Dünung hat sich etwas beruhigt und die Windsee ist gut auszuhalten. Ich nehme mir heute etwas vor, dem ich seit geraumer Zeit aus dem Weg gehe: Thema „Verhaltensweise beim Piratenüberfall“. Dazu nehme ich mir zunächst die entsprechenden Kapitel im „Red Sea Pilot“ vor, was dazu führt, dass mir etwas mulmig wird. Pro und Kontra der eigenen Bewaffnung wird dort diskutiert. Viele Empfehlungen gibt es eigentlich nicht. Konvoy fahren von min. 4 Booten (haben wir nicht), Positionslichter nachts ausschalten (wir haben alles an), AIS aus (haben an), portable wichtige Instrumente (Notebook, Handy, Handfunke u. Ä.) verstecken und ein paar Opfergaben für die Piraten zum ‚Finden‘ lassen. Etwas Geld, Schmuck, Elektrogeräte, damit man sie bei Laune hält. Wie gut, dass ich das jetzt erst lese, sonst hätte ich in bewaffnete Guards investieren wollen.
Piraterie und Piraten – die Namen haben einen romantisch-verwegenen Klang, sind jedoch exakt das Gegenteil davon. Bei diesen Typen handelt es sich um alles andere als um Robin Hoods. Im Wesentlichen sind es bloße Verbrecher, denen ein Menschenleben nur Lösegeldwert oder gar kein Wert hat. Ihr eigenes Leben mit eingeschlossen.
Die Autoren des „Pilots“ raten, sofern man selbst nicht bewaffnet ist, freundlich zu bleiben, um die sowieso schon angespannte Situation zu deeskalieren. Zuvor soll man noch einen Mayday-Ruf absetzen, eigene Position durchgeben und die Situation möglichst genau beschreiben. Desweiteren die EPIRB einschalten, die das Notsignal als GPS und als Kurzwellennachricht auch an die deutsche Seenotrettung in Cuxhaven sendet. Hoffnung auf echte Hilfe geben die Autoren jedoch nicht. Nicht wegen der Distanz zu Cuxhaven. Es scheint so zu sein, dass benachbarte Großschiffe auf den Notruf selbst nicht reagieren würden, sondern einfach weiter fahren. Der Skipper beruhigt mich, dass das Buch bereits 20 Jahre alt ist. Das Supplement von 2019, das wir als Ausdruck gleichfall besitzen, favorisiert mittlerweile Positionslichter, AIS-Signal, das erst bei Piratensichtung eingeschaltet wird, Stacheldraht an der Reling und einen Safe-Room im Schiff… Damit sind eindeutig keine Segler gemeint.
Mittlerweile gibt es auch für uns einen Ansprechpartner, die sogenannte MSC-HOA, und die UKMTO. Sie koordinieren die internationalen Streitkräfte und Coast Guards am Golf von Aden und Roten Meer, die der professionellen Schifffahrt Hilfe leisten sollen und gleichzeitig die schwelenden politisch-militärischen Auseinandersetzungen in der arabischen Region im Auge behalten. Wir, kleine Segler, sind nicht unbedingt ihr Augenmerk, dennoch partizipieren wir an ihrer Präsenz. Realistisch betrachtet, sind jedoch die Entfernungen zu groß, um im Ernstfall mit einer schnellen Hilfe rechnen zu können.
Ich lege mir ein kleines Notizheftchen an, darin ich mir das Prozedere, die einzelnen Schritte und ein paar englische Vokabeln notiere, die ich im Falle eines Angriffs bzw. Sichtung eines verdächtigen Bootes parat habe. Hoffentlich muss ich diese Notizen nie praktisch umsetzen. Gleichzeitig verstecken wir das Geld an vier verschiedenen Orten, auch mein neues Notebook wird unsichtbar gemacht. Als Opfergaben wandern im Gegenzug zwei alte Notebooks aus der Versenkung wieder an die Oberfläche. 300 Dollar legen wir zum selben Zwecke ins Portemonnaie. Nun ist mir noch kein gutes und schnell erreichbares Versteck für mein Handy und das Tablet eingefallen. Alles in allem besitzt man wirklich zu viel Zeug.
Marcel meint, die sog. Piraten seien keine professionellen, die Yachten überfallen. Beruhigend finde ich diese Ansicht nicht. Professionelle sind mir immer lieber als mit Drogen vollgepumpte Jugendliche.
NACHT
Trübe, dunkel graue Nacht. Der Mond lässt sich nicht blicken, dennoch ist es nicht mehr so finster. Die Nacht überrascht in der ersten Hälfte mit drei hell erleichterten großen Schiffen an Back- und Steuerbord. Ohne AIS. Leider keine Seltenheit im Indischen Ozean. Ich frage mich, ob das wegen der Piraterie ist.
18.12.2020
TAG
Ein Tölpel mit einem weißen Schnabel. Zig fliegende Fische. Auf sie ist Nico wild versessen. Sie aufzuspüren, insbesondere nachts, wenn sie frisch ‚anlanden‘, ist eine große Marotte von ihm. Steht dann plötzlich an der Leiter und geht uns so lange auf die Nerven, bis einer von uns ihn doch noch ans Deck bringt. Ansonsten ist der Tag nicht nur für einen Hund auf einer langen Passage langweilig. Mit Nico veranstalten wir sein momentanes Lieblingsspiel, das Suchen von versteckten Leckerlis.
NACHT
Heute Nacht werden wir ganz schön durchgeschaukelt. Und das Bombardement mit fliegenden Fischen geht auch weiter. Nur wenige können wir lebend ins Wasser zurückbefördern. Große Dünung schlägt weiterhin seitlich aus der mondlosen Nacht heraus an die Bordwand und setzt uns immer wieder aus dem Kurs heraus. Erfreulich, dass uns der achterliche Wind weiterhin konstant nach vorne bringt.
Die finstere Nacht erhellen als vermeintlich aufgehende Monde einige der riesigen, hellerleuchteten Schiffe. Die meisten sind chinesische Fischtrowler. So manches Mal musste Marcel zu einem solchen Monster manuell auf Sicherheitsabstand gehen. Sie haben selten aktives AIS an, doch auch ohne ihre Daten war uns klar, dass es ich dabei um schwimmende Fischereihallen, Fischfahrzeuge und Fischfabriken in einem handelt. Jede Nacht erscheinen mindestens vier bis fünf auf einem Haufen. Heute haben wir sieben davon gesichtet. Nicht nur das. Sie haben dieses Mal auch ihre AIS-Signale an, so dass wir sie als chinesische Fischtrowler von 111 beziehungsweise 65 Metern Länge und 10 Metern Breite identifizieren. Wundert sich noch jemand, warum es kaum etwas in den Meeren an Fischen, Walen und Delfinen gibt? Auch Vögel sind eine Rarität geworden. Ob die Chinesen sie auch essen? „Fu Yuan Yu“ und seine im Konvoi fischenden Kumpane der „Yuan Tong Yu“. Ich habe gelesen, diese Fischerboote sind reinste Sklavenkolonien… Wie gut, dass ich das schon längst nicht mehr unterstütze und keinen Fisch mehr esse.
19.12.2020
TAG
Wir machen ganz gute Strecke. Das Etmal beträgt seit mehreren Tagen bereits über 140 sm und das bei einer Schiffslänge von 20 Metern und einer hier gen Nordwest setzenden Strömung von ca. 0,6 Knoten. Gleichzeitig steht die Dünung von Nordost. Die eine schiebt uns, die andere bremst. So ist das Segeln auf langen Distanzen, selten ein reines Vergnügen (finde ich immer wieder aufs Neue heraus). Ansonsten gibt es nichts zu berichten – außer dass es kühler geworden ist.
