Der unvergessliche Klassiker: Cova, Ribeira do Paúl, Casa-Pension und Mandl (Santo Antão)

Paúl heißt “Sumpf” und verweist mit dieser Bezeichnung auf seine einstige klimatisch-terristische Beschaffenheit und den ständigen Wasservorrat in dieser Region. Tatsächlich hatten wir drei Tage lang bewölkten Himmel über uns mit Neigung zum Regen, was ein sehr gutes Wander- jedoch ein sehr schlechtes Fotowetter ist. Sumpfig ist die Gegend aber nur an einigen wenigen Stellen geblieben. Die Veränderung hat sicherlich mit dem gesunkenen Regendurchschnitt und mit den radikalen Auffangmethoden zu tun. Dicke Plastik- und Gummirohre führen das Wasser von A nach B, ohne dass offene Kanäle oder gar ein natürlicher Wasserlauf, dem Boden Feuchtigkeit und Nässe unkontrolliert zufügen würde. Ästhetisch betrachtet – und vielleicht auch ökologisch – ist dieser ‘Trend’ sehr schade. Aber die Ribeira hat auch einige Levadas (Wasserkanäle), die wie früher noch offen verlaufen. Sie sorgen für die optische Erfrischung und schmeicheln mit ihrem Glucksen dem Ohr. Sicherlich erhöhen sie aber auch die Luftfeuchtigkeit und verteilen auf diese Weise eben doch nicht ‘unnütz’ das Wasser regelmäßig über die gesamte Vegetation des Tals.

Unsere erste Wanderung war der Klassiker unter den Wandertouren der Insel: Es sollte von dem Krater Cova do Paúl hinunter in das Tal von Paúl gehen. Das ist ein ununterbrochener Abstieg bis zum Meer von ca. 1300 Höhenmetern auf der Gesamtlänge. Um es gleich vorwegzunehmen: Wandert nicht erst um 15:00 Uhr los, so wie wir… In dem hohen Tal ist der Sonnenuntergang schon vor 18:00 und die sehr (!) steile Passage direkt am Kraterrand ist nicht mehr im guten Zustand, teilweise um ehrlich zu sein, in einem sehr schlechten Zustand mit abgerissenen Mauern und total weggerutschten, verschütteten Wegpassagen, so dass nicht nur die Knie in große Mitleidenschaft gezogen werden, sondern auch die Nerven, wenn man so wie ich nicht schwindelfrei ist. Ohne meine Begleitung, Iris von SY Mari-Luise, hätte ich diese Passagen nicht geschafft – zu groß ist meine Angst vor einem ungehinderten Blick in die Tiefe. Danken muss ich auch den rettenden Wolken, die den ungehinderten Tiefenblick abbremsten. So wurde aus dem Schwindel keine Panik.

Den oberen Abstieg muss man sich wie die Sicht aus einem Flugzeug vorstellen – nur fehlt das schützende Flugzeug um einen herum. Fast senkrecht verläuft der Weg trotz seiner vielen engen Serpentinen, so dass man meint, dem, eine Kehre tiefer stehenden Mitwanderer auf den Kopf zu treten.

Der Krater

Aber zunächst kam die Cova – sie wiederum ist unglaublich schön, monumental und zugleich lieblich. Allein hier könnte man Stunden verbringen, ohne dass man alles in sich aufgenommen hätte. Weidefläche, Maisanbau, Zuckerrohr, Tierhaltung – und dann immer wieder kleine bunte Flecke, die sich plötzlich bewegten. Das waren die Bauern, die überall am werkeln waren. Esel trugen ihre Lasten, Kühe muhten und wollten vom Feld geholt werden, freundliche Menschen wiesen uns den Weg, weil wir den richtigen Abzweig nicht fanden. Am heutigen Tag haben sie es schon zig mal machen müssen, denn viele Wanderer gehen ihn.

So viele Bauern wie noch vor zehn Jahren wohnen nicht mehr hier. Überall sieht man verfallene traditionelle Steinhütten und Häuser. Die noch bewohnten sahen in meinen Augen prächtig aus, niemals hätte ich sie mit einem modernen Betonbau getauscht. Es heißt, die meisten, die hier ehemals wohnten, haben ihre Bleibe in die Ribeira do Paúl verlegt. Warum? Für mich nicht nachvollziehbar. Hier lag eine Landschaft vor mir, in der ich mich hätte verlieren können.

