Joanna & Marcel, 26. 06. 2011

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Zum Mittagessen ankern wir in der Bucht Stivina, an der Westküste von Brač. Der Wind flaut etwas ab, nachdem es zuvor mit bis zu 28kn aus NE geweht hat. Zum Nachmittag ist abnehmender Wind aus NW angesagt.

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Zu der Bucht ist eigentlich nicht so viel zu sagen… außer daß sogenannte Investoren illegalen Bau von Feriensiedlungen begonnen haben. Die geschützten Wälder wurden abgeholzt und der Bau von Bungalows begonnen. Dieses „Vor vollendete Tatsachen“-Stellen klappt leider nur all zu häufig. Wir kennen das zur Genüge aus Griechenland. In diesem Fall aber wurden die Bau- und Rodungsmaßnahmen von der Polizei gestoppt. Wie es weitergehen soll, weiß offenbar keiner. Typisch ist jedoch, daß eine Aufforstung der Flächen nicht geschieht bzw. den kriminellen Verursachern zur Auflage gemacht wird.

Die Bucht war vorher bestimmt sehr schön, denn Wälder sind rar…

Joanna & Marcel, 25. 06. 2011

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Diese Bucht mit dem großen Bojenfeld haben wir aus Schutzgründen angesteuert, weil die See ziemlich unangenehm wurde und wir ein Fleckchen zum ruhigen (!) Ankern suchten. Aber auch aus „sentimentalen“ Gründen, denn wir haben hier vor ca. zwei Jahren einen schönen Aufenthalt gehabt. Damals noch mit der gecharterten schrottigen Bavaria. Die in einem Wäldchen direkt am Wasser gelegene Konoba wurde von zwei Journalisten aus Dubrovnik (oder Zagreb?), die auch als Kriegsberichterstatter arbeiteten bzw. mitunter verfolgt wurden, meine mich dunkel zu erinnern, nur im Sommer betrieben. Die winzige Hütte hatte einen sehr nett im bäuerlichen-sammelsurium Stil eingerichteten Raum und Veranda, ansonsten standen die Tische überall unter den Bäumen verteilt. Es gab nur eine Tageskarte – und das Essen war hervorragend! Die Besitzer, die selbst kochten und bedienten, waren sehr nett – die gesamte Atmosphäre wunderbar.

Das wollten wir also noch einmal erleben… Die Konoba gibt es noch, aber alles andere ist eben anders geworden: Die ehemaligen Betreiber oder Besitzer des Lokals sind nicht mehr da, nach langem Warten sahen wir uns gezwungen, den Tisch zu wechseln, weil an die am Wasser gestellten Tische die Bedienung einfach nicht kam. Alles war professioneller (im gewissen eher peinlichen Sinne: Matosenkluft der Bedienung) und dennoch – oder gerade deswegen – schlechter. Wir warteten nicht nur Ewigkeiten, bis jemand die Bestellung aufnahm, obwohl kaum Gäste da waren, sondern auch Ewigkeiten bis wir dann etwas bekamen. Die Auswahl auf der Karte groß und doch phantasielos. Um so größer war unsere Überraschung, als das bestellte Essen doch sehr gut schmeckte!

Dennoch, das Lokal hat nicht mehr die „Seele“, die es durch die Küche der Journalisten hatte. Es ist ganz offensichtlich auf große Segelcrews einstellt und eben auf entsprechendes Essen.

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Die Berge hinter Split. Links der Ost-Zipfel von Solta und rechts der West-Zipfel von Brač. Und immer wieder die Erfahrung: Raue See läßt sich nicht adäquat fotografieren.

Marcel, 02. 06. 2011

Unfreiwillig liegen wir in der Marina Vlaska in Milna auf der Insel Brac. Im Kanal zwischen Brac und Solta habe ich glücklicherweise routinemäßig einen Blick in die Motorbilge geworfen. Ganz tief unten, dort wo man am allerwenigsten herankommt, bezeichnenderweise unter dem sogenannten Wassersammler, sprudelte eine gute Ladung Kühlwasser in die Bilge. Kurzerhand beschlossen wir in das nur zwei Seemeilen entfernte Milna zu fahren. Dort sollte es einen deutschen Fachbetrieb geben, der unter den Seglern einen guten Ruf hat. Wir schickten Herbert, der sich auch auf dem Weg zu den Klemensinseln befand, eine SMS. Nun liegen wir also mit Herbert und Bela!, der als Skipper ebenfalls unterwegs ist in Milna. Herr Sauer, der Bootsmechaniker hatte auch das passende Werkzeug, um die lose Schlauchschelle zu fixieren. Ein ordentlicher Knarrensatz mit unterschiedlich langen Aufsätzen war hier hilfreich. Nun hoffen wir, dass das Problem gelöst, bzw. fixiert ist und es nicht nötig wird, den kompletten Warmwasserboiler zu demontieren. Der Abend in der nahen Konoba und an Deck von Herberts Katamaran wurde feuchtfröhlich, so dass wir von den Stegnachbarn schon zum senken des Lautstärkepegels aufgefordert wurden. Peinlich, da gerade wir uns immer wieder über lärmende Crews beschweren.

