Ich traf eine ältere Frau in einer der fünf Bars der kleinen Siedlung, die, so schien es, nur als Anhängsel an das Zementwerk gebaut wurde (die Siedlung, nicht die Frau), welche die Bucht mit einer Mole für die Schiffsverladung nach Südwesten hin abschloss. Die Frau erzählte mir, dass das Werk nicht profitabel sei und nur noch existierte, weil ein hier geborener Fußballprofi das Werk als Abschreibungsobjekt gekauft hatte. Als Abschreibungsobjekt und, natürlich, um seiner Heimat mit der Sicherung von Arbeitsplätzen Gutes zu tun.
Außer Arbeit ohne Profit hatte das Werk den Vorteil, dass die Bucht vom Massentourismus verschont blieb und lediglich in den Ferienmonaten vom überwiegend weiblichen Teil der einheimischen Bevölkerung, sprich Frauen der Zementarbeiter und deren Müttern, sowie deren Sprösslingen frequentiert wurde.
An der Mole lag ein Frachtschiff unter panamaischer Flagge und ich fragte mich, obwohl ich wusste, dass die Flagge nichts mit dem Zielhafen zu tun haben muss, ob man von hier Zement nach Panama verschifft. Vielleicht zur Erweiterung des Panamakanals. Man wird dann an den Spundwänden des Kanals eine kleine Tafel finden auf der steht: Hecho de cemento canario. Und darunter etwas kleiner ein Name.
Auf der langen Liste der während der Bauarbeiten des Kanals, welcher den zu dieser Zeit sumpfigen und malariaverseuchten Isthmus zwischen den Nord- und dem Südamarikanischen Kontinent durchtrennen sollte, verstorbenen, oder sollte man deutlicher sagen dahingeraffter Arbeiter, wird man einen Namen finden, der an einen spanischen Fußballprofi erinnert. Und es stellte sich heraus, dass ein weiblicher Teil mütterlicherseits, nachdem die Arbeiten am Kanal fast abgeschlossen waren, als Haushälterin mit einem der europäischen Ingenieure nach Paris gegangen war und von dort, zunächst voller Hoffnung, doch dann todunglücklich und ohne Sprachkenntnisse nach Madrid. Und hier verliert sich die Spur der Familienchronik für einige Jahre, bis der in Spanien seltene Name auf den Kanarischen Inseln wieder auftaucht.
Ich fragte die Frau noch einmal nach dem Namen, doch sie konnte sich nicht wirklich erinnern, irgendetwas mit vielen Vokalen, mit vielen u oder i und dazwischen ein paar einzelne Konsonanten. In der Bar hätte ich nach dem Namen fragen können, doch ich entschied mich für die Idee nach Panama zu fahren und nachzusehen, ob dort wirklich eine kleine Tafel an den Spundwänden angeschlagen ist.
Man hat uns schon mehrfach die Inseln des San Blas Archipels empfohlen. Die dort autonom lebenden Indianer sind der Hispanisierung noch weitgehend entkommen und wer weiß, vielleicht finde ich dort den Namen, der auf der kleinen Tafel steht, wieder.
Als wir am frühen Morgen den Anker, beziehungsweise die Anker, lichten wollten, gab es zwei Überraschungen. Zunächst bekamen wir Besuch von einer Schildkröte. Das Tier schwamm gemächlich am Schiff vorbei, steckte das Köpfchen aus dem Wasser um Luft zu holen tauchte ab und verschwand im Dunkeln.
Die zweite Überraschung war unangenehmer, denn beide Anker hatten sich in zurückgelassenem Grundgeschirr verfangen. Es kostete etwas Geduld und ein Manöver mit Dingi und Tauchermaske, um den Zweitanker von einer Kette zu befreien, die sich hartnäckig zwischen den Fluken verfangen hatte. Den Hauptanker zu befreien, war dagegen ein leichtes Spiel.
Wir waren frei und setzten Kurs West: Teneriffa, Gomera, El Hierro.