NACHT
Seit ein paar Stunden sichten wir immer mehr ‚europäische‘ Schiffe, das heißt jene, die nicht ihren Flaggenstaat in Liberia oder auf den Marshall-Inseln haben. Da kommt plötzlich Dänemark, Norwegen, Frankreich, Niederlande, Malta, Spanien und, besonders schönen ‚Zeichen‘ für uns, auch Griechenland vor. Sogar die Mongolei ist mit von der Partie, nur Deutschland nicht. Seit geraumer Zeit begleitet uns schräg von Hinten das griechische Frachtschiff „Maran Zenith“. Und auch wenn er 14 sm von uns entfernt ist, beruhigt seine Anwesenheit die Psyche, zumal wir in wenigen Stunden die sogenannte „High Risk Area“, die besonders von Piraterie betroffene Zone, betreten werden.
20.12.2020
TAG
Ungewöhnlich kalt. Kalt nur in dem Sinne, wenn man ansonsten an 30+ Grad gewöhnt ist. Bewölkter Himmel, Zunahme von Wind und Welle, doch der Tag bringt eine überraschend schöne Wendung mit sich. Es beschert uns hervorragende Etmale von bis zu 8 Knoten. Die neuen Wettergribs, die Marcel immer zu einer festen vormittäglichen Uhrzeit per Iridium Go abfragt (wir beziehen sie über „saildogs“ umsonst), verheißen eine deutliche Zunahme von Wind auf ca. 25 kn. Aus Erfahrungen mit dem GFS-Wettermodell können wir sagen, hier kann man getrost noch 10 Knoten in Böen darauf legen. Da der Wind im „Korridor“, das heißt in dem langgestreckten Golf von Aden, aus Nord-Nordost oder Ost kommt, erwarten wir eine schnelle und sichere Fahrt vor dem Wind.
Doch leider macht die Welle uns einen Strich durch unsere Euphorie, denn es gibt so einige große Ausbrecher (Dünung?), die im Verband von mehreren daher kommen und von der Seite auf die Bordwand der Chulugi prallen. Das ergibt einen unangenehmen Knall, wenn Welle auf Metallwand trifft. Auch haben wir das Pech, exakt vor dem Wind zu liegen. Das mag die Chulugi überhaupt nicht, und schliddert und rollt prächtig vor sich hin. Mit ihr unser Hab und Gut unter Deck… Mich machen diese Bewegung regelrecht aggressiv. Am besten, ich lege mich einfach hin und beisse die Zähne zusammen.
Was sonst auch noch zunimmt, ist die Frequenz, mit der uns Tanker und Frachter passieren. Wir nutzen den mittleren Korridor im Fahrwassertrennungsgebiet, so dass wir zu beiden Seite – wohlgemerkt mit zumeist großen Abstand von mehrere Seemailen – Schiffe in beide Richtungen neben uns haben. Mit einigen haben wir das gemeisame Ziel Port Suez, mit einigen Wenigen sogar Kreta!
Wir befinden uns bereits in der „High Risk Area“, wo internationale Streitkräfte zusammen mit einigen einheimischen Verbänden (Djibuti) dafür sorgen, dass nicht mehr so viele Schiffe von Piraten gekapert werden. Davon profitieren auch wir, die kleinen und privaten Boote. Von dem Eingang in den berüchtigten eigentlichen Golf von Aden, trennen uns noch zwei Tage. Doch bereits jetzt versenden wir täglich um 12:00 mittags unseren Rapport und Standort an die Krisenkoordinationsstelle der MSC-HOA . An den Schutzmaßnahmen sind jedoch viele Nationalitäten, Japaner, USA, Spanien etc., beteiligt.
NACHT
Wolkenverhangener pechschwarzer Halbmond. Nur die weißen, sich brechenden Wellenkämme heben sich von dem Nachthimmel ab. Wir steuern auf den Einfädelungspunkt in den „Korridor“ bzw. dem Golf von Aden zu. Ab hier wird das Risiko eines Piratenüberfalls statistisch berechnet am höchsten eingestuft, daher konzentriert sich die internationale Schutztruppe insbesondere auf diesen wirtschaftlich am wichtigsten Abschnitt. Es gibt auch noch andere Risikobereiche, Kenia oder die Seychellen, Nordindien und ja auch das Rote Meer selbst, doch diese sind entweder wirtschaftlich nicht wichtig oder als nicht so gefährdet abgetan. Piraterie hat nicht erst in modernen Zeiten Konjunktur, sondern war schon im Mittelalter Gang und Gäbe. Wikinger, Engländer (von der Queen stillschweigend ‚unterstützt‘), Araber aber auch Philippiner – um nur einige zu nennen – gehörten zu den diesbezüglich führenden Nationen. Schon damals haben sich wohlhabende Kaufleute zusammengetan, um ihre bedrohten Flotten durch entsprechend bewaffnete Mannschaften und Begleitboote zu schützen. Daraus ist eine der bedeutendsten ‚Kolonialmacht‘, die de facto eine Handelskompanien waren, entstanden: die Hanse und die spätere niederländische Südostindien Handelskompanie.
In der Nacht begegnen uns auf AIS immer mehr internationale Schiffe, die in ihrem elektronischen Datenblatt statt des Zielhafens den Eintrag „ Armed guards on board“ eingetragen haben. Bewaffnete Schutzmannschaft an Bord…
21.12.2020
TAG
Heute haben wir ein komisch verdrehtes Datum, finde ich. Erstaunlich wenig Verkehr zu verzeichnen. Dabei dachten wir, dass sich tausende Boote im Kanal bzw. Golf von Aden tummeln.
Heute bekommen wir auch nette Adventsgrüße von Unbekannt. Genauer: von jemanden, der mehr als 160 Zeichen geschrieben hat, so dass die Nachricht vor der Namensgebung abbricht. Darauf antworten können wir auch nicht, denn der- oder diejenige hat statt seiner oder ihrer email-Adresse unsere @chulugi.de eingegeben. Wir tippen auf meine Mutter, die sich mit der Technik nicht so auskennt. 😄
NACHT
Der Verkehr kommt offenbar vor allem nachts. Na kämpft sich uns ein italienischer Tanker entgegen und ein Frachtschiff aus Gibraltar. Zu den besonders beliebten Flaggen gehören die von Panama, Bahamas, Liberia und Marshall-Islands.
Der Wind, der wie der Verkehr auch gerne nachts aufdreht, hat in absoluten Spitzen auf 35 bis 40 zugenommen. Es stehen konstant 20 bis 25 Knoten. Die Wettervorhersage nach GFS-Modell prognostiziert bis Mittwoch 19 bis 24 Knoten. Während die normale Windsee einigermaßen richtig zu uns liegt, so heftig sind die im Dreier- oder Viererpack kommenden Ausreißerwellen mit bis zu grob geschätzten 3 bis 4 Metern Höhe. Auf unserem Kurs kommen sie leider zu sehr von der Seite. Die Korrektur zu Welle hin bringt den berüchtigten Eiertanz als Konsequenz mit sich. Daher luven wir wieder an und nehmen die Ausreißer mit.
22.12.2020
TAG
Ein freundlicher Cargoschiff meldet sich bei uns per Funk, um uns mitzuteilen, dass er seinen Kurs um paar Grad korrigieren wird, und fragt nach, ob wir nicht nach Backbord etwas abfallen könnten. Ihm war die Entfernung zwischen uns von 0,7 sm nicht ausreichend. Das sind grob gesagt 1,2 Kilometer. Wahrscheinlich hat er eine Vorschrift von einer Seemeile zu beachten. Der Kanal oder „Korridor“ ist gleichzeitig ein Fahrwassertrennungsgebiet (endlich kann ich das Wort anbringen!) und wie ich bereits schrieb, das Kerngebiet der Piraterie, an der Somalier und seit dem Bürgerkrieg im Land auch die Jemeniten beteiligt sind. Rechts Jemen, links Somalia.
