Beim Trödler in Mindelo – Im Reich der wundersamen Dinge

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Wir schlenderten durch die Gassen in Mindelo und wären fast daran vorbei gegangen. Eine ältere Dame stand in einem Hauseingang vor einem Verkaufstresen, dahinter Flaschen mit Knöpfen, (Produkte in den Regalen. Auch in Töpfen oder Schalen.), Tüten in Bündeln, und eine Vielzahl von Dingen, die nicht weiter zuzuordnen waren, deren Bedeutung und Nutzen im Halbdunkeln blieb, solange bis jemand käme und genau soetwas sucht. Wir betraten den Laden nicht sofort, bogen zunächst um die Hausecke, wurden dann aber, die fantastische Schaufensterauslage betrachtend, neugierig und magisch in den Laden gezogen.
Wir wurden nicht sofort belästigt, ganz im Gegenteil, eher dezent ignoriert, vermutlich nicht nur weil der Besitzer (und Magier der Dinge) gerade eine andere Kundin bediente, sondern in seiner Gewissheit, dass wir dem Zauber bereits verfallen waren, der Meister musste nur abwarten und wir würden schon genau das finden, was wir schon immer haben wollten, aber noch nie gebraucht haben. Pleuelstangen zum Beispiel, oder ausgestanzte Dichtungen, Glühbirnen (die in Europa nicht mehr verkauft werden dürfen), Bündel von Rödeldraht, einzelne Gitarrenseiten (bereits eingespielt), usw. Auf Nachfrage der Kunden wurden auch Schubladen geöffnet und konspirativ steckte man die Köpfe darüber, sprach in gedeckter Tonlage und dumpfer Lautstärke (das mag an der dezenten Staubschicht gelegen haben) in einer Sprache, die wir nicht verstanden. Eine initiierte Kundin ließ dann die Ware unbemerkt in ihrer Tasche verschwinden, während der Meister das Wechselgeld aus dem Hemdsärmel zauberte, obwohl er ein Poloshirt trug.
Wir wussten natürlich sofort, was wir auf unserer Reise durch die Welt der Dinge dringend benötigten, nämlich einen kleinen, getrockneten Kugelfisch, der neben allerlei anderer nützlicher Gegenstände über dem Tresen baumelte. Ich fragte Joanna, wieviel sie denn für dieses, ehemals aus dem Reich des Lebendigen stammende, beizeiten aber in die Welt der Artefakte übergegangene und auf uns wartende Etwas bereit wäre zu zahlen. 200 Escudos, das sind umgerechnet etwa zwei Euro. Ich schätzte, der Meister werde 500 Escudos verlangen, um hoch zu pokern, doch er schien unsere Unterhaltung gehört zu haben oder es war einfach eine spezielle Gabe, die die Krämerschaft der wundersamen Dinge auszeichnete und auf meine Frage nach dem Preis antwortete er leise und ohne uns anzusehen 200 Escudos. Wir deuteten dies als Hinweis, dass Handeln und Feilschen hier überflüssig war und bereits auf einer anderen Ebene vonstatten ging, ohne dass es der Kunde mitbekommt.
Ich legte einen speckigen 200 Escudos Schein auf den Tresen, während der Meister auf eine Stufenleiter stieg, um mit einer Schere bewaffnet die Ware herunter zu holen. Der Schein verschwand in einer Schatulle. Der Meister überlegte kurz, wie er die Ware verpacken sollte, wir konnten das stachelige Etwas nicht in die Hosentasche stecken und so übergab er uns den trockenen Fisch in einer durchsichtigen Frischhaltetüte. Da uns auf der Straße niemand auf unseren wunderlichen Kauf ansprach, vermutete ich, dass die Tüte nur für uns durchsichtig war, eine semitransluzente Tüte quasi.
Zurück auf der Chulugi verwandelten wir den Kugelfisch ohne Zaubertricks und Mithilfe moderner LED-Technik in eine dezente Salonleuchte.