Joanna, 05. 02. 2011

Wir steuern noch an unserem Ankunftstag die Insel Brač und die Ortschaft Milna an. Brač (lateinisch Bretia, italienisch Brazza, deutsch veraltet Bratz) ist die drittgrößte Insel Kroatiens und hat den höchsten Berg aller kroatischer Insel vorzuweisen, den schönen Vidova Gora (778 m), den ich schon mal bestiegen habe (aber das ist eine andere Geschichte, da gab es Chulugi noch nicht). Wir wissen, daß es in Milna eine im Winter offene Marina gibt, so daß auch eine Abendansteuerung unproblematisch sein dürfte. Wir laufen ein, als die letzten Sonnenstrahlen noch den Horizont und uns die Buchteinfahrt erhellen. Wir legen an einer leeren Pier an, da es windstill ist, können wir das mehr oder weniger problemlos alleine – auch wenn wir uns über die Mooringleinen zunächst (und zuletzt) nicht einig werden. Prompt bekommen wir von einem Angestellten der Marina Anweisungen, woanders festzumachen, denn diese Pier sei noch nicht fertiggestellt bzw. aus anderen uns nicht klaren Gründen. Wir werden uns jedoch mit ihm einig und bleiben auf unserem schönen Platz mit einem herrlich freien Blick auf die Bucht und das Städtchen.

Milna ist ein kleiner, ehemaliger Fischerort, der sich durch eine kleine (vor allem die einzige auf der Insel) ACI-Marina touristisch gemausert hat. Dennoch, einige alte schöne Häuser stehen leer und verfallen. Diese Ortschaft wird als eine besonders harmonische „mali mista“ (kleiner Ort) an der dalmatischen Küste gepriesen, die in einem „barock-urbanistischen“ Stil erbaut ist. Darüber läßt sich insofern nicht streiten, weil der Ort tatsächlich einen sehr harmonischen Eindruck vermittelt, auch wenn man dies sofort ein wenig relativieren muß, denn diesen Eindruck machten auf uns viele Orte in Dalmatien (insbesondere die auf den norddalmatischen Inseln). Was diesen Ort aber tatsächlich besonders auszeichnet, ist sein Hafen, der der beste (wohlgemerkt) natürliche Hafen in Dalmatien sein soll. Hier hat ehemals die Kaiserflotte des berühmten Diokletians – dessen Palast uns in Split als eine schöne Kulisse vor unserer ACI-Marina dient –  Zuflucht und sicheren Ankerplatz gefunden.

Milna ist im wesentlichen eine Gründung aus dem 16. Jh. und entwickelte sich nach und nach um das Kastell der Familie Cerinic. Die Kirche St. Mariae Verkündigung (eingeweiht 1783) geht auf ihre Stiftung zurück. Dieser barocke Bau hat eine aparte schlichte Rokokofassade. Die Skulpturen des hl. Joseph und des hl. Hieronymus, einige folkloristisch geschmückte Grabmale im Inneren der Kirche, aber vor allem das Gemälde der Verkündigung, das meiner Ansicht nach fälschlicherweise Tizian selbst zugesprochen wird, und zwei Skulpturen von Ivan Rendić (1849-1932; erster international bekannt gewordener Bildhauer Kroatiens, tätig in Kroatien und Triest) machen sie durchaus sehenswert. Wir konnten nur einen schnellen Blick in die Sakristei erhaschen, sahen aber, daß dort noch einiges an kleinen und vielleicht auch „großen“ Schätzen abgestellt steht! Auch wenn der Altarraum einen überproporzionierten Eindruck macht, was wahrscheinlich daran liegt, daß das barocke Altarretabel für die große Konche des Altarraums zu klein ausgefallen ist.

Ruhm und Wohlstand erlangte dieser kleine Ort durch die – wie sollte es auch anders sein (wären wir jetzt in Griechenland, dann käme noch Olivenöl als eine andere Möglichkeit hinzu) – Schiffahrt. So wurden die großen schönen Steinhäuser in der ersten Reihe am Hafen von den zu Wohlstand gekommenen Schiffseigner und Kapitäne im 18. und 19. Jh. gebaut und bewohnt. Schiffsbauer, Seemänner und Fischer aus Milna waren nicht nur für ihre besonderen Segelfähigkeiten im gesamten Mittelmeerraum bekannt, sondern berühmt für das charakteristische dalmatische Holzboot, genannt Bracera (so genannt nach dem italienischen Inselnamen: Braca, Brazza), dessen Prototyp in den großen Werften, die Milna ehemals besaß, entstand.

