Cabrera
Marcel, 29. 03. 2013

Wir begegneten zwei Hunden, obwohl laut einigen Broschüren und Hinweisen im Internet, es strengstens verboten ist, Hunde und Katzen mit auf die Insel zu bringen. Der kleine Schwarze begrüßte uns, der größere helle Hund döste unter einem Vordach, unter dessen Decke Surfbretter und Kajaks vertäut waren. Ich taufte die beiden Hunde Mozo y Monte, nach zwei Hunden, denen Lady Sheppard auf einer Reise nach Cabrera in den 1930er Jahren begegnete. Oberhalb des kleinen Hafens Es Port wächst ein Festungsturm der Aragonesen aus dem 14. Jahrhundert aus dem gelben Fels in den blauen Himmel. Als wir vom Festungshügel hinabstiegen und in der kleinen Bar einkehrten erhob sich der größere Hund schwerfällig, trabte wenige Schritte um sich dann Glied für Glied vorsichtig, sehr vorsichtig und bedächtig wieder abzulegen. In dem nur nach Norden offenen Naturhafen sorgte wohl lediglich das frühe Osterwochenende für einige Gastyachten zu dieser Jahreszeit, im Sommer können bis zu 50 Yachten an vorgegebenen Mooringbojen festmachen, freies Ankern ist in dem Naturreservat Cabrera untersagt. Bei einer Caña, einem kleinen gezapften Bier, saßen wir unter dem Vordach der Bar, beobachteten die Hunde und blätterten in den Broschüren der Touristeninformation, die zu der Geschichte Cabreras nicht viel zu sagen hatten. In Porto Cristo berichteten die Einheimischen von Funden menschlicher Knochen, die Wanderer auf Cabrera immer wieder machten, weshalb mancher nicht gerne auf dieses Eiland fahre. Dies hat mit dem dunkelsten Kapitel der Inselgeschichte zu tun: Während des spanischen Unabhängigkeitskrieges von 1807 bis 1814 errichtete man ein Internierungslager auf Cabrera in das circa 10.000 Soldaten der französischen Grande Armée gebracht und ohne ausreichend Vorräte oder Trinkwasser ihrem Schicksal überlassen wurden. Mehrere Tausend von ihnen kamen auf der Insel um. Die Zahlen gehen in den unterschiedlichsten Quellen weit auseinander, sowohl der deportierten, wie auch der gefallenen Soldaten.

„Wir waren alle still, weil wir etwas hören wollten, und wir vernahmen nur das leichte Sausen der milden Brise, die über die uns umgebenen Hügel Strich und uns das Parfüm und den subtilen Wellenschlag des Salzwassers zutrug, das mit den Felsen der Bucht verschmolz.“ schreibt im Jahre 1913 Armand Pin de la Torre in Dietari d’una excursió a Mallorca i Cabrera a bord del Mariucha. Wir konnten hingegen die ganze Nacht über nicht schlafen, da sich die milde Brise zu einem stürmischen Westwind mit Böen bis zu 40 Knoten aufschaukelte. Das unangenehme daran, war, daß sich Windstille und Böen aus allen Himmelsrichtungen, die in unserer geschützten Bucht noch immer weit über 20 Knoten erreichten, urplötzlich und mit voller Wucht abwechselten. In den ruhigen Momenten schwojte das Schiff neben die Mooringtonne um im nächsten Moment vom Wind erfasst, gedreht, und in die Leine geruckt zu werden. Das Rigg klapperte, der Sturm toste. Und noch zum Mittag des zweiten Tages, war es weiterhin Böig und eine wabernde Dünung setzte in die Bucht unter strahlendem Sonnenschein. Der Wind hatte die Wolken vertrieben, doch die Wärme der Sonne kam gegen ihn nicht an.

Das Parfüm des Salzwassers mischt sich mit dem Parfüm der Machia. Das kleine Büchlein Die Duftinsel. Insel der Vitalität über die kroatische Insel Lošinj ließe sich auch hier auf Cabrera verkaufen. Zu einer Pflanze, dem Kleinfruchtigen Affodill, die uns schon häufig, durch ihre sechsblättrigen spitzen, weißen Blüten mit grünem bis rotbraunem Mittelnerv, aufgefallen war, lasen wir, dass ihre Wurzelknollen stärkehaltig und essbar sind. Gekocht und mit Olivenöl und groben Salz serviert zu Spargel und gekochten Eiern ein ausgezeichnetes Ostermahl. Nach der griechischen Sage soll der Affodill in der Unterwelt Wiesen bilden, auf denen Minos Gericht über die Toten hält. Bei Homer wird die Unterwelt als Asphodeloswiese bezeichnet. Auf ihr treffen sich die Geister der vor Troja gefallenen Helden – oder der in der Schlacht von Bailén gefangenen und hier auf Cabrera vor Hunger und Durst zwischen Affodill in den Staub gesunkenen Seelen der Grande Armée.
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