La Palma – La Isla Bonita!

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Die Schöne Insel – das ist sie zweifelsohne! Eine wunderbare Insel, die trotz der unermüdlichen Versuche der EU, durch Straßenausbau, Brücken über Barrancos (Zeitersparnis ca. 5 Min.), Neubau des Flughafens (leerstehend), 5 km Autobahn für die Einfahrt in einen Tunnel (wegen einer Gegenpetition der Einheimischen vorerst gestoppt) und der Subventionierung von grauen Planen für die kilometerlangen Bananenplantagen, ihre Schönheit zunichte zu machen, dennoch noch recht ursprünglich, vielfältig und einmalig in ihrer Art geblieben ist. La Isla Verde – tatsächlich hat die Insel einen regnerischen Norden, zwei Bäche, die sogar im Sommer noch Wasser führen und nach Regenfällen reißerische Flüsse werden, eine heiße Quelle, die unter Lavaströmen begraben wurde, nun aber ‘wiedergefunden’ wurde, und die hohen Bergspitzen, an denen die Passatwolken hängen bleiben.

Die vielfältigste, die spannendste des Archipels ist sie für uns bisher allemal. Vulkane der jüngsten Vergangenheit gestalteten den Süden, im Zentrum dominieren über 2000 Meter hohe Berge, die sich als Rand einer gewaltigen Caldera entpuppen. Mehrfache Vulkanausbrüche zuletzt 1924 im Südwesten der Insel und 1971 am äußersten Südzipfel prägen die Insel bis heute. Erkaltete Lavaströme, die sich über die Bergflanken, über die Steilküste ins Meer wälzten, erzeugten neues schmales Land im Küstenbereich. Auch wenn sie schon wieder durch Straßen, neue landwirtschaftliche Terrassierungen, Bananenplantagen und nicht zuletzt durch Siedlungen eingenommen werden, so zeugen sie dennoch noch deutlich genug von der Wildheit der Insel, von ihrer Ursprünglichkeit und von ihrem heißen Potential eines neuen Ausbruchs.

Hier weiß man noch, dass man auf Feuer lebt. Denn angeblich (oder tatsächlich) liegt La Palma und El Hierro auf einem sogenannten Hotspot – einer unterseeischen Magmaquelle, die durch Risse im Meeresboden immer wieder ausbruchgefährdet ist. So sind – laut neuster geologischer Theorien – alle Inseln des Archipels entstanden, und verdrifteten dann Richtung Nordost. Daher sind die Insel El Hierro und La Palma geologisch betrachtet die jüngsten und haben noch die Möglichkeit, für Aufregung zu sogen.

Die Insel liegt wie ein Wal oder wie ein Herz – je nachdem, welche Assoziation einem mehr gefällt – inmitten des Atlantiks. Am weitesten vom Festland entfernt, ruht sie auf einem ‘Kissen’ aus Lava und ist nur die Spitze eines gewaltigen Vulkans. Nur 10% des Gesamtvolumens schauen aus dem Meer hervor. Aber das Spannende kommt noch: Man kann den Urvulkan unter dem Meer sehen und zwar im Herzen der Insel: in der Caldera de Taburiente.

Schon früh hat man sich für die geologische Besonderheiten der Insel interessiert und Landkarten gezeichnet. Sie zeugen sowohl davon, wie schwierig es ist, sich ein umfassendes Bild von etwas großem zu machen, das man nur horizontal durchwandern kann. Als auch von der in die Interpretation eingeflossenen Bedeutungsperspektive, indem die Caldera immer wieder als zentrale Formation aufgenommen wird.

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Der deutsche Wissenschaftler Leopold von Buch hat auf La Palma seine Theorie der Inselentstehung entwickelt, die heute widerlegt zu sein scheint. Sein Kontrahent, der englische Geologe Charles Lyell, hat in dem wissenschaftlichen Disput offenbar recht behalten. Auch seine Theorie entwickelte er angesichts der geologischen Eigenheiten von La Palma. Wie entsteht Land über dem Meer? Genauer, wie entstehen Inseln? Aus unterseeischen Bergen? Aus schwimmenden Landschollen? Vulkan-Lava-Kissen?

Von Buch vertrat die “Erhebungstheorie”, die ihm beim Durchwandern des ehemaligen Kraters des Vulkans Taburiente gekommen sein soll. 1824 führte er gleichzeitig mit der Theorie auch den Begriff der “Caldera” für den Krater der Vulkane in die Fachterminologie ein. Er ging davon aus, dass es am Meeresgrund horizontal treibende Lavaströme und Tuffdecken gab, die durch Gasexplosionen aus den tieferen Grundschichten heraus dann nach oben geschoben wurden. An der Meeresoberfläche barsten sie und ergaben so den “Erhebungskrater”, dessen zentraler Teil in der Caldera zusammengebrochen oder herausgeschleudert wurde. So erklärte von Buch, warum maritime Sedimente in der Caldera de Taburiente zu finden sind. Lyell hingegen ging zunächst von einer vulkanischen Tätigkeit aus, an deren Ende setzte er aber eine gewaltige Erosion, die dann zu der Ausbildung des “Kraters” führte.