Interessanterweise wurde die Bucht und der Hafen von Milna in der napoleonischen Zeit von der russischen Armee als Stützpunkt genutzt. Und das mit Unterstützung der Bevölkerung. Im Jahr 1806 wurde hier eine für die zaristische Flotte wichtige Seeschlacht geschlagen: die Franzosen, die Brač und die Region um die Insel unter ihre Verwaltung gestellt hatten, versuchten diese Annektion  militärisch durchzusetzen, was jedoch die Russen zu verhindern suchten. Erfolgreich, weil die Bračer die Feinde ihrer Feinde gerne im Kampf unterstützten. Nach der gewonnen Schlacht gegen die Franzosen wurde Milna – als Belohnung -, wenn auch für die kurze Zeit von einem Jahr, zur Verwaltungszentrale der Insel und zur kaiserlichen Residenz. Daß der Zar hier tatsächlich seinen „Urlaub“ verbrachte, ist gleicherweise (wie das Tizian-Gemälde) nur ein Gerücht.
Heute ist Milna vor allem ein Ferienort und Anlaufstelle für Segler – insbesondere leider jene, die in Split ihre Charterboote abliefern müssen. Ich kann mich daran erinnern, als ich hier in einem Sommer durchgefahren bin, daß der Ort von Seglern und anderen Touristen am bersten war. Jetzt im Winter ist alles sehr beschaulich und in der Hand der Einheimischen. Uns ist es nur recht – das einzige, was bedauerlich bleib: Keine Konoba hatte auf! Es mußte also an Bord gekocht werden (was natürlich auch schön ist und dank dem Skipper-Smutje gehobene Kochkunst bedeutet).

Das Kastell Angliscina aus dem 16. Jh. haben wir nicht gefunden, sind aber wahrscheinlich mehrfach daran vorbeigelaufen. Und auch für die romanische Kapelle Sveti Josip (Schutzheiliger der Fischer), die einen schönen Ausblick auf das Meer und die Badebucht im Süden Milnas bieten soll, mußten wir auslassen. Vielleicht gibt es noch ein nächstes Mal…

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DSC_4851 DSC_4869 DSC_4859 DSC_4820 Für den nächsten Tag hatten wir eine Wanderung geplant – Marcel konnte tatsächlich eine Wanderkarte von 40:000 Maßstab ergattern! Der Bericht darüber folgt auf einer anderen Seite. An dieser Stelle aber füge ich schon die Abschiedsfotos unserer Rückfahrt nach Split, wo uns noch ein Vormittag des Saubermachens erwartete – und dann der Flug zurück nach Köln…

ENDE

Marcel, 14. 01. 2011

Marcel, 05. 01. 2011

Am morgen mache ich mich von Split auf den Weg nach Krvavica zum Kranen. Um 0715 starte ich bei mäßigem Wind aus NE-E. Den Vormittag über weht der Wind mal aus E-lichen dann wieder aus N-lichen Richtungen. Also: Segel runter, Segel rauf, Segel runter, Motor an, Motor aus. So geht das den gesamten Vormittag bis ich um 1200 in der Marina Ramova unterhalb der kleinen am Hang gelegenen Ansammlung von Häusern Krvavica ankomme. ‚Marina‘ ist allerdings etwas hoch gegriffen. Es gibt zwar eine Kneipe für die Hafenarbeiter aber der Rest der Anlage ist ziemlich abgeratzt. Um 1400 liegt Chulugi auf dem Trockenen. Die Winterarbeiten können beginnen.


Bela, unser ungarischer Freund und Helfer, den wir über Herbert kennengelernt haben, als wir im Sommer auf Mljet waren. Bela wird sich in den nächsten zwei Wochen um Chulugi kümmern und sie wieder auf Hochglanz polieren.


Das Willkommensschild der Marina mit der Anmutung eines Schrottplatzes.