Wir haben es nicht nachgeprüft, aber am östlichen Kraterrand soll es eine Pflanzenzuchtstation des Agraministerium geben, von der Peter Schaller in seinem bereits erwähnten Buch (s. auch unter “Bordbibliothek”) berichtet und die Assoziation zu einer verfallenen römischen Villa hat. Allerdings war sie bereits vor zehn Jahren schon recht verfallen. Ob es sie noch gibt? Leider hatten wir für eine solche Archäologie keine Zeit (selbst schuld).

Nachdem wir den nicht allzu steilen Pass endlich erklommen haben, kam die zweite Überraschung: Unter uns in 1300 Höhenmeter Entfernung ein grandioses Tal – und ein Wolkenmeer dazwischen!

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Im Tal angekommen – Österreicher, Streusiedlungen und unsere Pension

Was Rother-Wanderer in 1,10 Stunden machen, dafür haben wir 2,5 gebraucht. Am Chã de Manuel dos Santos angekommen, war der mörderische Abstieg am Berghang abgeschlossen und der mühelose Teil hätte hier beginnen können, sofern man noch Tageslicht gehabt hätte. Für uns begann nun aber das ‘Rennen’ gegen die untergehende Sonne, die sich bei unserer Ankunft um 17:45 schon verabschiedet hatte. Wir wußten nicht genau, wo unsere Pension ist, was zusätzlich etwas die Nerven strapazierte. Im nachhinein betrachtet, war die Aufregung übertrieben, hatte Iris doch an eine starke Taschenlampe gedacht, ohne die wir allerdings noch länger gebraucht hätten.  Aus Zeitgründen müssten wir uns für die gepflasterte Dorfstraße entscheiden. Diesen im Restlicht nur ahnend bewundernden Abschnitt der Wanderstrecke holten wir jedoch am darauffolgenden Tag nach – auch wenn das schlechte Licht uns treu blieb, denn wir hatten den ganzen Tag tief hängende Wolken und etwas Nieselregen. Wieder einmal kein gutes Fotowetter.

Wer das Tal zum ersten Mal sieht, muss meiner Meinung nach einfach überwältigt sein. So viel natürlicher Reichtum, so viel Ruhe, so viel alte Bauernhöfe und Hütten, auch wenn vieles zerfällt. Ein wogendes Meer aus blühendem Zuckerrohr. Große Brotfruchtbäume mit ihren kugelrunden Früchten, die wir zunächst gar nicht kannten, dann natürlich die berühmten kleinen zitrusartig frisch schmeckenden Bananen, die auf den Kanaren schon seit langer Zeit nicht mehr wachsen, weil der EU-Bürger lieber ganz billige dafür aber große Ware bevorzugt. Papaya, Orangen, die hier etwas zitronig-gelb und nicht wirklich prachtvoll ausschauen, dafür aber wunderbar süß und saftig sind, Mango und schließlich Kaffee – all das macht das “botanische Paradies” aus, wie Peter Schaller dieses Tal zutreffend bezeichnet. Und er hat sicherlich recht, denn ich habe bei weitem nicht alles aufgezählt, was hier sonst noch so wächst und gedeiht.

Er weiß auch zu berichten, dass die Levadas, die hier noch Wasser transportieren, sowie überhaupt das aufwendige Bewässerungssystem, das auf Kapverden einmalig ist – auch dieses sehr gepflegt – Luxemburg finanziert hat. Das muss auch in den 1950er bis 1970er Jahren geschehen sein, denn uns begegnen alte Aufschriften und Erinnerungstafeln an Levadas, Kanälen und Straßenmauern, die diese Zahlen immer wieder ausweisen.

Pasagem ist der letzte Ort im Tal, zu dem Autos hochfahren können. Ab da geht es für alle zu Fuß weiter. Pferd und Esel machen hier wirklich noch Sinn, doch haben wir davon nicht mehr viele gesehen. Viele dieser kleinen Straßenortschaften mit angeschlossenen Streusiedlungen haben eine (gelb angestrichene) Schule, alle sind sie auf private und ausländische Spenden angewiesen. Dennoch existieren sie sogar in den entlegensten Bergsiedlungen.

Am schönsten sind die alten traditionellen Hütten und Häuser, die beachtliche, teilweise mehrstöckige Größe erreichen können. Auffällig ist, dass sie selten alleine stehen, sondern ein Verband von mehreren, rechtwinklig zueinander stehenden Blöcken bilden. Bewundernswert wie ihre Erbauer mit einem sicheren ästhetischen Instinkt diese Häuser an den schönsten Berghängen und Graten gebaut haben. Volkommen eingefügt in die Landschaft, in die sie einst gesetzt wurden, ergänzen sie diese nun auf harmonische Weise. Ihre Dächer sind mit Schilf rund gedeckt, der Camiço heißt, und früher beinahe so häufig wie der Zuckerrohr an den sumpfigen Stellen anzutreffen war. Jetzt verfallen die alten Häuser und mit ihnen der Anbau des schönen Schilfs, der fast nirgends mehr im Tal wächst.