Wir halten bereits täglichen Kontakt mit einem Koordinator der Überwachungseinheit der MSC-HOA. Ein freundlicher (wahrscheinlich) Portugiese auf einem Kriegsschiff der spanischen Marine, der weiß der Teufel wo sich befindet. Wahrscheinlich im Mittelmeer. Er kümmert sich persönlich um unsere Belange, sofern er kann. Täglich senden wir ihm zweimal unseren Standort und einen kurzen Befindlichkeitsbericht. Das Iridium Go bleibt die ganze Zeit über auf Stand-by, damit eine schnelle Kommunikation jederzeit möglich ist. Die Koordinatoren sind offenbar an die Berufsschifffahrt (ah, noch so ein Wort!) gewöhnt, denn unserer Mann sendet uns einmal eine länger Sprachnachricht, dann will er mit uns telefonieren und schließlich sendet er auch umfangreiche Daten per Iridium. All das ist nicht in unserem Budget enthalten. Doch das müssen wir ihm mehrfach erklären.
NACHT
Das Segeln im „Korridor“ ist uns leider nur paar Stunden vergönnt. Der Wind lässt nach und kommt zudem ganz genau von hinten, so dass der Kurs so platt vor dem Wind, der Chulugi gar nicht behagt, nicht mehr zu halten ist. Und wieder liegt GFS-Wettervorhersage falsch, die uns 15 bis 17 Knoten verspricht. Statt permanent an den Schoten zu ziehen und an Segel zu basteln, entscheiden wir uns, den Motor mitlaufen zu lassen. Eigentlich können wir uns diesen Luxus gar nicht leisten, denn die nächste teure Tanke ist erst im Sudan. Andererseits, wir wollen in dieser Zone nicht unter vier Knoten Fahrt vor uns hin dümpeln.
23.12.2020
TAG
Ein schöner Segeltag mit wenig störender Dünung, klarer Luft, strahlend blauem Himmel und recht wenig Wind von Achtern. Es ist kurz nach Mittag, als ein Funkspruch des japanischen Patrouillefliegers zu hören ist, der kurz danach über unseren Köpfen hinwegfliegt. Der Aufruf kommt wie vom Band gesendet mit einer sehr deutlichen sprachlichen Färbung, und fordert alle Schiffe dazu auf, sich unverzüglich beim Flugzeug zu melden, wenn sie „Assistenz“ brauchen, oder eine „ungewöhnliche Sichtung“ zu vermelden haben. Einige Schiffe werden namentlich direkt angefunkt. Wir bekommen auch Fetzen eines Funkspruchs mit, bei dem ein Schiff aufgefordert wird – besser gesagt einer „highly recommendation“ (nachdrückliche Empfehlung) nachkommen soll – , sich in den vorgeschriebenen „Korridor“ zu bewegen. Offenbar war irgendjemand außerhalb des „Korridors“ unterwegs. Und dann waren wir an der Reihe. Der freundliche Japaner fragt unseren Start- (Kochi) und Zielhafen (Suez) ab und bekräftigt dann noch seine Assistenzabsicht, sollten wir irgendwelche Probleme haben, dann verabschiedet er sich und ist schon längst weit weg von uns entfernt.
Diese Patrouillen wiederholen sich täglich. Das beruhigt die Nerven enorm. Nachdem der Flieger weg ist, fällt uns plötzlich ein, dass wir eine riesige japanische Flagge als Sonnenschirm an Deck fahren! Ich erinnere mich, dass wir sie in Bremerhaven auf einem maritimen Fest mit Flohmarktsbuden zusammen mit ein paar alten Leinensäcken und noch einer niederländischen Fahne gekauft haben. Wir hoffen, dass es den Japanern über uns nicht ein Sakrileg ist…
Ansonsten verläuft der Tag ereignislos. Wir schauen Filme, lesen, kochen und essen recht viel. Auch schlafen ist einer der favorisierten Beschäftigungen des Tages. Ich unternehme aber auch schon die ersten kulinarischen Vorbereitungen für das Weihnachtsdinner unter Segeln.
NACHT
Habe ich schon angemerkt, dass wir alle möglichen Nationalflaggen auf den vorbeifahrenden Großschiffen gesichtet haben (mittlerweile auch einige Italiener und Inder), nur die deutsche nicht? Just in meiner heutigen Nachtwache passiert uns aus Nord kommend steuerbordseitig der MV „Berlin Express“, ein deutsches Frachtschiff von über 300 Metern Länge und einer Geschwindigkeit von über 17 Knoten. Leider wollte er sich nicht mit uns unterhalten. Keine Weihnachtsgrüße weit und breit.
Heiligabend, 24.12.2020
Weihnachten auf See, das hatten wir in unseren bisherigen acht Jahren „Schifffahrt“ noch nicht. Und ausgerechnet zwischen Somalia im Süden (109 sm) und Jemen im Norden (57 sm) segeln wir in Schneckentempo und unter Motor. Kein Wind und vielleicht eine ominöse Strömung gegen uns, denn wir sind unserem Gefühl nach auch unter Motor etwas zu langsam. Darüber hinaus wir uns später der Dreiviertelmond wie auf einem Silbertablett präsentiert anleuchten. Alles, was ich mir für dieses Gebiet nun nicht unbedingt wünsche.
Das japanische Patrouillenflugzeug braust mittags über unseren Köpfen hinweg, und wenig später werden wir wieder angefunkt. Dieses Mal von einer japanischen Dame, die für uns ein kaum verständliches Englisch sprach.
Marcel hat heute früh während seiner ersten Wache ein Fischerboot mit zwei Begleitbooten gesichtet und dieses auch per Email an die MSC-HOA gemeldet. Das war wahrscheinlich der Grund, warum das im Stand-by eingeschaltete Iridium klingelte und wenig später eine Sprachnachricht einging. Leider konnten wir weder telefonieren noch die Nachricht abhören. Marcel hat es nicht herausgefunden, wie das funktioniert. Außerdem haben wir nur ein begrenztes Guthaben auf unserem Iridium-Konto, das wir Notfälle und die tägliche Wetterabfrage benötigt werden. A propos Wetter. Saildogs, über die wir unsere Wetterdaten abfragen, schickt uns heute nur eine zweitägige Wettervorhersage und nicht wie sonst die angefragten Fünf- Tage-Voraussicht. Fehler im System oder Fehler bei Iridium?