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Historische Fakten

Die Eroberung von La Palma beginnt mit dem Datum 29. September 1492 und zwar mit der Landung der Truppen von Alonso Fernández de Lugo am Strand von Tazacorte.

Die Urbevölkerung von La Palma nannte die Insel Benaohare, und so nannten sie sich selbst auch. Sie teilten ihre Insel in 12 Kantone oder “Reiche”, die von 12 Herrschern/Königen regiert wurden. Der letzte “König”, der den Conquistadors scheinbar unüberwindlichen Wiederstand leistete, ist namentlich bekannt. Es war Tanausú, der das Reich Acero (Caldera) regierte, und wo sich auch viele der Altkanarier auf der Flucht vor den Spaniern zurückgezogen haben. Die Kastilier scheiterten weitere Male bei den Versuchen, den Kessel der Caldera einzunehmen. So schickte schließlich Fernández de Lugo einen Mann namens Juan de Palma, einen bereits christianisierten Verwandten von Tanausú, in die Calderaschlucht, um Tanausú zu Verhandlungen zu bewegen. Ihm wurde freier Geleit zugesichert, sollte er an einer vereinbarten Stelle zu Verhandlungen erscheinen. Dieser Ort, heute bekannt als El Riachuelo, in der Nähe von La Cumbrecita, wurde zum Hinterhalt für den letzten “König” der Benaoharer. Man nahm ihn fest und verschiffte ihn mit anderen Gefangenen nach Spanien. Auf diese Weise wollte de Lugo dem König beweisen, dass die Insel nun vollständig eingenommen und in das spanische Königreich eingegliedert war. Aus Gram über diese Schande, in Ketten wie ein ‘Wilder’ vor den König geschleppt zu werden, trat Tanausú noch auf der Überfahrt in einen Hungerstreik und starb auf dem Schiff. Soviel zum Thema “spanisches Ehrenwort”.

3. Mai 1493 – die Insel wird durch Wortbruch spanisch. Benaoharer sollten jedoch von Anfang als Freie behandelt werden. De Lugo tauft die Insel auf den bis heute offiziell gültigen Namen: La Palma de San Miguel.

Sechzehntes und siebzehntes Jahrhundert

Die Insel wurde schnell zu einem Magneten für Siedler und Händler. Kastilier, Katalanen, Mallorquiner, Portugiesen, Italiener, Flamen und auch Deutsche kamen auf die Insel und stellen gemeinsam mit den Altkanariern den ‘Stamm’ der heutigen Bevölkerung.

Das Zauberwort ist zunächst “Zuckerrohr”. Zuckerfabriken entstehen in Tazacorte bereits 1502 mithilfe von Portugiesen aus Madeira. Sie produzieren neben Zucker natürlich auch Rum. So wird La Palma neben Teneriffa die “Zuckerinsel” für Europa. Erhebliche Mengen an Malvasíawein, dessen kretische Reben die portugiesischen Einwanderer mitbrachten, Honig und andere landwirtschaftliche Produkte werden in lukrativen Mengen exportiert. Shakespeare schwärmte für den schweren Wein. Gleichzeitig entstehen die ersten Schiffswerften und nicht zuletzt entwickelt der Hafen von Santa Cruz de La Palma eine enorme Handelstätigkeit mit Europa und Amerika. La Palma wird eine wohlhabende Insel, was wiederum Piraten- und Korsarenüberfälle nach sich zieht: Der Überfall des Franzosen Francois Le Clerq, wegen seines Holzbeins Jambe de Bois (Pata de Palo) genannt, im Jahre 1553 auf Santa Cruz de La Palma ist ein einschneidendes Ereignis in der Geschichte der Insel, denn die darauf nicht vorbereitete Stadt wird gänzlich geplündert und niedergebrannt. Sie entsteht wie Phönix neu aus der Asche noch schöner und größer als vorher. Dieses Mal baut man auch Verteidigungsanlagen, nicht nur in Santa Cruz, für die der Italiener Torriani zuständig ist. Von ihm gibt es auch jene Beschreibungen der Kultur der Altkanarier, die für die Forschung von Bedeutung sind.