Nimmt man sich Zeit, das Tal von oben eingehend zu betrachten, so wird man das fragile Verhältnis zwischen Mensch, Natur, Technik oder Kultur bemerken, das hier bereits leicht ins kippeln gerät. Hoffen wir, dass die Anwohner der Insel nicht die gleichen Fehler machen wie ihre kanarischen Nachbarn. Arm zu sein, ist nirgends schön, aber hier – unter all den Selbstversorgern – ist es keine Schande und kein Makel, sondern eine Normalität, die vielleicht nicht mal als “Armut” bezeichnet wird. Man lebt und das ist schon mal gut.

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[Camico oder Zuckerrohr?]

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Die Pension Casa das Ilhias – eine Oase der Ruhe

Als wir in der tiefen Dunkelheit das gelbe Schild an der Straße gesichtet haben, fiel uns natürlich ein kleiner Stein vom Herzen. Etwas verfrüht, denn der Hinweis, “noch 15 Min. zum Ziel” meint für müde Wanderer übersetzt: “noch mindestens 20 Minuten steiles Bergaufgehen auf holperigen Pflasterweg, von dem man nicht weiß, was als nächstes kommt”. Bspw. kleine Frösche und mittelgroße Kröten. Oder auch Kühe und Menschen, die völlig ohne Beleuchtung und auch für uns schweratmende kaum hörbar aus der Dunkelheit plötzlich auftauchten. Und auf einmal waren dann die leuchtend gelben Häuser der Pension über uns. Man begrüßte uns schon von weitem: “Endlich!” Und neckend: “Von wo seit ihr denn gestartet? Von Fogo?! Wir essen alle um 19:00!” Dann aber ernster: “Ich fing gerade an, mir Sorgen um euch zu machen.” Das war die Stimme unserer Pensionsmutter. Tatsächlich, es war pünktlich 19:00  Uhr als wir ankamen.

Geduscht und verspätet saßen wir in dem von Kerzen stimmungsvoll beleuchteten, verandaähnlichen Speiseraum, der an diesem Abend vollbesetzt war. Schnell lernt man sich kennen in der deutsch-holländisch-französisch Wanderercommunity. Und schnell kommt man ins Gespräch, zumal sich offenbar schon auch andere um uns Sorgen machten. Mitunter lernt man dort auch interessante Menschen, die bspw. eine Geburtstagsreise offenbar top von dem Reiseunternehmen “One-World” organisiert durch ganz Kapverden machen, und viel zu berichten haben. Email-Adressen tauscht man nicht aus, die schöne Begegnung genügt.

Es hieß im Vorfeld, Casa das Ilhias hätte eine der schönsten Außenanlagen der Insel. Das ist sicherlich nicht übertrieben. Das kleine Pensionsanwesen verteilt sich auf drei Häuser oder Häuschen, alle mit ihren eigenen Terrassen, die sowohl schön als auch nützlich sind, denn wie überall auf der Insel so auch hier, werden sie bestellt. Viele nette Details eröffnen sich einem in der Anlage.

Katelijne, die Pensionsmutter, ist seit 30 Jahren auf den Kapverden. War zunächst in einer Hotelanlage auf Sal tätig, bevor sie sich für die Selbständigkeit entschied und für Santo Antão – weise Entscheidung. Sie berichtete, wie schwierig es ist, kapverdische Mentalität in Einklang zu bringen mit einem Unternehmen wie bspw. einer Pension. Frauen oder Mädchen sind weniger das Problem, so Katelijne, denn sie müssen dafür sorgen, dass jeden Tag für die ganze Familie das Essen täglich auf den Tisch kommt. Aber Männer arbeiten nicht gerne regelmäßig und zuverlässig. Sie tun das nur, wenn es notwendig ist, für einen Kühlschrank, Waschmaschine oder eine größere unabwendbare Reparatur. Katelijne ist froh, einen Gärtner zu haben, der die tägliche Arbeit nicht nur akzeptiert, sondern mittlerweile auch selbst weiß, was zu tun ist, und darüber hinaus auch Initiative in der Gestaltung des Gartens ergreift. Mittlerweile läßt sie ihn alles selbst entscheiden.