Das Gute an unserer heutigen langsamen Fahrt ist, dass ich etwas von unserem traditionellen Weihnachtsessen vorbereiten kann. Traditionell heißt in diesem Fall nicht deutsches Brühwürstchen mit Kartoffelsalat (brrr), eine Speise, die vielleicht für arme protestantische Fischer des 18. Jh.s etwas Besonderes war und daher Weihnachten gegessen wurde, sondern ordentliches katholisches Festessen. Oder vielmehr das, was von den ursprünglichen 12 Weihnachtsspeisen, die auf dem abendlichen Tisch geladen wurden, übriggeblieben ist, nämlich jene fünf, die in einfacheren Ausführung in der Kombüse vorbereitet werden können. Dazu gehört der namenlose „Salat“, der aus weißen Bohnen, Sauren Gurken, (eigentlich sauereingelegten) Pilzen, Karotten, Kartoffeln, Sellerieknolle, Petersilie in einer Mayonnaise-Senf-Soße besteht und ob seiner Mächtigkeit jede andere Beilage ersetzt. Ihm an die Seite kommt der obligate Fisch – am Heiligabend wir kein Fleisch gegessen, und einige strenggläubige fasten eine Woche vorher. Die Angelschnur schlurrt schon seit Tagen hinter uns her, ohne Fangerfolg. Das führt wiederum dazu, dass auf dem Weihnachtsteller ein zartes Filet aus der berühmten Fischbüchse landet. Es ist eine Makrele in Senf-Sahne-Soße aus Mayotte. Obligat ist auch der weihnachtliche „Bigos“ (polnisches Gulasch) , der entsprechend der Tradition des fleischlosen Weihnachtstages aus Sauerkraut, Weißkohl, Apfel, Zwiebel, Backpflaumen, Rosinen, Trockenpfirsich, einer Handvoll getrockneten Steinpilzen und allerlei exotischen Gewürzen, die alle im Ursprung aus Indien stammten (Zimtstange, Piment, Sternanis, Kümmel, Jaggery (Melasse)), besteht. Das Ganze muss eigentlich an die drei Stunden köcheln, umso länger desto besser. Eine Suppe darf vorweg nicht fehlen. Traditionell ist es eine Steinpilzsuppe mit selbstgemachten Buchweizennudeln, da ich auf Gluten verzichten muss, und die mir dieses Mal etwas zu flüssig geraten. Macht nichts, sie schmeckten dennoch sehr gut zu der mit Sahne verfeindeten Pilzsuppe. Ein kleines sur-plus sind die Chutneys aus Limetten und scharf-süßen Mangos, die die Mutter von unserem Freund Raj eigenhändig eingelegt hat. Als Dessert gibt es Karotten-Feigen-Kuchen, dieser ist als einzige Speise nicht selbstgemacht, denn dafür haben meine Kräfte, das Stehvermögen in der beengten schaukelnden Küche nicht gereicht. Wir gönnen uns dazu einen alkoholfreien Rosé „made in Germany“ in Indien gekauft. Gekühlt gar nicht mal so übel der „Karl Jung“-Wein, doch wer kennt in Deutschland schon diesen Weinmacher? Ich vermute, seine Abnehmer befinden sich allesamt in arabischen Ländern und in Indien, wo Alkohol aus verschiedenen Gründen verboten oder stark reglementiert ist. Nico bekam zu Weihnachten einen gefüllten Kauknochen. Das ist so etwas wie bei MacDonalds essen.
Für die Mahlzeit wurde der Tisch im Cockpit gedeckt, wenn auch die Präsentation auf ein Minimum reduziert werden musste. So segelten wir eine Zeitlang in den Sonnenuntergang hinein, nach Westen. Beinahe hätte ich es ganz vergessen zu erwähnen: Passende musikalische Begleitung hat uns zuvor unserer Freund Christian aus Brasilien geschickt, dessen Hobby das Singen ist. Wie wir finden, macht er das gar nicht so übel. Nun singt er für uns mitten im militärbewachten Korridor zwischen Somalia und Jemen am 24.12.2020 um 17:30 Bordzeit Weihnachtslieder auf Deutsch und Englisch. Vielen Dank Christian Stolz für dieses Weihnachtsgeschenk!
NACHT
Mit vollem Bauch schläft es sich nicht gut. Ich habe schon etwas Kräuterbittertinktur und Tee zu mir genommen. Hilft nicht, der Magen ist zu voll und der Dreistunden-Schlafrhythmus will sich nicht einstellen. Die Nacht ist klar und hell, nach meinem Geschmack viel zu hell… Wir fahren langsam, sehr langsam, unter Motor und das Schiff wird wie von einer magischen Hand immer wieder zu der grünen oberen Begrenzung unseren Fahrrinne geschoben. Möglichst weit weg von Somaliens Küste. In dieser Nacht sichte ich zum ersten Mal ein Schiff unter kroatischer Flagge.
25.12.2020
Die Routine bei unstetigem Wind und zeitweise starker Dünung will sich heute nicht einstellen. Der Platt-Vom-Wind-Kurs ist nix für Chulugi und nix für mich. Leichte Übelkeit und viel Schlechte Laune.
Heute gab es von allen uns umgebenden Schiffen ein „Happy Merry Christmas!“. Ansonsten keine Nachrichten…
26.12.2020
Wir nähern uns dem Flaschenhals, der zwischen dem Golf von Aden und dem Roten Meer liegt. Heute Nacht wird die zweite große Kurskorrektur vorgenommen, wenn wir nach zwei Wochen täglichen Sonnenuntergang im Voraus-Kurs (also Westen) nun auf Nord-Kurs einschwenken. Das wird Marcel zu seiner 23:00 Uhr Wache besorgen.
Auch heute setzt das japanische Patrouillenflugzeug seine allgemeine Funkmeldung ab, es meldet sich auch bei uns. Die Kommunikation beschränkt sich auf paar wenige Sätze. An Bord alles gut, keine verdächtigen Sichtungen.
Heute haben wir eine große Diskussion in Bord der Chulugi. Wie sollen wir uns in dem anstehenden Starkwind verhalten, der für die nächsten vier Tage prognostiziert wird? Just wenn wir den Flaschenhals passiert haben werden, erwarten uns auf der anderen Seite voraussichtlich bis zu 40 Knoten Wind in Böen sagt das GFS-Modell. Zwar von Achtern, aber eine 40 ist eben auch von hinten eine Hausnummer. Wir hatten diese schon einmal und das war nicht schön. Also, was tun? Durchfahren? Versuchen in Eritrea eine Bucht anzusteuern? Oder Kurs etwas an die jemenitische Küste halten, wo angeblich der Wind abnehmen soll? Marcel fragt unseren Verbindungsmann bei der MSC-HOA, was er empfiehlt. Wir haben auch eine Bucht vis a vis eines Militärlagers im Auge.
27.12.2020
TAG
Heute verlassen wir den Bereich der „High Risk Area“ im Golf von Aden und fahren durch den Flaschenhals „Bab El Mandeb“ ins Rote Meer hinein., wo noch paar Seemaile weiterhin als High-Risk zählen. Wir passieren linker Hand das kleine Land Djibouti und rechter Hand die Landspitze von Aden, die zu Jemen gehört. Streng ausschauende jemenitische Berge, die bis über 3.000 Metern in die Höhe schießen, sehen wir bereits mit bloßem Auge. Eine angenehme Welle schiebt uns von hinten direkt durch das Nadelöhr. Ab jetzt fahren wir nicht mehr der untergehenden Sonne entgegen, sondern halten uns an den Stern des Nordens. Nach Nordsee, Mittelmeer, Nordatlantik, Südatlantik, Indischen Ozean und dem Arabischen Meer nun das achte große Gewässer, das wir auf eigenem Kiel befahren. Dafür gibt es roten Wein für das Rote Meer. Wir zelebrieren das neue Element mit einem Gläschen von dealkoholisiertem – man möge den Unterschied zwischen alkoholfrei und dealkoholisiert beachten – Rotwein von dem schon genannten Winzerunternehmen „Karl Jung“.
NACHT
Unsere Wettervorhersage von Saildogs sagt uns bereits seit zwei Tagen eine unangenehme Wetterlage im südlichen Bereich des Roten Meeres, also genau wo wir uns gerade befinden, voraus. Was tun? Guter Rat teuer, denn geschützte Buchten gibt es zwar, doch wir müssten diese nachts ansteuern und das Rote Meer ist voller Untiefen, Riffe und schlechter Kartographie wie es heißt. Djibouti anzusteuern kommt aus verschiedenen Gründen für uns auch nicht in Frage. Unser portugiesisch-spanischer Supervisor rät uns dringend ab, näher an die jemenitische Küste zu gehen und zu dem Militärstützpunkt in Eritrea hat er keine Verbindung. Wir entscheiden uns, in der Mitte des Roten Meeres (das hier noch eng ist) zu bleiben und durch den Starkwindbereich durchzufahren. Die GFS-Wettervorhersage sagt mittlerweile 32 Knoten in Böen von hinten, das ist also ‚nur‘ 28 scheinbarer Wind in Böen.
Tja, das gute GFS-Modell irrt, wie so häufig auf unserer Fahrt, denn unserer Windmesser misst nicht nur einmal Spitzenwerte von 49.1 und 49.8 in Böen. Die Durchschnittsstärke der Winde liegt zwischen 31 und 35 Knoten. Wir fahren unter Groß im dritten Reff und Fock. Der Klüver ist eingerollt.