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Joanna, 06. 02. 2011

Unsere geplante Route Milna – Sveti Martin – Bobovišća – Ložišće – Most „Franje Josipa“ – Sutivan (und mit dem Bus zurück nach Milna). Die tatsächliche Route wurde dann doch etwas anders…

Wie immer brauchen wir gefühlte 2 Stunden, um den richtigen Wanderweg aus dem Ort herauszufinden. Dieses Mal ist es tatsächlich nicht einfach, weil unsere Wanderkarten es mit der Realität nicht so genau nehmen. Nach mehreren Fehlschlägen und beginnender schlechter Laune (bei mir, weil ich das nie so gut ertragen kann, wenn das Vorhaben nicht klappt – „unflexibel“ nennt man es) finden wir einen Weg, der sich tatsächlich als der richtige entpuppt. Was allerdings uns selbst am meisten überrascht.

Obwohl diese Fotos trügerisch sind: das Land ist sogar recht saftig-grün, nur haben wir jetzt noch „Winter“ und außerdem muß es hier einige Waldbrände gegeben haben. Die verdorrt-verkohlten Bäume sind überall zu sehen. Meistens sind diese Brände mit Absicht (welcher auch immer) gelegt…

Das Etappenziel heißt „Sveti Martin“ und soll eine vorromanische Kirche sein. Da hat sich wohl jemand verschrieben, denke ich mir. Vielleicht war „romantisch“ gemeint. Oder aber dieses Kirchlein ist nicht das gemeinte Sv. Martin, was auch sein kann, denn wie schon geschrieben, man weiß nicht so genau, wo man sich in der geographischen Landschaft befindet. Jedenfalls ist diese Kapelle höchstens frühmittelalterlich, und auch das würde ich nur aus Kulanz sagen.  Was aber ihre Schönheit in keinster Weise mindert! Ruhe und Würde strahlt dieser Ort aus.

Draußen hinter der Absis ist ein großes „M“ in einen Baumstumpf geschlagen worden, was ich als einen Hinweis auf den Kirchpatronen Martin deute. Und auch das Steinrelief (Sandstein?) im Kirchinneren als Altarretabel platziert, zeigt eine Szene, die ich als die typische Aktion des Ritters Martin ansehe: Einer sitzt zu Pferde und nestelt mit einem großen Schwert an seinem Umhang, ein anderer steht neben dem Pferd und greift nach dem Mantelzipfel. Hier ist die Szene noch um eine Muttergottes mit Christuskind (linkes Bildfeld) erweitert. Es überrascht auch, daß der Almosenempfänger einen Heiligenschein trägt… Vielleicht ein Mißverständnis, wobei Künstler samt Auftraggeber nicht wußten, daß der Bettler ein nackter Mann war, der im Winter vor den Toren der Stadt Amiens um etwas Mitleid und Kleidung bettelte? Meines Wissens ist der Bettler nicht heiliggesprochen worden. Eine Kopfbedeckung, die einen Heiligenschein ähnlich aussähe, ist zwar möglich, aber ein Bettler mit einer solchen aufwendigen Haube?  Vielleicht ein Heiliger als „Assistenzfigur“? Streng genommen könnte es auch ‚verkleideter‘ Christus sein, denn dieser ist Martin in seinem Traum erschienen als eben jener Bettler ‚verkleidet‘. Diese Deutung würde aber das absolute Gegenteil von einem unkündigen Künstler erforderlich machen.



Und so sieht jemand ohne Kondition aus…


Marcel hat schon unseres Wanderpicknick vorbereitet. Ich schleppe mich gerade hoch, habe aber bereits wieder den Blick für die Ästhetik (und Muße für Fotos) frei.

