Sal Rei – Königliches Salz

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Sal Rei war im 19. Jahrhundert der wirtschaftlich bedeutendste Ort der Kapverden. Um 1810 entstanden meist von Engländern, weshalb der Ort ursprünglich Porto Ingles hieß, bedeutende Handelshäuser, deren Ruinen noch immer das Ortsbild prägen. Exportiert wurden Kalk, Salz (das Königliche), Vieh, Baumwolle und Naturfarbstoffe. Nach und nach brachen dann die Säulen des Exports weg: Die Salinen versandeten, die Färberflechte wurde von künstlich erzeugten Farbstoffen abgelöst, Baumwolle wurde zu billig, und zuletzt ist auch der Kalkabbau aufgegeben worden.
Auch die Tunfischfabrik ist geschlossen. Was bleibt und kommt sind Touristen. Und so entstehen Apartmenthäuser, Hotelkomplexe, einige wenige, häufig von Italienern geführte Restaurants (die meisten Hotels sind All-Inclusive-Anlagen, die vom Ausland aus kontrolliert werden), Surfbuden und natürlich gibt es auch jede Menge Chinos (Don Street nennt sie in seinem Guide Un-Supermarkets).
Das alte Herren- und Handelshaus der jüdischen Kaufmannsfamilie Oliel bleibt leider dem Verfall überlassen. Im wunderbar komischen Roman Das Testament des Herrn Napumoceno, des Kapverdischen Autors Germano Almeida, heißt es: „Senhor Napumoceno widmete seinem Aufenthalt auf jener Insel genussvoll viele Seiten seines Testaments und sprach vom Privileg, das ihm zuteil geworden sei, den angeßehenen Senhor David Ben'Oliel persönlich kennengelernt zu haben, einem Menschen von vornehmen Verrhalten und Besitzer nicht nur des größten Handelshauses der Insel, sondern auch aller Boote der Stadt.“
Die Oliels flüchteten 1850 aus Rabat verkauften vor allem Kalk, aber auch Ziegen, Fleisch und Ziegenkäse nach Praia und Mindelo.
Die alte Mole, angeblich die erste ihrer Art auf den Kapverdischen Inseln, dient heute zum Anlanden von Fisch und frischen Touristen, die mit dem Alugher (offene Pickups oder Minibusse) aus den All-Inclusive-Ressourts hierhin gebracht werden um das authentische Cabo Verde kennen zu lernen. Where are you from? Alles Gut? Hello my friend! sind die häufigsten Begrüßungsformeln.
Am südlichen Ende des Ortes beginnen die langen, feinsandigen Strände der Insel, die sich über mehrere Kilometer Küstenlinie erstrecken. Am Ortsende stehen direkt gegenüber des Ankerfeldes ein paar Surfstationen mit Grill, Bar und Verleih von Wassersportgeräten aller Art.
Von wegen, auf den Kapverden regnet es nie. Wir haben seit fast einer Woche bewölktes Wetter und es regnet immer wieder, mal nur ein paar Tropfen, dann wieder wie aus Eimern. Irgendwann drückt es aber dann doch zu sehr auf der Blase und das Hundetaxi muss zur Insel übersetzen, bevor es dunkel wird und die vorgelagerten Riffe nur noch schwer zu erkennen sind. Nico verliert allmählich seine Wasserscheu und war sogar schon mehrmals (freiwillig) schwimmen, um sein Spielzeug aus dem Wasser zu holen. Und auch der Regen wird wärmer. Die schicke Kombination Regenjacke und Badehose ist dabei die beste Wahl.
Am letzten Tag unseres Aufenthalts auf Boavista unternehmen wir einen Strandspaziegang zum nahegelegenen Ort Rabil. Nach ungefähr zwei Kilometrn Strand- und Dünenlandschaft, wo man lediglich einigen wenigen Spaziergängern begegnet, erreicht man den Strandabschnitt unterhalb eines Großhotels im Wüstenstil. Wir übertreten eine imaginäre Linie und plötzlich ist der sonst menschenleere Strand mit Handtüchern und Bleichhäuten aus dem Norden so dicht besiedelt wie auf Mallorca. Nach gut fünfhundert Metern folgt eine weitere Linie und dahinter beginnen erneut kilometerlange Wüsten- und Dünenareale. Wie heißt noch gleich der Film von Luis Buñuel, in dem eine Gesellschaft in einer Kirche auf mysteriöse Weise „gefangen“ ist und nicht hinaus kann? – War das Der Würgeengel?
Direkt neben dem Märchenhotel aus Tausendundeiner Nacht steht die Ruine einer alten Ziegelei. Im Ruhrgebiet weiß man mittlerweile was Industriekultur bedeutet, stellt solche Anlagen unter Denkmalschutz und macht sie attraktiv, beziehungsweise anderweitig nutzbar.
In Rabil, dem ehemaligen Hauptort der Insel überrascht uns der nächste Regenguss. Eine halbe Stunde wettern wir unter einem Betondach ab, durch das es bereits nach zehn Minuten durchtropft. Nico friert und wird eingepackt. Die Menschen in Rabil jedoch freuen sich über den Regen, sie kommen halt nicht aus Köln oder dem Ruhrgebiet.
Am Nachmittag sind wir zurück in Sal Rei, essen zu Mittag und genießen die Stimmung und das Licht, das zwischen tiefschwarzem Regenhimmel und blendender Sonne wechselt.
 

 

 

 

  1. Michaela

    Die Mole zum Anlanden von Fisch und frischen Touristen…?? :-)