28.12.2020
TAG
Nur langsam lässt der Wind nach. Riesige steile Wellen rollen von hinten heran, heben das Heck an und wenn wir Glück haben, gehen sie glatt durch, was die Chulugi in einen leichten Surf bringt. Haben wir Pech, dann brechen die Wellen (daher der Name „Brecher“) direkt vor oder unter dem Heck, lassen den Bug bedrohlich nach vorne neigen, und zwingen uns anschließend zu einem Schlingerkurs mit viel Gerolle, klirrendem Geschirr und schlafenden Töpfen unter Deck. Die extra großen Wellen kommen immer im Verband von drei bis fünf. Ich darf gar nicht so lange nach Hinten schauen, denn so manche Welle hat ein ganz böses Gesicht. Ich wundere mich immer wieder, wie gut Schiffe wie die Chulugi (Koopmans-Riss) mit einem durchgehenden, langen Kiel ausbalanciert sind. Ohne Probleme meistert sie die Brecher von Hinten und der olle Autohelm-Autopilot ackert zwar viel, bringt uns aber immer wieder nach einer gewissen Verzögerung zurück auf Kurs (ganz im Gegenteil zu unserem sehr teuren neuen, der jetzt in der Backskiste verstaut ist).
NACHT
Wie immer nach einem ungeschriebenen Gesetz verschlimmert sich die Lage nachts. In unserem Fall verstärkt sich der Wind in der Nacht. Die Wellen werden steiler und aggressiver. Nur gut, dass man sie nachts nicht so gut sieht. Für Romantik ist es spätestens jetzt kein Platz mehr, wenn alle Gegenstände in jedem Schrank ihren Platz von rechts nach links und wieder zurück wechseln. Vielleicht liegen die steilen Welle, die in kurzen Perioden anrollen, daran, dass wir auf unserem Kurs ein Gebiet mit verhältnismäßig wenig Wasser unter dem Kiel durchqueren. Sind im Roten Meer Tiefen im Durchschnitt so um die 500 Meter üblich, haben wir hier Zahlen zwischen 10 und 50 Metern.
29.12.2020
TAG
Kurze Sichtung mehrerer Tuna-Fische. Ansonsten aber auch das zweite deutsche Frachtschiff gesichtet. Damit ist Deutschland auf dem gleichen Niveau wie Mongolei, die auch mit zwei Schiffen vertreten ist. Für Mongolei mag es eine annehmbare Leistung sein, aber für Deutschland?
Das Wetter ist „ganz schön“, 20 Knoten von hinten bei einigermaß moderater Dünung. Erstaunlich weiterhin, was für große Wellen im Verband von hinten angerollt kamen, und sich nur wenige Stunden später soweit beruhigen konnten.
Nico ist heute besonders aktiv draußen. Schnäuzchen ständig im Wind haltend wird wie wild geschnuppert. Ob er das Land (das wir nicht sehen können) bereits riecht? Marcel jedenfalls bildet sich mittlerweile auch ein, irgendetwas anderes zu riechen…
Wir queren ein riesiges Gebiet voller ankernder Schiffe. Das ist möglich, denn hier mitten im Roten Meer betragen die Tiefen um die 30 Meter! Das ist irgendwie auch beängstigend, wenn plötzlich das Echolot nicht nur eine Phantasiezahl nennt. Nach diesem Feld steigen die tiefen wieder auf 409 bis 1.800 Metern.
NACHT
Seit einiger Zeit haben wir weiße Nächte. So hell, dass sie nahtlos in den Sonnenaufgang übergehen. Der Wind lässt merklich nach. Während meiner letzten Wache schläft er auf 9 Knoten ein. Von hinten kommend, heißt das dann, dass wir nur 6 Knoten scheinbaren Wind haben. Zu wenig, um zu segeln. Mit abnehmenden Wind macht sich leider auch die Dünung umso deutlicher bemerkbar, die nun die Kraft und Muße hat, uns erneut ordentlich durchzurütteln.
Heute funkt uns zum zweiten Mal während unserer Reise ein Schiff an. Es ist während meiner Wache und ich wecke lieber Marcel, damit er die Lage begutachten kann. Ein Frachter aus Griechenland steht seit Minuten unverändert auf Kollisionskurs und will nicht weichen, obwohl wir unter Segeln fahren und damit das Wegerecht haben. Ich korrigiere um 3 Grad nach Steuerbord, so wie es sich gehört, doch Chulugi reagiert unter der Einwirkung des schwachen Windes und der starken Dünung nicht wie erhofft. Wir bleiben tendenziell weiterhin auf Kollisionskurs. Marcel beharrt – wie immer – auf seiner Ansicht, dass wir a) im Recht sind (haha) und b) dass wir noch Zeit haben, notfalls ein Letzte-Minute-Manöver (oder heißt es „Sekunde“?) zu vollziehen. Normalerweise ein klarer Streitpunkt bei uns. Erst 20 Minuten vor sicherer Kollision gibt es einen Funkspruch an uns. Das Griechenboot möchte vom Käpt’n wissen, wie wir das Manöver machen wollen. Portside, or…? Ja, Backboard an Backboard, bestätigt Marcel.
Zum Schluss meiner letzten Nachtwache zwischen 3:00 und 5:00 Uhr versucht ein schwarzer Vogel mit scharfgeschnittenen Flügeln bei uns zu landen. Das erfordert offenbar nicht nur Mut, sondern auch besondere Koordinationsfähigkeiten, denn er schafft es nicht.
30.12.2020
TAG
Wir steuern auf gebotenen Umwegen aufgrund der allenthalben wie Streuesel verstreuten Untiefen, Inselchen, Eilanden und Riffen unseren ersten Zwischenstopp, Suakin/Sawakin im Sudan, an. Wir haben heute Glück und staunen nicht wenig, dass der schwache Wind, der in der Konvergenzzone, in der wir uns befinden, nicht sein dürfte, uns ohne Motor mit guter Geschwindigkeit vorantreibt.
Marcel hat über eMail via Iridium einen uns empfohlenen Agenten, Mr. Mohammed, angeschrieben und unsere Ankunft samt ein paar Fragen angekündigt. Wo können wir ankern? Können wir bunkern, ohne einzuklarieren? Sollen wir uns per Funk bei der Coast Gaurd oder Port Control zuvor anmelden? Bekommen wir Diesel ohne offizielle Einklarierung?
Wie so häufig, bekommen wir ganz andere Antworten auf Fragen, die so nicht gestellt wurden. Jedenfalls wissen wir jetzt, was die Gage des Agenten beträgt (150 Dollar), ohne zu wissen, was wir dafür bekommen. Und auch noch nicht, wo wir ankern dürfen. Wir wollen eigentlich nur bunkern und so schnell wie möglich weiter, um vielleicht noch etwas Wind oder besser gesagt, keinen Gegenwind zu bekommen.
NACHT
Ende vom Wind, jetzt heißt es wahrscheinlich bis Suez zu motoren. Unter Motor und mit einem blinden Passagier (der schwarze Vogel) auf dem Sonnenpaneel steuern wir uns weiter durch Rifffelder und Untiefen hindurch. Um den Vogel nicht zu verletzen, hat Marcel den benachbarten Windgenerator ausgeschaltet und ist schlafen gegangen (seine 3-Stunden-Bereitschaftswache). Ich habe also just dann Wache, wenn wir durch die Riffgebiete manövrieren. Der „Pilot“ (ja genau der, der 20 Jahre alt ist) fürs Rote Meer rät dringend davon ab, sich auf das GPS zu verlassen, auch seien die Karten zu ungenau, heißt es dort. Der Sicherheitsabstand von 2 und nachts von 5 Meilen zwischen Schiff und potenzielle Gefahrenquellen wird dringen empfohlen… Sichtnavigation also. Etwas, was ich nicht besonders mag und jetzt sowieso nicht geht. Auch 5-Seemailen-Abstand zu halten, wenn man sich auf Ansteuerung befindet, ist nicht realisierbar.