Ach ja, der „kleine Glockenturm“ (wie es bei Lore Marr-Bieger in „Kroatische Inseln“ im M.Müller Verlag heißt) soll aus dem 14. Jh. stammen. Hmm… mir ist es schleierhaft, wie man darauf kommt. Auch hier von einem „Turm“ zu sprechen ist schon verwirrend genug. Wahrscheinlich ist die Kirche ursprünglich aus dem 15. bis 16. Jh., wobei sie gut und gerne auf viel älteren Fundamenten stehen kann. Das Altarretabel ist wahrscheinlich auf Mitte/Ende des 16. Jh.s zu datieren. Und noch eine Ungereimtheit: Angeblich sollte dieses Kirchlein im 17. Jh. eine Pfarrkirche für zwei Orte – Milna und Bobovišća – werden. Ein kurzer Blick in den winzigen Innenraum führt diese Idee ad absurdum. Auch wenn man sie ausgebaut hätte: Der sonntägliche Weg zu dieser Kirche für beide Gemeinden wäre eine ordentliche Anstrengung in praller Sonne. All das sind Gründe, die eher dafür sprechen, daß man „die Kirche im Dorf“ lassen sollte.

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DSC_4903 DSC_4977 Ein kleiner Esel hinter Bobovišća, seine „Eltern“ waren sehr ruppig und traurig an der Straße an kurzen Stricken angebunden – so als ob es sonst Mangel an besserem Weideland gäbe.

Wir nähern uns dem Weiler Bobovišća. Der Namen hat mit dicken Bohnen zu tun, denn bob heißen auf Kroatisch eben jene Hülsenfrüchte. Also ein „Bohnenort“. Eigentlich entstand der Ort aber aus einer Ansiedlung der Schäfer und Hirten, die ihre Tiere vom Landesinneren an die Küsten zum Weideland trieben und hier Wasserstellen entdeckten und sich dann gleich ansiedelten, denn Trinkwasser ist auf Brač rar! Kaum natürliche Quellen – ich glaube, es ist sogar nur eine! Heutzutage wird der enorme (touristische) Wasserverbrauch durch das Wasser vom Festland geregelt. Man muß sich das also so vorstellen: Hirten kommen mit ihren Tieren an und zwar so im 16. Jh. (also ähnliche Entstehungszeit wie Milna). Sehen das es hier Wasser gibt, tränken und mästen die Tiere, schlachten sie und weil sie keine Tiere mehr haben, bauen sie Bohnen an, da das Wasser dafür auch vorhanden ist und die Arbeit mit ihnen einfacher als mit den Tieren. Dicke Bohnen werden ein echter Verkaufsschlager, der die Bewohner der Ortes immens reich macht! So oder so ähnlich wird sich das dann um 1900 abgespielt haben. Man kann sich das gar nicht anders denken, denn der Ort zeugt tatsächlich von einem gewissen Wohlstand. Dieser ist im frühen 20. Jh. gekommen, Seinen Bewohnern scheint er jedenfalls nicht mehr ausgereicht zu haben: Sie haben zwei weitere Ableger davon gegründet – Bobovišća na Moru („Bohnenort am Meer“) und Lozišća (dazu kommen wir noch).

Sv. Juraj ist eine schön gelegene Kirche, die klassizistisch anmutet. Erbaut am Anfang des 20. Jh.s auf den Fundamenten einer 1696 erbauten Kirche. Im Hintergrund sieht man ein herrschaftliches Haus mit einer sehr schönen doppelläufigen Treppe. Leider alles verlassen und verfallen.

Exkurs:
Bobovišća na Moru (am Meer) haben wir nicht besucht – war uns zu anstrengend. Dabei hat der Ort historisch schon was zu bieten: griechische wie römische archäologische Funde zeugen von einer frühen Besiedlung. Und der berühmte kroatische Dichter Vladimir Nazor, dessen Heimat die Insel Brač ist, ist nach dem Zweiten Weltkrieg in sein Heimatort Bobovišća na Moru zurückgekehrt, hat sich dort ein Schlößchen gebaut und dort Inspirationen für seine schönsten Werke (wahrscheinlich) gefunden.

DSC_4979 Einen Hügel weiter liegt vor uns und von der Abendsonne beschienen die nächste Etappe unserer Wanderung: Der Weiler Lozišća, eine Siedlung der Bobovišća Gemeinde, die offenbar ihre eigene prächtige Kirche bauen wollte. Der Ort ist angeblich eine Gründung des 17. Jh.s – ich sage angeblich, denn sollte es sich hierbei tatsächlich um einen Ableger der Bobovišća Bewohner handeln, dann können die Orte nicht zeitgleich von Hirten etc. gebaut worden sein. Die Bobovišćaer können sich erweitert haben in Zeiten des Wohlstands, also eher im 19. Jh. Oder aber diese Orte sind parallel entstanden, dann aber eben unabhängig von einander. (Die Informationen zu dieser Gegend sind widersprüchlich oder zumindest ungenau, wahrscheinlich liegt es daran, daß die Autoren wiedermal angefangen haben, voneinander abzuschreiben, statt es selbst zu recherchieren.)