Katelijne ist eine Holländerin und das merkt man ihr zumindest an ihrer Geschäftstüchtigkeit und ihrem Durchsetzungsvermögen ohne viel Schnörkel an. Aber auch an der Art, Probleme und Wünsche ihrer Gäste anzugehen – effizient und lösungsorientiert. Sie kennt sich hervorragend in den Wanderwegen der gesamten Inseln aus, kann demnach auch Schwindelkranke hierbei beraten, verfügt über eine kleine aber feine Wanderbibliothek und professionell kopierte Wanderkartenausschnitte, die man sich für die Wanderung ausleihen kann. Wobei das Schönste sicherlich ihre handgezeichneten Wanderrouten sind. Sie organisiert (fast) jeden Aluger und man kann sich darauf verlassen, dass der Fahrer einen auch wirklich abholt.

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Meine ursprüngliche Frage, ob ich nicht nur meinen Freund, sondern auch einen Hund mitbringen darf, wurde von ihr positiv beantwortet, in der ihr typischen Art: Ja kein Problem, aber der Hund kommt nicht mit in den Speiseraum. Katelijne hat selbst zwei Hunde und hat mitfühlend Nico gute Besserung gewünscht, der nun am Ende der ganzen Wanderplanung doch nicht dabei ist – genauso wenig wie Marcel. In Spanien wäre allein die Frage nach der Hundmittnahme ein Sakrileg und Grund genug, einen für “loca”, verrückt, abzutun.

Das Zimmer, das ich also ursprünglich für Marcel, Nico und mich buchte, hatte tatsächlich drei Betten. Nico hätte es gefreut. Es war sauber und funktional. Aber wer hält sich schon im Zimmer auf, wenn man solche grandiosen Ausblicke von der Terrasse aus hat?

Katelijnes Pension ist sicherlich nicht die günstigste Unterkunft, die man auf Santo Antao bekommen kann – sie ist aber mit Sicherheit nicht die teuerste. Die Anlage ist meiner Meinung nach des Preises wert, da ich mich dort sehr wohl fühlte inmitten des wunderbaren Tals und der hübschen Terrassen von der Zimmertür. Frühstück mit selbstgemachtem Joghurt und Marmeladen inbegriffen. Das Abendessen, das man nach Wunsch dazu buchen kann, fällt unterschiedlich aus, mal drei Gänge, mal zwei Gänge. Wenn das Gebotene dem eigenen Geschmack und/oder der Geldbörse nicht entspricht, so muss man es nicht nehmen – die Buchung des Abendessens kann auch noch am selben Tag erfolgen. Soweit die gekürzte Version, denn zu erzählen gäbe es noch viel mehr. Jetzt aber ein paar Fotos zu dem Bericht.

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Bei Mandl, dem “Deutschen”, der ein Österreicher ist

Ich frage einen Aluger-Fahrer nach dem Lokal des Österreichers im oberen Talverlauf – Lokalname und der des Wirts sind mir natürlich entfallen. Der Fahrer scheint ihn zu kennen, nennt einen Namen, den ich nicht zuordnen kann, und will uns dann dorthin fahren. Doch er ist der Meinung, dass es sich bei dem gefragten Mann um einen Deutschen handelt. Er nennt seinen Preis für die Fahrt – wir lehnen dankend ab. 10 Euro statt den üblichen 50 Cents für diese Strecke.

Alfred Mandl (http://fernandmandl.com) gehört zu den Menschen, deren Bekanntschaft in Erinnerung bleibt. Wie überall auf den Kapverden (und wahrscheinlich auf der ganzen Welt) gibt es rege Gerüchteküche mit häufig üblen Meinungen zu bestimmten Mitmenschen. Vielleicht ist dieses Phänomen auch begünstig durch die Abgeschiedenheit der Insel und der engen Community der hier Residierenden weißen Ausländer. Von Niederösterreich, seiner Heimat per Geburt, zog es ihn recht bald fort. Das war in einer bestimmten Zeit in Österreich nicht ganz so ungewöhnlich, wenn man sich vom Leben mehr versprach, als ein prächtiges Grab auf dem Zentralfriedhof von Wien. Dem konnte ich nicht ganz zustimmen, ist einer meiner Lieblingsstädte just das “morbide Wien”. Gerne gibt Alfred zu, dass es heute in Wien anders zugehen mag, als zu seiner österreichischen Zeit. Doch er zog nach Berlin – als es Berlin noch zwei mal gab. Auch wenn man Alfred Mandl sein Leben als Biker und Aussteiger eher ansieht, so ist er vor allem offenbar ein sehr tüchtiger Unternehmer. So war der ehemalige Hausbesetzer in den 70er Jahren auch schon der Reorganisator des Hermes-Versandt, gleicherweise auch Berater der Regierung in Fragen der Dritteweltprojekte, ein Umweltschützer, der den sanften Tourismus propagiert und das weiterhin existierende Reiseunternehmen “Alsatour” gründete. Dafür wurde er 1995 mit dem Internationalen Umweltpreises des DRV ausgezeichnet. Schließlich übernahm er von einem Einheimischen die Bar im Ort und betreibt darin einen kleinen Laden mit regionalen Produkten und eine Grogue – Destillierie, die er zu einer Edelbrand-Destille ausbaute.