Donnerstag, der 31.12.2020, Tag der Ankunft (Suakin)
Halbzeit für unsere Gesamtstrecke. Heute kommen wir in Suakin (Sawakin) im Sudan an! Wir sind sehr gespannt, was uns her erwartet. Wir haben unseren Agenten, Mr. Mohammet, mit dem wir schon vor Tagen Kontakt aufgenommen haben, erneut anschrieben und um Instruktionen gebeten. Gleichzeitig haben wir uns bei Port Control gemeldet, die alles Mögliche wissen wollen, unter anderem auch den Namen unseren Agenten. Dieser nimmt mit uns Kontakt auf, und es heißt dann, wir müssen ihm noch dieses und jenes an Unterlagen zusenden. Hätten wir das nicht schon vor paar Tagen erfahren und entsprechend im Vorfeld abwickeln können? Auch müssen wir vor der Einfahrt eine Stunde lang Runden drehen, und auf die Erlaubnis zu Einfahrt zu bekommen. Vielleicht weil die zuständige Person von der Health Control erst gerufen werden muss? Wir wissen es nicht, aber auch das hätte der Agent uns wenigstens vorher mitteilen können als wir nach dem Prozedere fragten. Wie gut, dass wir noch gerade so Tageslicht haben und auch sonst ruhiges Wetter. Denn hier in hoher Dünung zu warten wäre sicherlich kein Vergnügen.
Endlich kommt das Okay der Behörden und wir laufen ein nach Suakin im Sudan ein. Wir steuern die Altstadt von Suakin an, was eine Insel ist, an. Dort müssen wir erst eine Problemstelle von circa 1,40 (Un-) Tiefe passieren, um dann anschließend in einem Becken südlich der Altstadtinsel zu ankern. Ich quengele, warum wir denn nicht woanders, beispielsweise im Norden, ankern, denn ich liebe keine Aufregung mit Untiefen. Als wir die Altstadt sichten, denke ich zunächst an Krieg oder Bürgerkrieg und nehme mir vor, sobald wir Internet haben, die Geschichte der Stadt nachzuschlagen.
Der Anker fällt auf circa vier Metern Tiefe und wir sehen Mr. Mohammed auf der Seite der Altstadt zu uns herüberzuwinken. Anders als wir gedacht haben, kommt er nicht auf seinem eigenen Boot zu uns rüber, sondern Marcel muss ihn abholen. Okay, das heißt für uns Dinghi runterschnallen, ins Wasser lassen, aufpumpen, Motor von der Stange abmontieren, herunterlassen, am Dinghi anmontieren, sich frisch machen und ordentlich anziehen – man weiß ja nicht, ob wir zu einer Behörde müssen – und dann zu Mohammed rüber. Ich und Nico sollen/dürfen an Bord bleiben. Fein.
Wenig später der Funkspruch von Marcel an Chulugi (an mich also): Er komme gleich mit Mohammed und einer weiteren Person vom Health Department an Bord. Ich solle a) mich ordentlich anziehen, b) schnell aufräumen und c) Nico wegsperren. Klar, alles in fünf Minuten.
Nach einer freundlichen Begrüßung nehmen die Herren im Cockpit Platz, Nico bellt durch die Lucke aus der Schlafkajüte heraus, und ich – mit Kopftuch – präsentiere den Gästen als gute Bootsfrau Saft, Wasser und Kekse. Ich nehme extra die, die so harmlos ausschauen, aber scharf gewürzt sind. Die aus Indien. Mal sehen, was die Herren sagen. Mr. Mohammed münden sie, der andere Herr findet sie interessant, und misst uns die Temperatur. Danach befindet er uns als gesund (ich habe 36,4 °C, also eigentlich eine Untertemperatur und das bei der ganzen Aufregung).
Wir bekommen unsere 5-GB-SIM für umgerechnet 10 Euro ausgehändigt, doch Diesel wird nicht vor Samstag geliefert. Morgen ist Freitag (beten) und außerdem Silvester, nichts geht also.
Am Samstag werden wir hören, dass die Tankstelle einen Engpass hat und wir bis morgen auf den Tankwagen warten müssen. Also bleiben wir bis Sonntag. Immerhin planen wir dann doch, uns die ruinöse Altstadt anzuschauen. Am Sonntag heißt es, der Tankwagen kommt erst spät an, besser wir betanken Montagvormittag. Montag ist heute. Und heute heißt es, Mohammed steht in einer langen Warteschlage vor der Tanke. Vielleicht klappt es heute Abend…
Ach so, fast hätte ich es vergessen. Silvester wurde nicht gefeiet. Das 2020-Jahr hat mir ein Lebensjahr gestolen und kann mit der Beute jetzt auch gehen. Das neue Jahr 2021 konnten wir nur mit einem Cidre feiern (war das letztes Jahr auch nicht so? Schlechtes Omen?).
Fazit
Das Fazit das wir ziehen können, lässt sich sehen: 2540 Seemailen von Kochi nach Suakin in 20 Tagen. Das beste Etmal (zurückgelegte Strecke in 24 Stunden) liegt bei 160 Seemailen. Durchschnittgeschwindigkeit 5,6 Knoten, beste Spitze: 8,0 Knoten. Dieselverbrauch bis hierhin: 530 Liter , verbliebener Treibstoff im Tank: 75 Liter.
Alles in allem eine super gute Fahrt, wenn auch 48 Stunden Starkwind nicht sein mußte. Da er aber von hinten kam und nichts kapputgemacht hat, wird auch dieser unter das Gute subsumiert.
Suakin ist eine gute und mit einem Agenten auch zu Zeiten von Corona eine unproblematische Zwischenstation, um aufzutanken und sich erneut zu verproviantieren. Man kann hier nicht offiziell einklarieren, bekommt aber eine Art „Permit“, mit dem man an Land gehen kann. Wir haben uns die kaputte Altstadt angeguckt, aber alle Einkäufe hat freundlicherweise unser Agent Mohammed erledigt. Wir fanden den Ort nicht weiter einladend, zumal für westliche Frauen (ohne dass ich jemals eine schlechte Erfahrung gemacht hätte).
Allerdings müssen wir nachträglich etwas schimpfen mit unseren Tauchern in Kochi, die noch vor unserer Abreise an zwei Tagen das Unterwasserschiff von Muscheln, Tang und sondtigem unerwünschten Bewuchs befreiten. Als Marcel hier vor Anker tauchte, hätte er sich wohl am Salzwasser verschlucken können angesichts des Bewuchses am Bauch der Chulugi! Austernkolonien, Seepocken, Entenmuscheln, Seetang…. Einiges ist in den 20 Seetagen sicherlich hinzugekommen, aber sicherlich nicht alles und schon gar nicht Austern! Jetzt wissen wir, was uns unter Motor so stark bremste, dass wir kaum 5 Knoten Fahrt erreichten. Das war jedenfalls keine ominöse Gegenströmung.
Der beste Matrose überhaupt: Nico-Special
Wir hatten Bedenken, Nico hätte nach einem Jahr Marina Kochi das Segeln verlernt. Ganz im Gegenteil, als einziger der Crew ohne Reisetabletten hat er von erstem Tag an alles richtig und alles super gemeistert. Auf ihn sind wir richtig stolz. Und glücklich, dass er gesund ist.