Der Ort ist sehr pittoresk – zumal wie jetzt im Winter (keine Autos) und in der Abendsonne – mit seiner großen Kirche und dem dominanten Kirchturm, den am Hang klebenden Steinhäusern und schmalen Gärten und der tiefen Schlucht, in der Gemüse und Obstbäume gedeihen. Die Kirche war natürlich geschlossen, aber der Platz davor sehr schön. Die Kirche, den Sveti Ivan und Pavl geweiht, ist 1820 im neoromanischen Stil (als Baukörper) gebaut worden, aber mit dezenten Ornamenten aus Neorenaissance und Neorokoko geschmückt. Den auffälligen Kirchturm baute (oder entwarf) der berühmte kroatische Bildhauer Ivan Rendić (s. auch Milna) in der zweiten Hälfte des 19.Jh.s.

So hübsch beide Orte auch sind – ein Manko haben sie beide, wofür sie aber kaum verantwortlich zu machen sind:
Beide sind durch eine ehemals wahrscheinlich ruhige Dorfstraße miteinander verbunden, was sicher früher sehr nützlich war, die jetzt in Zeiten der Autolavinen eine unglaubliche Belastung für alle darstellt. Ich war schon mal hier im Sommer (an dieser Stelle Grüße an Martina und Nils und Sirka) 2007 (oder…) und zwar leider mit dem Auto. Es war fürchterlich! Laut, stinkig, Auto an Auto, dazwischen versuchten einige Menschen „spazieren zu gehen“… Jetzt sollte es auch nicht wundern, daß die Menschen diese Orte, so schön sie auch gelegen und gebaut sind, verlassen. Vielleicht sollten die Buchautoren neben der Konstatierung, daß die Orte verlassen sind, auch den Zusammenhang erwähnen. Hier wird nämlich der Tourismus keinen Wohlstand bringen, sondern nur ‚durchfließen‘.

Ein paar Sträßchen (alle nicht für Autos entworfen) weiter öffnete sich uns die Kulturlandschaft in milder Abendsonne. Wir hatten uns also zu beeilen…

DSC_5008 DSC_5000 Durch Olivenhaine , vorbei an einigen netten oder auch skurrilen Behausungen ging es dann weiter unserem nächsten Etappenziel entgegen: Der Brücke (=Most) „Franje Josip“. Wir fanden sie problemlos und auch eine kleine Gruppe Wanderer (?) hat sich dort eingefunden plus einen Schäfer (?), der etwas murmelte und schnellen Schrittes davon eilte. Es war also enorm viel los, dafür daß wir auf dieser ganzen Strecke nur einzelne Personen und diese auch nur in den Orten getroffen haben.

Zu der Brücke ist erstaunlich wenig im Internet zu finden. Außer daß sie nach dem österreichischen Kaiser Franz Josef benannt wurde, weiß ich nicht zu berichten. Dafür ist sie wirklich sehr schön, was das Foto schon alleine daher nicht wiederzugeben vermag, weil die Landschaft, die diese Brücke überspannt, wesentlich zu dem Eindruck dazu gehört! Nachdem wir uns (wieder einmal) gestärkt haben, denn man soll immer an schönen Orten genußvoll verweilen, wollten wir unseres Endziel, den Ort Sutivan, ansteuern. Was wir auch taten… nur leider endete unserer Weg nach einer Stunde anstrengendem Sich-durch-den-Busch-Schlagen in einer Sackgasse! Maulend mußten wir einsehen, daß wir nicht die Zeit haben, um noch weiter zu experimentieren. Das hieß aber auch: Den ganzen Weg zurück nach Bobovišća, wo Marcel wohlweislich nach einem Busfahrplan geschaut hat und uns den letzten Bus für die Rückfahrt ausgesucht hat.

DSC_5022 Die Orte dann in der Dämmerung auf dem ungeplanten Rückweg. Ich vergaß zu erwähnen, daß wir die anstrengende letzte Strecke durch die Felder in Rekordzeit zurückgelegt haben! (Laut „Rother-Zeiten“ wäre es aber auch nur „normal“.)