Auf jeden Fall ist Alfred Mandl ein Factotum und eine lokale Berühmtheit, doch das merkt man ihm nicht an, wenn er sich so ganz selbstverständlich zu einem an den Tisch setzt, um von dem Grogue, den neuen Gesetzen zum Brennen des Schnaps (die er ablehnt) im allgemeinen und seinen Zuckerrohrerzeugnissen im besonderen erzählt. Schnell kommt das Gespräch auch auf seine privaten Wechselfälle, auf seine 11 Kinder und ihre Mütter.

Und während er erzählt werkelt seine Ehefrau Christine mit einheimischen Hilfskräften und Kindern in der offenen Küche des Lokals, denn 50 Gäste haben sich angekündigt. Natürlich eine Wandergruppe (ich vermute aber, dass es “Aida-Leute” sind, die für einen Tag die Insel auf Alugers ‘besuchen’). Sie ist so stark eingebunden, dass sie uns kaum bedienen kann, was ihr auch leid tut, denn wir sind total ausgehungert und wollen und können den hier destillierten Grogue nicht  auf nüchternen Magen genießen. Christine ist nicht nur die Hausherrin des Lokals, sondern auch die eines großen bestens gepflegten ökologischen Kräuter-, Gemüse und Obstgartens, wo auch mehrere im traditionellen Stil gebaute Hütten stehen. Dort gedeiht auch ein großer Busch von dem überaus schmackhaften Madeira-Basilikum, das zu meinen absoluten Kräuterlieblingen zählt. Unter der Regie von Christiane entstehen hier sehr feine kleine Gerichte!

Was Alfred befürchtet, ist die “Kanarisierung” der Insel(n). Und das zurecht meiner Meinung nach. Hört man, was Aussteiger erzählen, die von 20 und 30 Jahren auf die Kanaren gekommen sind, so ist es, als ob sie von Santo Antão erzählen würden – beinahe paradiesisch. Dann kamen wir, die Touristen, die ‘Entdecker’, die vom glorreichen Westen genug hatten, und aus diesen Menschen wurden dann bald sogenannte Investoren, die Geld verdienen wollten. Und aus den paradiesischen Kanaren wurde ein kommerzieller Abklatsch von Europa. Die Touristen sind dennoch zufrieden, denn sie kommen in Scharen und sprechen immer noch vom Paradies, so wie sie von “Einkaufsparadiesen” sprechen.

Hoffen kann man nur auf Menschen vor Ort, die so sind wie Mandl, und andere von der Richtigkeit und Lukrativität des sanften ökologischen Tourismus überzeugen können. Und auch dann wird es viel Zerstörung des Vorhanden geben. Hilfreich bei der Vermeidung der “Kanarisierung” könnte die ansonsten von Europäern viel beschimpfte Regierung von Kapverden sein, die den tüchtigen Ideen der Europäer, wie man Geschäfte auf der Insel aufbauen könnte, um auch hier zu einem schnellen und hohen Profit zu kommen, einen Rigel vorschiebt (bisher). Sie ist korrupt dabei aber vollkommen unberechenbar und langsam in ihren Entscheidungen. Hinderlich der Zerstörung der Kapverden ist auch der “schwarze Rassismus” den weißen Europäern gegenüber. Aber das ist ein anderes Thema.

Übrigens, die Bar (Destillerie, Treffpunkt, Minirestaurant etc.) heißt O Curral und befindet sich in dem Ort Chã de João Vaz. Öffnungszeiten bis 18:00 Uhr.

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[frugal aber sehr schmackhaft]

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[der befürchtete Tausendfüßler, hier als Gegengift]

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