Hans
Das erstaunlichste an Eurer Geschichte ist ja Tatsache, dass Ihr überhaupt gesegelt seit! In den jetzigen Zeiten, wo fast alle Ihre Yachten nutzlos in den Marinas rumstehen oder rumschwimmen haben, fahrt Ihr quer durch den Südindischen Ozean. Gratuliere! Auch scheint Euer Bericht ein weiterer, wenn auch statistisch insignifikativer, Beleg zu sein, das die Piraten vor Somalia nicht mehr so heftig unterwegs sind wie auch schon. Herzlichst, weiter viel Glück, wir freuen uns auf den nächsten „langweiligen“ Blog :-)))
Hans / SV TUVALU
Joanna
Hallo Hans von der Tuvalu! Bist du in Malaysia oder Thailand (gerade)? Wir wären dann also kurz davor, uns persönlich kennenzulernen. Kann ja noch kommen, wenn wir in 2 Jahren uns wieder auf den Weg zurück machen. Aber da fließt bekanntlich noch viel Wasser den Fluss runter… Tatsächlich fanden wir uns im berüchtigten Gewässer zwischen Jemen und Somalia ziemlich gut geschützt. Tägliche Flüge des japanischen Militärs, Kriegsschiffe und nicht zuletzt tausende Berufsschiffer. Sicher, wenn es zu einem Piratenangriff käme, würde keiner uns so schnell helfen. Aber ausgeraubt wird man als Segelyacht sicher eher in den Philippinen oder irgendwo an Land in Afrika (nun, nicht dass jemand meint, wir hätten dort schlechte Erfahrungen gemacht!). Will nur sagen, unsere Überfahrt in dem gefährlichen Gebiet hat die Angst relativiert. Ängste relativieren – deswegen geht man doch segeln und schaut sich in der Welt um, oder? Wir würden es auf jeden Fall wieder so machen, dann in die umgekehrte Richtung.
Mirjam Schaub
Liebe Joanna,
hast mir mit Deinem Bericht einen super Auftakt in diesen Tag beschert. Habe fast das Gefühl,
die Unterwassersterne selbst gesehen zu haben. Was für eine herrliche Beschreibung.
Und die Tiere. Nicht nur Nico. Sondern auch die des schwarzen Vogels mit den scharfkantigen Flügeln.
Gibt es Bilder von der gesichteten Schildkröte? Oder holte die nur einmal kurz Luft?
Taucht ihr manchmal auch mit Flaschen?
Welche Netflix-Serien passen gut an Board?
Ganz liebe Grüße aus dem kalten, regnerischen Berlin!
Frohes Neues, Joanna!
Herzlich, Mirjam
Joanna
Liebe Mirjam! Vielen Dank für deinen Blumenstrauß! Dieser „make my day!“ Nein, die Schildkröten haben soviel Angst, die tauchen sofort weg. Außerdem, das menschliche Auge ist immer noch besser als das beste deutsch-chinesische Kameraauge (Zeis-Huawei) und die besten Fotos sind die nicht gemachten.
Ich tauche überhaupt nicht. Habe mir eine geniale Ganz-Gesichts-Maske fürs Schnorcheln gekauft und seitdem ist meine Angst vor dem Unterwasser etwas kleiner. Marcel taucht mit Flasche, aber da wir keine an Bord haben, hat er sich das Tauchen nur mit Schnorchel angewöhnt ;-) Netflix haben wir nicht – ich habe kurz in Indien überlegt, mir das zu gönnen, da es dort spottbillig ist, aber dann angesichts der Empfangsprobleme doch sein gelassen. Gibt es etwas, was du kennst und ich kennen sollte? Irgendwas mit Wasser & Segeln muss nicht sein. Wenn man auf dem Wasser so lange lebt, dann ist Wasser nicht mehr so das Hobby (habe früher alles zum Segeln verschlungen, jetzt schaue ich nur mal rein, um zu sehen, wie die denn so über ihren langweiligen Alltag schreiben, quasi um zu lernen).
Herzlich nach Berlin! Hoffe, wir sehen uns bald!
Eugen Manko
Kochani, witamy was serdecznie, jeszcze tylko parę dni i zawitacie w cywilizacji….
trzymajcie się zdrowo.
Całujemy was
Bernadetta i Eugeniusz
p.s. z przyjemnością i ciekawością czytamy wasze sprawozdania
Joanna
Witaj Eugenie & Bernadetta, zawsze cieszymy się z twoich komentarzy i że w ogóle czytasz naszego bloga! Dziękujemy Ci bardzo. Marcel naprawdę nie może się doczekać Morza Śródziemnego. Wino, ser i znowu dobry chleb … Ale nie zgadzam się z tobą, że my teraz wracamy do cywilizacji. Chcielibyśmy zostawić ja za nami … ale nic nie można było zrobić. Ta cholerna cywilizacja jest wszędzie…
Serdecznie pozdrawiamy was z Ismailii w Egipcie!
Dietmar Henke
Hallo Ihr Drei,
Klasse geschriebener Bericht. Hat mir viel Spaß gemacht zu lesen. Wahrscheinlich gerade deshalb weil Du Eure Reise so nüchtern und unaufgeregt zu Papier gebracht hast. Danke dafür! Ein echtes Highlight ist Euer geliebter Nico. Mein Gott, was dieser Schlawiner schon alles erlebt hat. Ich wünsche Euch viel Glück und weiterhin alles Gute für den zweiten Teil der Reise!
Beste Grüße aus Holland,
Dietmar
Joanna
Hallo Dietmar! Vielen Dank für Dein Lob! Freut mich, wenn ich mit meinen sowieso schon viel zu langen „Artikeln“ nicht vollkommen jeden abschrecke. Na ja, als Ausgleich gibt es dann auch viele Fotos :-) „Nüchtern“ will ich gerne sein, so viele schreiben über das tolle Segeln und tolle Strände und tolles Kochen & Backen beim Sturm und alles ist easy… da will ich gerne mal ein Gegengewicht dazu sein. Vielleicht trauen sich dann weniger Leute aus ihren Hausgefilden raus ;-). Tatsächlich bewundern wir unseren Nico an aller ersten Stelle. Er macht das alles so toll mit. Wir wünschen uns vor allem, dass er gesund bleibt. Er war so furchtbar krank im Januar, wir möchten ihn heil in ein Land bringen mit guten Tierärzten, die auch über entsprechende medizinische Ausrüstung verfügen.
Und Du bist in Holland? Wenn Du Zeit und Lust hast, melde Dich mal bei uns via Skype oder Messenger oder WhatsApp und berichte, wie es Dir so geht!
Herzliche Grüße aus Ismailia, wo wir wohl mehrere Tage abwettern müssen.
Dietmar Henke
Hallo Ihr Drei,
Klasse geschriebener Bericht. Hat mir viel Spaß gemacht zu lesen. Wahrscheinlich gerade deshalb weil Du Eure Reise so nüchtern und unaufgeregt zu Papier gebracht hast. Danke dafür! Ein echtes Highlight ist Euer geliebter Nico. Mein Gott, was dieser Schlawiner schon alles erlebt hat. Ich wünsche Euch viel Glück und weiterhin alles Gute für den zweiten Teil der Reise!
Beste Grüße aus Holland,
Dietmar
Jana Weber
Liebe Joanna,
Danke für diesen spannenden Reisebericht! Wenn auch nachträglich, so sind wir gedanklich mitgesegelt, haben mitgeschaukelt, die Stimmung und Bilder wahrgenommen und haben mitgefiebert, dass alles gut geht. Deine schönen Aufnahmen verstärken dieses Gefühl natürlich noch. Man möchte einfach weiterlesen oder dabei sein (ach, ne, lieber Dich nicht)
Wir wünschen Euch alles Gute für die nächste Etappe und Euch und uns allen ein besseres 2021!
Passt auf Euch auf! Liebe Grüße aus dem winterlichen Oberursel zu Euch, Jana & Wilfried
Joanna
Liebe Jana, so nett, dich hier als „Leserin“ zu entdecken! Vielen Dank für Dein Interesse und Deine/Eure lieben Grüße. Ich hoffe, ich habe niemanden das Segeln verleidet :-) Wahrscheinlich gehöre ich zu den wenigen Seglerinnen, die Segeln als Mittel zum Zweck und nicht Freude an sich empfinden. Als ich noch von Urlaub zu Urlaub segelte, war das Segeln eine tolle Erfahrung. Aber jetzt, mit den Jahren, ist segeln auf lange Distanz nur etwas für total Verrückte. Ich komme lieber an einem schönen Ankerplatz an und bleibe dort ein halbes Jahr oder länger. Dennoch war der erste Abschnitt unserer Passage gar nicht mal so übel. Der zweite hat die Latte leider gerissen. Aber ich greife vor…
Auch wir wünschen euch beiden ein Jahr 2021, das für uns alle eine bella figura macht, und nicht diesem Null-Jahr nacheifert. Oberursel im Winter ist bestimmt wunderschön. Jetzt liegt doch Schnee bei euch, oder?