DSC_5039 Wir warteten über zwei (2!) Stunden auf dem angeblich letzten Bus. Bis wir dann doch eine ältere Dame, die mit ihrer Katze auf dem Nachhausewege war, erst auf Englisch dann in einem gebrochenen Kroatisch (eigentlich „kroatisiertem“ Polnisch) nach eben diesem Bus fragten. Wir erfuhren soviel: Der Bus fährt nicht mehr. Dann wurden wir sehr wortreich bedauert und die gute Dame überlegte, wen sie fragen könnte, damit er uns in den nächsten Ort fährt. Sie habe ja kein Auto, sonst hätte sie uns hingebracht! Die Katze schnurrte und rieb sich um unsere Beine. So viel Nettigkeit! Die Katze & Dame wohnten übrigens direkt an der Kurve der viel befahrenen Straße. An dieser Stelle ein Nachtrag zu Lore Marr-Bieger (in „Kroatische Inseln“, S. 377), die über die Bewohne von B. schreibt: „Heute leben hier nur ein paar alte Leute, die Klöppelarbeiten aus dem 18. Jh. aufbewahren.“ Erst einmal: Diese Leute haben sicherlich mehr zu bieten, als ’nur‘ das. Und zweitens: Mist! Wir habe es versäumt, uns wenigstens die Klöppelarbeiten zeigen zu lassen! Aber wie wir wohl das Wort auf Polnisch oder gar Kroatisch heißen?! Irgendwann konnten wir uns von der ‚Klöppeldame‘ loseisen und stapften den Weg zurück diesmal auf der Straße, die wir von Zeit zu Zeit mit Handydisplay und einer Funzel von Taschenlampe beleuchteten. Denn auf diesen Inseln (im Winter) ist Finsternis noch finster. Wir haben diesen Weg wiedermal in Rekordzeit geschafft.

Joanna, 05. 02. 2011

Wir steuern noch an unserem Ankunftstag die Insel Brač und die Ortschaft Milna an. Brač (lateinisch Bretia, italienisch Brazza, deutsch veraltet Bratz) ist die drittgrößte Insel Kroatiens und hat den höchsten Berg aller kroatischer Insel vorzuweisen, den schönen Vidova Gora (778 m), den ich schon mal bestiegen habe (aber das ist eine andere Geschichte, da gab es Chulugi noch nicht). Wir wissen, daß es in Milna eine im Winter offene Marina gibt, so daß auch eine Abendansteuerung unproblematisch sein dürfte. Wir laufen ein, als die letzten Sonnenstrahlen noch den Horizont und uns die Buchteinfahrt erhellen. Wir legen an einer leeren Pier an, da es windstill ist, können wir das mehr oder weniger problemlos alleine – auch wenn wir uns über die Mooringleinen zunächst (und zuletzt) nicht einig werden. Prompt bekommen wir von einem Angestellten der Marina Anweisungen, woanders festzumachen, denn diese Pier sei noch nicht fertiggestellt bzw. aus anderen uns nicht klaren Gründen. Wir werden uns jedoch mit ihm einig und bleiben auf unserem schönen Platz mit einem herrlich freien Blick auf die Bucht und das Städtchen.

Milna ist ein kleiner, ehemaliger Fischerort, der sich durch eine kleine (vor allem die einzige auf der Insel) ACI-Marina touristisch gemausert hat. Dennoch, einige alte schöne Häuser stehen leer und verfallen. Diese Ortschaft wird als eine besonders harmonische „mali mista“ (kleiner Ort) an der dalmatischen Küste gepriesen, die in einem „barock-urbanistischen“ Stil erbaut ist. Darüber läßt sich insofern nicht streiten, weil der Ort tatsächlich einen sehr harmonischen Eindruck vermittelt, auch wenn man dies sofort ein wenig relativieren muß, denn diesen Eindruck machten auf uns viele Orte in Dalmatien (insbesondere die auf den norddalmatischen Inseln). Was diesen Ort aber tatsächlich besonders auszeichnet, ist sein Hafen, der der beste (wohlgemerkt) natürliche Hafen in Dalmatien sein soll. Hier hat ehemals die Kaiserflotte des berühmten Diokletians – dessen Palast uns in Split als eine schöne Kulisse vor unserer ACI-Marina dient –  Zuflucht und sicheren Ankerplatz gefunden.

