Um 14:00 hört es endlich auf zu regnen. Wir gehen Anker auf und setzen Kurs Korsika.
Man hört vieles über das veränderte Umweltbewusstsein auf Mallorca, über Baustopps, Abrisse der schlimmsten Hotelanlagen, moderaten und umweltfreundlicheren Umgang mit dem Grund und Boden, den Küsten … Entsprechende Reportagen sollen den schlechten Ruf, den Mallorca vermutlich seit über dreißig Jahren hat, verbessern. Nun, das mag zum Teil zutreffen, denn einige Mallorquiner haben angefangen, über ihre Insel ein wenig anders nachzudenken als nur in den Kategorien des Profits. Das hat seine Gründe: das Meer um Mallorca ist so gut wie leer. Kleine Fische wird man noch antreffen und eine zeit lang vielleicht noch den Oktopus (bis der auch weggegessen ist), die Küsten an der Ost- und Südseite sind so gut wie zugebaut. Da man nicht mehr in die Horizontale gehen kann, so versucht man es nun in die Vertikale – dies allerdings "moderat".
Mit anderen Worten: Man kommt hier und da zwangsläufig ins Grübeln. Doch von echtem Umdenken und der Idee der Nachhaltigkeit ist nichts zu spüren – da können die Reportagen noch so viele schöne Berggegenden von Mallorca zeigen, die es tatsächlich auch noch gibt. Denn ein Umdenken kann nur in den Köpfen einzelner Menschen, nicht zuletzt auch jener, die als die "Zukunft" gelten. Diese "Zukunft" ist aber durchaus erschreckend, und ihr begegnet man direkt in einer der wenigen noch unverbauten Buchten an der Ostseite Mallorcas. Geschätzte 30 Boote zwängen sich in die enge ’naturbelassene‘ Bucht. Junge Leute trinken sich komatös,(und es waren Spanier), werfen Flaschen und Chipstüten über Bord, die Männer pinkel von der Reling herunter, bestrahlen mit lauter Musik aus megagroßen Boxen die gesamte Bucht. Und, weil dem noch nicht genug ist, kommen zwei große Ausflugsboote hinzu, manövrieren in die bereits überfüllte Bucht hinein, um den Touristen die unter Naturschutz stehende Grotte zu zeigen, die sie fast ganz mit ihrem Boot ausfüllen. Dann wird bei laufenden Motoren eine Pause eingelegt, damit die Touristen just hier ins Wasser gehen. Umdenken? Umweltbewusstsein bei den Bootsbesitzern oder Touristen? Umweltschutz, Küstenschutz, Patrouillen? Absolute Fehlanzeige. Dafür rücken die Baukräne immer näher, denn schließlich will ja jeder das eigene Appartement oder – je nach Geldbeutel – das teure Haus oder das billige Hotelzimmer. Aber solange Umweltschutz etwas spießiges oder für dicke Portemonnaie ist, solange wird es de facto kein Umdenken und keine Nachhaltigkeit geben.
Es ist eine der größten und relativ gut erhaltene Talaiot- oder Talayot-Siedlung auf Mallorca. Die Talayot-Kultur ist eine prähistorische Megalithkultur der Bronze- und Eisenzeit und hat sich ca. 1300 v. Chr. auf Mallorca und Menorca entwickelt – die ältesten Bauten und die längere Bautätigkeit ist auf Menorca zu verzeichnen, nämlich bis ins 2. n. Chr. Lange Zeit nahm man an, dass die Kultur mit den ersten Siedlern aus dem östlichen Mittelmeer kam. Dies scheint aber nicht mehr konsensfähig zu sein, vielmehr ist man der Ansicht, dass es sich hierbei um eine autonome Entwicklung handelt, die im westlichen Mittelmeer statt fand: Mallorca, Menorca, Korsika und Sardinien. Dort findet man überall ähnliche Anlagen, deren Charakteristik die Wohn- bzw. Wachtürme inmitten einer Siedlung sind. Talaiot/Talayot bedeutet „Beobachtungs- und Wachturm“, das seinen Ursprung im arabischen atalaji für „Wache“ hat.
Eine gute Zusammenfassung zur Talayotkultur auf Wiki: Talayot
Wir besichtigten das S’Hospitalet Vell auch Capocorp Vell genannt. Es war schon später Nachmittag an einem heißen Tag als wir vor dem Kassenhäuschen, das gleichzeitig auch der Ausschank und das Infobüro der Anlage ist, standen. Die Dame hatte offenbar Kopfschmerzen (Aspirin neben dem Wasserglas) und eindeutig schlechte Laune. Wir waren die einzigen Besucher dieser recht großen, von Agrarland umgebenen Anlage, die früher sicherlich um einiges größer war; eine Siedlung mit beinahe städtischem Charakter. Man kann sich unschwer vorstellen, dass es hier ursprünglich viel mehr an intakten Gebäuden zu sehen war, die aber nach und nach unter der Hand der Bauern und anderer “Interessenten” verschwanden.
Die ersten Ausgrabungen fanden hier schon 1919 statt. Reste eines Rundturms aber auch die eines viereckigen Turms, was sehr ungewöhnlich ist, sowie auch überdachte Verbindungswege – eher “Tunnels” – zwischen den Häusern machen die Anlage interessant. Auch die Größe der ursprünglichen Häuser muss beachtlich gewesen sein. Früher umgab die Siedlung natürlich eine Mauer, von der heut kaum etwas übrig ist. Man betrachte um so genauer die benachbarte Häuser und nicht zuletzt die Kathedrale von Palma, wo viele Talayots ihr Ende fanden.
Zum Nachlesen: Capocorp Vell und S’Hospitalet
Weiter ging es zu dem Leuchtturm Cap Blanc, im ehemaligen Militärsperrgebiet. Das Militär ist wohl abgezogen und hat wunderbar naturbelassene Areale zurückgelassen. Ich finde immer wieder, dass man dem Militär dafür dankbar sein soll. Wenigstens etwas Gutes hat die Sache dann doch und manchmal ist es von unschätzbaren Wert. Man kann nur hoffen, dass das Gebiet nicht so schnell an Investoren verkauft wird (größte Hoffnung: das Militär behält es). Durchgeschnittene Zäune machen die “Begehung” der Anlage einfacher. Alte Mallorquiner und junge Touristen promenieren die ehemalig gesperrten Pisten entlang. Das hat etwas ungemein… befreiendes … und etwas surreales auch.
Dieses Wochenende war kulinarisch sehr durchwachsen. Heute jedenfalls ein „Schwarzer Freitag“ diesbezüglich. Dabei haben wir uns nach dem kulinarischen Führer „Mallorca geht aus“ gerichtet, und weit nach Cala Figuera zu „PuraVida“ gefahren…
Die Klientel hätte uns eine Warnung sein sollen, war es aber nicht…
Dafür an zwei vorhergehenden Tagen wunderbare Speisen! Hier ein Japanisch motiviertes Rindsfilets mit Teriakisoße in „Sa Sal“ bei uns im Ort.