Die Flamen brachten die Kunst der Stickerei und Weberei auf die Insel, wo sie eigenständig weiterentwickelt wurde, so dass die Insel in der Herstellung von Seidenfabrikation und kunstvoller Bordado-Handarbeiten führend wurde, wobei man sich auch der mexikanischen Sticktechniken bedient.

Achtzehntes und neunzehntes Jahrhundert

Der Hafen von Santa Cruz gilt als der drittwichtigste nach Antwerpen und Sevilla. Von ihm aus werden Schiffe nach Amerika verproviantiert. Darüber hinaus entwickeln sich die Schiffswerften, die besonders seetüchtige Schiffe bauen. Aber im 17. Jh. zeichnet sich auch langsam die Stagnation und damit ihr Niedergang ab. Die Insel verliert zunehmend an Einfluss, den sie an Teneriffa abgeben muss. Sie hat nicht mehr die Privilegien, wie bspw. das Handelsprivileg mit Amerika, und verliert nach und nach die wichtigsten Handelshauptsitze.

Das Zauberwort ist nun “Cochenille”, eine parasitäre Schildlaus der Kakteen. Sie wird eingeführt, da das Zuckerrohr keine Gewinne mehr einbrachte, und die aus dem Parasiten gewonnener Farbstoff teuer und begehrt war. So wurde diese Lauswirtschaft zu einer wichtigen Einkommensquelle für die Landwirte. Daneben tauchen die ersten Bananen auch auf der Insel auf. Erste Plantagen entstehen. Aber La Palma ist bereits im Niedergang begriffen. Grund dafür sind nicht nur die verlorenen Privilegien, sondern auch die kriegerischen Verwicklungen im Mutterland Spanien mit England, so dass der Weinexport unterbrochen wird.

Zwanzigstes Jahrhundert und heute
Das Zauberwort ist zunächst “Bananenanbau”. Andere Ergänzungen der Inselwirtschaft sind im 20. Jh. immer noch Ziegenhaltung, kleine Tabakindustrie, Wein, Anbau von Avocado und nun möglicherweise das zweite Zauberwort “Tourismusbranche”. Die schwere Arbeit der Landwirte (wenn sie nicht Plantagenbesitzer sind), macht die Arbeit für die jungen Leute unattraktiv. Dabei beklagt die Insel eine sehr hohe Arbeitslosigkeit unter den jungen Leuten. Tourismus könnte abhelfen, so denken einige. Allerdings hat die Insel keine nennenswerten Strände, daher ist sie noch nicht davon überrannt. Noch dominiert der Bananenanbau, allerdings heißt das Zauberwort im 21. Jh. “EU-Infrastrukturhilfe”.

Heutzutage sind es vor allem deutsche Aussteiger, die seit den 1980er Jahren auf die Insel kommen, und hier in der Landwirtschaft aber vor allem in der Kunstbranche ihr Glück versuchen (neben all denen, die hier ihre Rentenzeit genießen). Schmuckhersteller, Bäcker, Töpfer, Likör-, Honig- und Marmeladehersteller, Lederverarbeitung, Stickereien, und Glasbläser. Ein wenig Tabak wird hier noch in Manufaktur per Hand zu Zigarren verarbeitet. Viel Ziegenkäse mit Herkunftszertifikaten! Doch wo sind all diese Ziegen? Wir haben nur vereinzelte Exemplare in äußerst schlechtem Zustand in einem vermüllten Gehege gesehen. Hingegen geht es viele Hühnern offenbar sehr gut.

Und überall Bananen. Allerdings offenbar nicht mehr die kleinen ehemals berühmten Kanarenbananen. Wo sind sie geblieben? Wollte keiner mehr kleine süße Bananen? Subventioniert die EU nur welche ab der Größe von 20cm? Mundraub ist – genauso wie in Europa – keine Straftat mehr, aber Vorsicht! Bananenstauden faulen in Gänze ab, sobald man davon eine einzige Banane ausbricht. Also wenn Mundraub, dann bitte eine ganze Staude mitnehmen, allerdings ist das dann nur bei einem sehr großen Mund noch straffrei.

Wir sehen sehr viele verwilderte Mandelbäume, die kaum geerntet werden. Die Mandeln sammeln vorbeigehende Wanderer ein, so wie wir. Mandelmus wird nur auf wenigen Märkten für teures Geld (ich weiß wovon ich spreche) an Kenner dieser Leckerei verkauft. Ansonsten vergammeln Orangen und Zitronen zu tausenden auf und unter den Bäumen…

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  1. Michaela

    Oh wie schön! Ich schau mir immer wieder gerne eure Berichte an, und Tobias ist auch immer wieder begeistert!
    Schöne Grüße aus Bochum :-)
    Michaela