Milna ist im wesentlichen eine Gründung aus dem 16. Jh. und entwickelte sich nach und nach um das Kastell der Familie Cerinic. Die Kirche St. Mariae Verkündigung (eingeweiht 1783) geht auf ihre Stiftung zurück. Dieser barocke Bau hat eine aparte schlichte Rokokofassade. Die Skulpturen des hl. Joseph und des hl. Hieronymus, einige folkloristisch geschmückte Grabmale im Inneren der Kirche, aber vor allem das Gemälde der Verkündigung, das meiner Ansicht nach fälschlicherweise Tizian selbst zugesprochen wird, und zwei Skulpturen von Ivan Rendić (1849-1932; erster international bekannt gewordener Bildhauer Kroatiens, tätig in Kroatien und Triest) machen sie durchaus sehenswert. Wir konnten nur einen schnellen Blick in die Sakristei erhaschen, sahen aber, daß dort noch einiges an kleinen und vielleicht auch „großen“ Schätzen abgestellt steht! Auch wenn der Altarraum einen überproporzionierten Eindruck macht, was wahrscheinlich daran liegt, daß das barocke Altarretabel für die große Konche des Altarraums zu klein ausgefallen ist.

Ruhm und Wohlstand erlangte dieser kleine Ort durch die – wie sollte es auch anders sein (wären wir jetzt in Griechenland, dann käme noch Olivenöl als eine andere Möglichkeit hinzu) – Schiffahrt. So wurden die großen schönen Steinhäuser in der ersten Reihe am Hafen von den zu Wohlstand gekommenen Schiffseigner und Kapitäne im 18. und 19. Jh. gebaut und bewohnt. Schiffsbauer, Seemänner und Fischer aus Milna waren nicht nur für ihre besonderen Segelfähigkeiten im gesamten Mittelmeerraum bekannt, sondern berühmt für das charakteristische dalmatische Holzboot, genannt Bracera (so genannt nach dem italienischen Inselnamen: Braca, Brazza), dessen Prototyp in den großen Werften, die Milna ehemals besaß, entstand.

Interessanterweise wurde die Bucht und der Hafen von Milna in der napoleonischen Zeit von der russischen Armee als Stützpunkt genutzt. Und das mit Unterstützung der Bevölkerung. Im Jahr 1806 wurde hier eine für die zaristische Flotte wichtige Seeschlacht geschlagen: die Franzosen, die Brač und die Region um die Insel unter ihre Verwaltung gestellt hatten, versuchten diese Annektion  militärisch durchzusetzen, was jedoch die Russen zu verhindern suchten. Erfolgreich, weil die Bračer die Feinde ihrer Feinde gerne im Kampf unterstützten. Nach der gewonnen Schlacht gegen die Franzosen wurde Milna – als Belohnung -, wenn auch für die kurze Zeit von einem Jahr, zur Verwaltungszentrale der Insel und zur kaiserlichen Residenz. Daß der Zar hier tatsächlich seinen „Urlaub“ verbrachte, ist gleicherweise (wie das Tizian-Gemälde) nur ein Gerücht.
Heute ist Milna vor allem ein Ferienort und Anlaufstelle für Segler – insbesondere leider jene, die in Split ihre Charterboote abliefern müssen. Ich kann mich daran erinnern, als ich hier in einem Sommer durchgefahren bin, daß der Ort von Seglern und anderen Touristen am bersten war. Jetzt im Winter ist alles sehr beschaulich und in der Hand der Einheimischen. Uns ist es nur recht – das einzige, was bedauerlich bleib: Keine Konoba hatte auf! Es mußte also an Bord gekocht werden (was natürlich auch schön ist und dank dem Skipper-Smutje gehobene Kochkunst bedeutet).

Das Kastell Angliscina aus dem 16. Jh. haben wir nicht gefunden, sind aber wahrscheinlich mehrfach daran vorbeigelaufen. Und auch für die romanische Kapelle Sveti Josip (Schutzheiliger der Fischer), die einen schönen Ausblick auf das Meer und die Badebucht im Süden Milnas bieten soll, mußten wir auslassen. Vielleicht gibt es noch ein nächstes Mal…

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DSC_4851 DSC_4869 DSC_4859 DSC_4820 Für den nächsten Tag hatten wir eine Wanderung geplant – Marcel konnte tatsächlich eine Wanderkarte von 40:000 Maßstab ergattern! Der Bericht darüber folgt auf einer anderen Seite. An dieser Stelle aber füge ich schon die Abschiedsfotos unserer Rückfahrt nach Split, wo uns noch ein Vormittag des Saubermachens erwartete – und dann der Flug zurück nach Köln…

ENDE