Nach Albanien – Sarandë
Marcel, 20. 08. 2010

Wir segeln von Korfu über Albanien und Montenegro nach Split – ein Vier-Länder-Törn. Die Gastlandflaggen liegen schon griffbereit im Kartentisch. Von Gouviá auf Korfu nach Sarandë sind es nur ca. 15sm. Dort werden wir in Albanien einklarieren und dieses touristisch noch relativ unerschlossene Land erkunden.

Albanien? Geht das überhaupt? Kann man dort segeln? – Viele Segler schütteln erst einmal verständnislos den Kopf, wenn man von seinen Plänen berichtet in Albanien zu segeln. Auch Herbert, den wir später in Cavtat in Kroatien beim Einklarieren treffen, ist von Korfu kommend an Albanien vorbei gefahren. Ok. Herbert hat auch Montenegro nicht angelaufen, wo er einiges verpasst hat. Die meisten Segler, die von Norden mit dem Ziel Korfu unterwegs sind, machen den Umweg hinüber nach Italien und wieder zurück. Dies gilt ebenso für die Süd-Nord-Route. Und auch Nicht-Segler sehen in Albanien selten ein für Nord-West-Europäer ansprechendes Reiseziel. Die ersten Assoziationen: Kosovo-Krieg, Drogen- und Waffenschmuggel, Schieberbanden. Und tatsächlich gilt in Albanien seit einigen Jahren ein sogenanntes Sportboot-Moratorium, das bis 2012 verlängert wurde. Das Gesetz verbietet die Registrierung und Nutzung privater Sportboote an Albaniens Küsten. Davon ausgenommen sind lediglich Fischer sowie Boote für den Transport von Waren – und Boote unter ausländischer Flagge natürlich. Trotzdem sehen wir nur wenige andere Yachten in albanischen Gewässern. Im Hafen von Sarande liegt ausser der Chulugi noch eine kleinere französische Segelyacht, sowie eine Luxusyacht unter, wie so häufig, britischer Flagge. Im weiteren Törnverlauf sahen wir gerade einmal zwei oder drei andere Yachten etwas weiter draußen vor der Küste kreuzen – und das zur Hauptsaison, in der sich in Kroatien die Schiffe in den Buchten gegenseitig über den Anker fahren. Nur in Orikum, der einzigen Marina in ganz Albanien, finden wir ein paar mehr Yachten am Steg.

Unser Einklarierungshafen in Albanien ist von Süden kommend Sarandë. Der Ort hat erst in der Zeit der kommunistischen Herrschaft einen städtischen Charakter bekommen. Seit den 50er und 60er Jahren ist Sarandë zu einem Urlaubsort geworden. Die Entwicklung mündete im Bauboom der letzten Jahre. Unser Freund Giacomo bereist seit einigen Jahren Albanien und beobachtet wie „das letzte Paradies Europas“ die gleichen Fehler macht, wie der westliche Mittelmeerraum (oder auch Korfu) in den Jahren davor. Der Ort dehnt sich aus, kriecht die Hänge der Bucht hinauf, und verliert den Reiz eines kleinen Küstenstädtchens. Und so ist das Bild geprägt von riesigen Wohnklötzen, verteilt über die gesamte breite der Bucht. Schon während der Ansteuerung fällt uns ein tiefes Wummern auf. Da das menschliche Ohr besonders tiefe Frequenzen nicht orten kann, vermuten wir zunächst, dass mit dem Motor irgend etwas nicht stimmt. Das Schaukeln in Wind und Welle verrät aber bald, dass die Quelle des lauter werdenden Geräusches an Land zu suchen ist. Und tatsächlich wird die Bucht bis auf Meilen auf das Wasser hinaus von einem riesigen Hotelkomplex mit Diskomusik beschallt. Ein Service in dessen Genuss wir noch häufiger kommen werden. Auch später in Durres und Shengin kann man sich bei der Ansteuerung voll auf das tiefe Wummern in der Magengegend verlassen.

Wir melden uns während der Ansteuerung über Funk bei der Port Police. Man fragt, wie viele Meilen wir noch entfernt seien und weist uns an, den westlichen Teil der Bucht anzulaufen. Wir machen unterhalb eines riesigen gelben Verladekrans fest. Auch an der Mole werden wir herzlich empfangen. Ein Agent, den ich schon vorher kontaktiert habe, übernimmt die Behördengänge. Da wir im Zollbereich des Hafens liegen, markiert durch eine gelbe Linie, bekommen wir einen Shore Pass zur Besichtigung der Stadt. Diesen müssen wir in der Nacht wieder vorzeigen, um auf das Schiff zurück zu kommen.

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Glücklich nach dem Geld-gegen-Papiere Austausch. Auf meine Anfrage per Mail sagte mir der Agent die Einklarierung würde 30€ kosten. Als er jedoch die Chulugi an der Mole sieht steigt der Preis spontan auf 50€. Der Skipper weiß jedoch die kurzfristige Gebührenerhöhung wieder herunterzuhandeln. Und so einigen wir uns dann doch auf die versprochenen 30€.


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Nachdem die Formalitäten erledigt sind dürfen wir die gelbe Flagge zur Einklarierung abnehmen.


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In diesem Stile werden uns auch die nächsten Küstenstädte Albaniens empfangen. Das wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht und freuen uns auf eine ursprüngliche Küste.

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Am zweiten Tag – Impressionen aus Sarandë:

Typische Architektur. Links die auch in Griechenland all überall anzutreffenden Betongerippe.

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Unsere Feigenhändlerin

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Schachspielenden Männer, mitten auf einer Baustelle

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