Marcel, 04. 01. 2011

Eigentlich wollten wir in Kremik Chulugi aus dem Wasser heben für die Winterarbeiten. Doch trotz mehrfacher Absprache und Terminbestätigung per e-mail ist das Kran- und Werkstattteam nicht vor Ort und der Chef in Österreich Ski laufen. Uns bleibt nichts anderes übrig als in eine andere Marina zu fahren. Joanna geht von Bord und muss leider nach Deutschland zurück fliegen. Also mache ich mich schon an diesem Morgen wieder auf den Weg nach Split und von dort weiter nach Süden bis zu einer kleinen Marina in der Nähe von Makarska.

Marcel, 05. 09. 2010

Die ACI-Marina in Split wird für die nächsten 12 Monate unser Ausgangshafen sein, um die Dalmatische Inselwelt zu erkunden. Am Sonntag Abend setzen wir mit dem Shuttle-Boot von der Marina zur nahe gelegenen Altstadt über, die, wie Kotor, in den Siebzigern in die UNESCO Weltkulturerbeliste aufgenommen wurde. Am nächsten Morgen regnet es aus grauen Gewitterwolken. Wahrscheinlich will uns das Wetter schon mal an Köln gewöhnen. Am Mittag scheint dann doch wieder bei 26°C die Sonne. 1.500 Seemeilen sind von Alanya bis Split zusammen gekommen. Ein Dank geht an die Crew, die uns bis hierher begleitet hat: An Dietmar, der von Kreta zum Peloponnes dabei war und an Anne und Andrees, die uns von Korfu hierher nach Split begleitet haben. Ihr seid jederzeit willkommen an Bord. Wir hoffen, noch ein paar schöne Tage in der Nachsaison segeln zu können. Vis und Korcula liegen noch in Reichweite auch kurzer Aufenthalte an Bord. Vor Split befinden sich die Inseln Brač, Hvar, Šolta und Čiovo.

Marcel, 04. 09. 2010

Der Ort Marina ist beschaulich und unaufgeregt. Genau das, was wir eigentlich suchen. Leider kann uns die Marina in Marina keinen Jahresliegeplatz anbieten, so dass wir nach Split weitersegeln müssen.

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Die Marina in Marina (der Ort heißt so) macht einen gepflegten und ruhigen Eindruck. Gegenüber der Marina befindet sich der kleine Dorfkern mit einigen Konobas und dem alten Zollturm in dem ein Restaurant gastronomische Raffinessen verspricht (und tatsächlich: exzellenter Weißwein, gutes Tintenfischrisotto!).

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Joanna hat sofort neue Freundschaft geschlossen.

Marcel, 30. 04. 2010

Am Freitag Mittag erreichen wir Chulugi. Ein spontaner Kurztrip über Frankfurt beschert uns ein paar Tage auf dem Schiff. Wir wollen den Freitag und den Sonntag nutzen, ein wenig zu entspannen und einen Spaziergang durch Agios Nikolaos zu machen. Morgen ist eine Wanderung ins Tal der Toten und eine Besichtigung der Ausgrabungen von Kato Zakros geplant.

Die Marina von Agios Nikolaos ist bei weitem nicht so komfortabel wie die in Kos. Die Anlage hat einen etwas robusteren Charakter. Alte Schiffe stehen hier abgewrackt in der Ecke. An anderen rostigen Kähnen wird noch fleißig geflext, um im Sommer die Touristenmassen nach Spinalonga zu befördern. Die Sanitäranlagen haben eher Barackencharakter und das Büro der Marinamitarbeiter ist in einem mobilen Container nahe dem Parkplatz untergebracht. Angeblich, das erfahren wir am Steg, ist Agios Nikolaos aber ein ausgezeichneter Ort zum Überwintern.


Der kleine fast kreisrunde Süßwassersee im Dorfkern von AN hat eine Tiefe von ca. 60 Metern. Tief genug um ihn von den Einheimischen tourismusfördernd als „grundlos“ zu bezeichnen. Um den See herum haben sich die Restaurants vom Typ Tourifalle angesiedelt. Keine zwei Meter kann man gehen, ohne durch übereifrige Kellner in das natürlich „beste Restaurant am Platz“ gelockt zu werden. Best food – good prices! Am gegenüberliegenden Ufer des Sees stoßen wir auf eine kleine, in die Felswand integrierte Kapelle mit geflügelten (Markus-) Löwen auf den Pforten. Darüber ein stilisierter Anker mit zwei Fischen. Wahrscheinlich handelt es sich um eine weitere Nikolauskapelle, dem Bischof von Myra geweiht (siehe hierzu:  Wanderung von Kekova nach Kale).