Ralf Schnitzler
Schön zu lesen, dass Ihr gut durch die Piraten Zone gekommen seid! Alles Gute noch für den weiteren Weg! Safe trip!
Joanna
Hallo Ralf! So schön, dass Du uns hier auf dem Blog folgst! Die Piraten-Zone zwischen Jemen und Somalia war durch die große Präsenz des internationalen Militärs und unsere täglichen Berichte an Militärstationen, die sehr ernst genommen wurden, alles in allem recht entspannt. Wir fühlten uns zumindest gut betreut. Auch wenn das im Ernstfall sicherlich trügerisch wäre, denn die Entfernungen sind natürlich sehr groß und die Hilfe kann nicht sofort da sein. Dennoch ist Segeln im Philippinischem Gewässer oder an den Küsten Afrikas und in einigen Bereichen der Karibik/Südamerikas für die Yachten wesentlich gefährlicher als die „Piraten-Zone“. Nur im kollektiven Bewusstsein der Seglerszene ist eben Somalia immer noch die Nummer eins.
Herzliche Grüße aus Ismailia im Suez-Kanal!
Wade Alarie
Excellent post. As expected, you had good conditions for a safe passage. From here to Suez, you’re going to get changing weather conditions and will need to stop and wait. Best wishes from SV JOANA.
Joanna
Hello Wade! How nice to see you here – you have faced the automatic translation for this long article and all its mistakes? Wow, thanks for your effort! We are already halfway through Part 2. Blog is already been written too. Not so funny anymore and tended to be terrible, but as long as no mast and no pods are broken, we book it as „well survived“. Maybe we’ll see you in Alanya in two weeks … new year, always new plans.
Greetings to Diane too!
Rajkrishnan
Joanna
What a wonderful description of the trip. Inspiring to me!!!
Raj
Joanna
Dear Raj, thank you for your efforts with my long – too long – article! Hope, I inspire you enough to follow us… :-)
Heidi
Liebe Joanna, ganz toller spannender Bericht, den ich fasziniert gelesen habe. Immer wieder musste ich bei einigen beschriebenen Erlebnissen schmunzeln und hab es Robert laut vorgelesen.
Hoffentlich verläuft der zweite Teil Eurer Reise ebenso gut.
In einigen beschriebenen Situationen fand ich mich auch wieder, zB dass es mich aggressiv macht, wenn das Schiff ständig rollt und man dabei kochen muss. Es nervt gewaltig und auch, wenn das Geschirr trotz sorgsamer Sicherung aneinander schlägt, weil man doch eine Stelle übersehen hat, oder der Starkwind genau nachts einsetzt, wenn man es gar nicht gebrauchen kann, Segel runterzunehmen, zu wechseln oder ein weiteres Reff einzulegen. Freue mich auf die Fortsetzung. Fair winds!!
PS: welchen neuen Autopiloten habt Ihr denn? Wir haben ebenfalls große Probleme mit unserem neuen AP von B&G. Mussten ebenfalls den uralten, aber super zuverlässigen von Raymarine wieder anschließen.
Liebe Grüße auch an Marcel und Nico
Joanna
Liebe Heidi, vielen Dank, dass Du uns auf unserem Blog mitverfolgst und meine langen Artikel liest! Ich schreibe ja nicht so die klassischen Berichte für Segler, die sich für das Technische etc. am Segeln interessieren… und der Alltag ist doch recht langweilig. Ich bin voller Bewunderung für eingefleischte Segel-Buchautoren, die ihre Seiten mit reinen Segelgeschichten füllen wie bspw. Moitessier, den ich früher sehr gerne gelesen habe. (Jetzt lese ich gar keine Segelbücher mehr.) Ihr seid beide verglichen mit uns echte Segler! Marcel und ich vermeiden jede Art von Handlegung an die Segel :-) Vor allem möchte Marcel es vermeiden. Reffs werden daher schon mal gerne zu früh gelegt und dann nicht mehr ausgerefft… zu meinem Ärger über die langsame Fahrt. Und ja, es scheint ein Gesetz zu geben, dass schlechtes Wetter, große Wellen und auch technische Probleme etc. immer nachts kommen. Man wird ja auch immer am Wochenende krank (oder im Urlaub), nicht wahr?
Ich vergesse immer wieder, welche Marke unser Autopilot hat. Der neue erholt sich jedenfalls im Schrank vor der Überfahrt, die er nicht gut absolvierte. Vielleicht lag es aber auch an dem Skipper, der nie Gebrauchsanweisungen liest. Und entschuldige bitte, dass ich erst jetzt antworte, ich hatte nämlich die Kommentare nicht mehr gesehen.
Herzliche Grüße an euch beide aus Ismailia in Ägypten!
Team Lop To
Na ihr traut euch was,… alkoholfreien Wein für Neptun! Wir wünschen euch weiterhin einen guten und sicheren Törn. Captain Nico, du bist Spitze :-), liebe Grüsse von den Lop To’s
Joanna
Ach wie schön, von euch zu lesen! Ich hoffe, euch geht es gut, alle gesund – auch der Hund, wenn ich mich recht erinnere, euer neuer Crew-Zuwachs (entschuldige, den Namen habe ich vergessen)… Neptun hat uns etwas zugesetzt, dann aber doch die Kröte geschluckt, denn wir sind ohne Mastbruch oder anderen Unannehmlichkeiten bis nach Ägypten gekommen. Wo seid ihr? Was macht ihr?
Herzliche Grüße senden wir bereits aus Ismailia!
Hartmut
Endlich wieder Segeln!! Ich freue mich mit Euch! Und hoffe noch auf viele Berichte!
Hartmut
Joanna
Hallo Hartmut! Ja, wirklich, endlich wieder segeln, auch wenn ich gar keine Langstreckenseglerin bin und lieber in einer schönen einsamen Bucht ankomme und dort für länger stecken bleibe. Die Strecke bisher war aber erfreulicherweise nur halb so schlimm wie befürchtet. Leider können wir mehr im ähnlichen Tempo weiter, weil so viele Länder unter dem Covid-Bann lahmgelegt wurden. Und darüber hinaus uns unangenehmes wetter im Mittelmeer vor der Weiterreise abhält.
Wir senden ganz herzliche Grüße in deine Richtung aus Ismailia!
Mark Beard
Loved reading your story about your trip
from Kochi so far. Look after yourselves and please give our best regards to captain Nico. Lotsa love from us here in Knysna.
Joanna
Hello Mark, it’s so nice, you take your time to read surely the bad translation of my too long article! Thank you! Yes, Captain Nico is our best crew-member, we love him every day more…
Kisses to you both … or no, to you 4, especially to the cute little Roxy!
Stephan Boden
Super gemacht! Ich freue mich sehr für Euch. Und Grüße an Nico, den Helden.
Joanna
Hallo Stephan, vielen Dank für Deine Grüße und Lob! Irgendwie hat sich das von alleine gemacht. Und die schlimmsten Ängste sind wie immer jene, denen man sich nicht stellt, sondern die man sich vorstellt… Noch sind wir allerdings nirgends „richtig“ angekommen. Griechenland wird es wohl doch nicht werden, wie es im Moment ausschaut. Aber heutzutage gilt mehr denn je: Pläne macht man, damit die Götter was zu lachen haben.
Herzliche Grüße aus Ismailia!