Vor dem Fährhafen von AN findet im Schatten eines ankernden Kreuzfahrtschiffes des TUI-Konzerns eine Regatta statt. Kleine Hilfsschaluppen befördern zwischen den Segelbooten die modernen Kreuzfahrer in kurzen Abständen von ihrer schwimmenden Vergnügungshölle zu Eroberungszügen an Land. Sollte ich eines Morgens durch Zauberhand in einer Koje auf einem dieser Ungetüme aufwachen und zu einem Landgang in AN gezwungen werden, wird es bei Herrn TUI persönlich eine Sturmflut von Beschwerdebriefen hageln: Das hab ich nicht gebucht!

Marcel, 03. 04. 2010

Am Samstag vor unserer Abreise erreichen wir nach 189sm die Marina in Agios Nikolaos. Der Ort erscheint von See größer, als er eigentlich ist. Jedoch ist Agios Nikolaos einer der Haupttourismusorte von Kreta und entsprechend stellt sich die Ansicht der Stadt vom Wasser dar.

In der Marina werden wir freundlich in Empfang genommen. Man hilft uns beim schwierigen Anlegemanöver römisch katholisch. Rückwärts unter Maschine – das erfordert mit dem langen Kiel noch eine Menge Übung. Nach dem Anleger haben wir noch einiges an Arbeit vor uns. Das Deck will geschrubbt und entsalzt werden, die Fock wird abgeschlagen und gestaut, Springleinen werden gesetzt, unter Deck wird gesaugt, geputzt und poliert…

Am Abend – wir sind gegen 2200 mit der Arbeit fertig und geduscht – suchen wir uns ein Restaurant mit gemütlichem Innenhof in der Nähe des alten Hafens, direkt neben einer orthodoxen Kirche. Um 2300 beginnen die Glocken zu läuten – eine geschlagene Viertelstunde: Ankündigung der Osternacht. Nach und nach versammeln sich die Gemeindemitglieder in der Straße vor der Kirche und prozessieren kurz vor 2400 mit den Osterkerzen zum kleinen Süßwassersee in der Altstadt.

Bereits am Nachmittag des Ostersamstags ist der Scheiterhaufen zur „Judas-Verbrennung“ vorbereitet worden, begleitet von ununterbrochenem böllern, das bis weit nach Mitternacht geht. Der Scheiterhaufen in AN ist auf einer schwimmenden Bühne inmitten kleinen Sees errichtet worden. Um Mitternacht verkündet dann der Pope nach dem Auferstehungs-Gottesdienst die Auferstehung Christi: „Christos anesti„. Die Antwort der Gläubigen ist „alithós anesti„, er ist wirklich auferstanden. Danach setzt sich die Kerzenprozession in Gang, der Scheiterhaufen wird entzündet und der Judas (unter gesteigertem böllern und Feuerwerk) verbrannt.

Marcel, 01. 04. 2010

Der Hafenort wird in den Reiseführern als ehem. Fischerort beschrieben, der durchaus seinen Charme behalten hätte. Davon sehen wir nichts. Eine Touri-Taverne reiht sich an die nächste. Alle mit riesigen an Schützenzelte erinnernde Verlängerungen zum Hafen hin. Nach langem Suchen entscheiden wir uns für das kleinste Übel, da wir nach 16 stündiger Fahrt keine Lust haben, an Bord zu kochen. Die Leute hier scheinen aber das nicht vorhandene Ambiente zu mögen. Am Abend vor Karfreitag (zufällig fällt das orthodoxe Osterfest auf das katholische Osterfest) sind bald alle noch so hässlichen und an Uni-Mensen erinnernden Restaurants und Bars besetzt. Die Kinder lassen schon seit Tagen in den Straßen Feuerwerkskörper krachen. Wie Gut, dass sich diese Tradition bei uns nur zu Sylvester etablieren konnte. Das Essen ist dann aber halbwegs passabel. Kretisches Kaninchen und ein paar kretische Spezialitäten ohne Fleisch (Fastenzeit!).